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Die Laufmasche

Titel: Die Laufmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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Lappen aufzuwischen.
    Klein-Lena roch nach Zimt und Pflaumenmus. Ich hielt sie etwas weiter von mir ab.
    »Du kannst schon mal üben, wie das ist, ein Baby auf dem Arm zu halten«, sagte Heinz-Peter begeistert.
    Klein-Lena lächelte mich an. Sie sah ihrem Vater frappierend ähnlich. Man konnte nur hoffen, dass sich das noch gab.
    »Kinder«, meinte Heinz-Peter warm und ging mit dem nassen Lappen in die Küche. »Kinder sind das Schönste und Wichtigste auf der Welt.«
    »Ich finde«, sagte Till und krempelte seine Ärmel hoch, »Heinz-Peter eins in die Fresse zu schlagen, wäre das Schönste und Wichtigste auf der Welt.«

Die vierte Gelegenheit
    TILL PARKTE VOR der Haustüre im absoluten Halteverbot.
    »Das war's«, sagte er und lächelte mich sehr lieb an. »Jetzt hast du wieder ein Bett ganz für dich allein.«
    »Und ich darf aufs Klo gehen, wann immer ich möchte. Ich finde, das war ein unvergesslicher Urlaub.«
    »Und preiswert«, sagte Till und küsste mich.
    »Weißt du, dass du von allen Frauen die bist, die ich am liebsten habe?«
    Da ich nichts Vergleichbares erwidern konnte, schwieg ich geschmeichelt.
    »Wenn ich jemals soweit bin, mich auf eine feste Beziehung einzulassen«, meinte Till ernst, »dann bist du die Frau, mit der ich alt werden will.«
    »Wenn du soweit bist, dich auf eine feste Beziehung einzulassen, dann bist du bereits alt«, sagte ich, und so lange würde ich jedenfalls nicht warten können.
    In meiner Wohnung erwartete mich neben dem leidenschaftlich schnurrenden Rothenberger, dem stinkenden, offenbar nie geleerten Katzenklo und der vertrockneten Palme (- ich würde mal ein ernstes Wort mit Frau Kellermann aus dem obersten Stock reden müssen. Wenn sie sich weiter als so unzuverlässig erwies, würde ich bei ihrem nächsten Mallorca-Urlaub die Usambaraveilchen ertränken und den Kanarienvogel fliegen lassen. -) ein Schreiben des Wöhnungseigentümers. Mit kurzen, lapidaren Sätzen teilte man mir mit, dass mein Dreijahresvertrag zum 31. 12. diesen Jahres ausliefe und nicht mehr verlängert würde.
    Ich ließ mich perplex in meinen Korbstuhl fallen.
    Erst der Job weg, dann der Mann und jetzt auch noch die Wohnung. Ich sah schwere Zeiten auf mich zukommen.
    Die Wohnung war nett, klein, nicht ideal vielleicht, aber bezahlbar. Gut, sie lag nicht unbedingt in der besten Gegend, vorne heraus eine
    Hauptverkehrsstraße, hinten das Lager eines Sanitärfachhandels, wo schon ab sechs Uhr morgens Toilettenbecken aus- und eingeladen wurden. Weit und breit wuchs kein Baum, und das Raumangebot - ein Zimmer, Küche, Diele, Bad - war bescheiden. Aber ich hatte alles darin untergebracht, was ich besaß. Das eine Zimmer wurde von meinem Bett beherrscht, einem prächtigen Himmelbett von gigantischen Ausmaßen mit üppigen cremefarbenen Vorhängen, neben dem jedes andere Möbelstück schäbig und mickrig wirkte. Alle meine Bücher, ein paar Aktenordner, der Fernseher, die Stereoanlage und meine Gipsengelsammlung befanden sich in einem deckenhohen Regal an der Längsseite des Raumes, das sich über die gesamte Wandbreite erstreckte.
    Eine Wohnung wie diese würde genau so schwer zu finden sein wie ein neuer Job.
    Ich ließ die Taschen unausgepackt im Flur liegen und nahm ein heißes Bad. Dabei kam mir zum ersten Mal der Gedanke, dass diese Kette von unglücklichen Ereignissen unmöglich dem Zufall zuzuschreiben war. Mir fiel auch der eigenartige Kettenbrief wieder ein, den Caroline mir auf dem Klassentreffen geradezu aufgedrängt hatte. Wenn man die Kette unterbräche, zöge man gro ßes Unglück auf sich, hatte dort gestanden. Die zehn Tage Galgenfrist waren längst um, ich hatte mit meinem Freund Schluss gemacht, zweimal meinen Traummann verpasst, meinen Job sowie meine Wohnung verloren.
    Das konnte kein Zufall sein. Ich wickelte mich in mein Handtuch und machte mich auf die Suche nach dem Brief. Ich suchte überall, aber ich fand ihn nicht. Schließlich rollte ich mich mit dem laut brummenden Kater auf dem Bett zusammen und fürchtete mich vor der Zukunft, bis mir die Augen zufielen.

Das Telefon schrillte.
    -Felicitas Trost?«

    »Guten Tag, hier ist Simone. Ist Mike da?«
    Ich seufzte und blickte auf die Uhr. Halb acht.
    Natürlich, es war ja auch wieder Samstag, Ausschlaftag.
    »Och nö, Simone«, sagte ich. »Mike und ich schlafen noch. Das heißt, jetzt schläft nur noch Mike. Und er sieht so süß aus, wenn er schläft.«
    »Wie bitte?« Simone war etwas schwerfällig im Verstehen.
    »Lass meinen

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