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Die Laufmasche

Titel: Die Laufmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Felicitas?«
    Ich wusste auf Anhieb keine schlagfertige Antwort. Mein Vater versuchte mir zu helfen.
    »Ja, Felicitas ist immer noch auf der Suche nach einem guten Job«, meinte er. »Der Verlag, bei dem sie bisher gearbeitet hat, hat leider Konkurs angemeldet.«
    »Du suchst auch noch einen Job?«, rief das Fraumensch aus, und jetzt glaubte ich, echtes Mitleid in ihren Augen zu erkennen. »Unsere Natalie macht uns da Gott sei Dank keine Sorgen. Ein Überflieger, das Kind.«
    »Und so schön schlank«, ergänzte meine Mutter, mühsam ein paar Neidtränen zurückhaltend.
    Die Hoppe legte ihr die Hand auf den Arm.
    »Warum kommst du nicht mal in unseren Betrieb, Felicitas?«, schlug sie spontan vor. »Vielleicht hat der Wölf ja was für dich.«
    Hoppe und Partner GmbH stellte alles her, was Reiter- und Pferdeherz begehren, von
    Mähnenkämmen über Reitgerten bis hin zu Sätteln, und vertrieb darüber hinaus allerlei Artikel, auf denen Pferde zu sehen waren, Handtücher, Aschenbecher, Radiergummis, lauter kleine Scheußlichkeiten, die die Hoppes zu gegebenen Anlässen im Bekanntenkreis zu verschenken pflegten.
    »Ich habe ja was völlig anderes studiert«, sagte ich lahm, und Oma rülpste zustimmend.
    Die Hoppe machte eine generöse Handbewegung.
    »Das macht nichts«, sagte sie. »Wir haben schon öfter Studienabbrechern eine Chance gegeben.«
    »Ich habe meinen Magister in Judaistik, Philosophie und Pädagogik«, sagte ich würdevoll.
    Von wegen Studienabbrecher. »Reiterbedarf hat wirklich überhaupt nichts damit zu tun.«
    »Das wäre aber doch sehr schön, wenn du bei Hoppes unterkommen würdest«, mischte sich meine Mutter ein, und auch mein Vater fiel mir in den Rücken: »Öffentlichkeitsarbeit braucht man in jeder Branche und in jedem Betrieb.«
    »Du kannst dich ja einfach mal bei Wölf vorstellen«, sagte die Hoppe. »In so einem großen Betrieb gibt es immer etwas zu tun.«
    Ich schluckte trocken. Eigentlich war das ja ein freundliches Angebot. Auch wenn Hoppes nicht gerade zu den Menschen gehörten, von denen man gern freundliche Angebote bekommt.
    »Vielen Dank«, sagte ich wohlerzogen.
    »In einer Notlage helfen wir immer gern«, sagte die Hoppe huldvoll lächelnd. Sie sei eigentlich wegen des Efeus gekommen, mit dem meine Eltern die Hoppesche Megagaragenwand begrünt hatten, die unsere Einfahrt beschattete. »Wenn wir nächste Woche das Haus frisch verputzen lassen, wollen wir die Garage natürlich nicht aussparen.« Und bei der Gelegenheit müsse dann gleich der störende Efeu entfernt werden.
    »Nicht jeder ist ein Pflanzenfreund«, meinte Oma, aber meine Eltern versprachen selbstverständlich, das Grünzeug von der Wand zu reißen. Womöglich würden die Hoppes am Ende noch die zukünftigen Arbeitgeber ihrer einzigen Tochter sein.
    »Eva?«, fragte meine Oma und machte einen auf schwerhörig. »Ach, Kind, das habe ich dir ja noch gar nicht erzählt. Eva ist tot.«
    »Efeu, nicht Eva, Oma«, sagte ich.
    »Die Eva, Kind, aus deiner Klasse, die hier immer zum Spielen war«, behauptete Oma. »Die ist tot.«
    »Was? Oma, ist das wahr?« Eva war nicht auf dem Klassentreffen erschienen. Ich hatte sie schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, aber Nina machte von Zeit zu Zeit mal was mit ihr. Hatte sie nicht gesagt, Eva sei krank?
    »Natürlich ist das wahr. Sonst würde ich dir das ja wohl kaum erzählen, oder?«
    »Woher weißt du das denn, Oma? Und woran ist sie gestorben?«
    »Das weiß ich auch nicht. Die Großeltern sind bei mir im Altenclub. Sehr nette Leute. Besonders der Alte. Ich hab' noch nie so große Ohren bei einem Mann gesehen.«
    Ich war zutiefst bestürzt. Erst gestern noch sozusagen hatte ich im Schulbus Evas
    Mathehausaufgaben abgeschrieben, und heute war sie tot. Kein Wunder, dass sie nicht auf dem Klassentreffen gewesen war.
    Die Hoppe erhob sich zum Gehen.
    »Schön, dass wir das geklärt haben. Ich meine, es ist unsere Wand, und wir können damit machen, was wir wollen, aber wir wollten doch lieber euer Einverständnis haben. Und du, Felicitas, meldest dich nächste Woche bei Wolf im Betrieb. Ich werde ihm deine Lage schildern.«
    Gleich heute Abend beim Essen. Mit Natalie und dem Millionärssohn mit Doktortitel am Tisch. Ich konnte es mir lebhaft vorstellen.
    »Das war aber wirklich nett von Roswitha«, fanden meine Eltern einhellig. Ich fühlte mich sehr allein.
    Als ich nach Hause kam, glaubte ich, im Treppenhaus Stimmen zu hören, die meinen Namen riefen. - Tatsächlich hatte sich

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