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Die Laufmasche

Titel: Die Laufmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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bekQmmen nur die Inhaber der geheimen Kenn worte.«
    »Aber für das Geld hätte ich gar nicht erst angefangen«, sagte ich. »Mir hat der alte Stotterer gesagt, das Gehalt sei nach oben hin offen. Nach oben gebe es keine Grenzen, hat er gesagt!«
    Beate lachte. »Ja, nach oben! Du hättest dich besser nach unten abgesichert, du Schaf!«
    Ich sah immer noch fassungslos auf die Gehaltsabrechnung. Beate hatte Recht. Ich war wirklich ein Schaf. Exportmanagerin! Nach oben offenes Gehalt! Dass ich nicht lache. Kein Wunder, dass die Stattelmann mich so von oben herab behandelte. Als Buchhalterin kannte sie selbstverständlich die Höhe meines Lohnes und wusste daher auch, wie viel tiefer unten in der Firmenhierarchie ich einzustufen war.
    »Ich kündige«, erklärte ich erbost und sprang auf.
    »Willst du jetzt sofort gehen?«
    »Jawohl«, sagte ich. »Ich will aber, dass Wölf genau versteht, warum ich kündige!«
    Mit energischen Schritten betrat ich sein Vorzimmer.
    Frau Müller-Seitz war immer noch nicht da. An ihrem Schreibtisch saß vertretungsweise Frau Saalbach.
    »Ich habe einen Termin bei Herrn Hoppe«, log ich schnell und klopfte an die ledergepolsterte Türe.
    »Der ist nicht da«, sagte die Saalbach, ohne den Blick zu heben.
    »Wann kommt er denn wieder?«
    »Heute nicht mehr.«
    »Ich brauche den Termin dann morgen«, sagte ich ihr. »Ganz früh. Es ist sehr wichtig.«
    »Morgen ist Frau Müller-Seitz wieder da.« Man konnte Frau Saalbachs Stimme anmerken, wie froh sie darüber war. »Ich will nämlich zurück in mein eigenes Büro.«
    »Wirklich?«, fragte ich erstaunt. »Ich dachte, Sie und Frau Daubenbüschel mögen sich nicht besonders.«
    »Halten Sie Ihr verfluchtes Schandmaul!«, keifte die Saalbach. »Von Ihnen muss ich mir gar nichts sagen lassen.« Obwohl sie den Kopf weiter gesenkt hielt, schien es mir, als würde ich ihre Augen durch den dichten Pony funkeln sehen. Rückwärts schlich ich mich zur Tür.
    »Scheiße«, sagte ich zu Beate. »Nicht mal kündigen kann man in dieser Firma, wann man möchte.«
    Mürrisch verschränkte ich die Arme vor meiner Brust.

    »Rate mal, wer mich gestern Abend angerufen hat«, sagte Beate aufmunternd. »Ich wollte es dir ja heute Morgen schon erzählen, aber es kam immer etwas dazwischen.«
    Ich wagte ein hoffnungsvolles Lächeln.
    »Ja, ja«, sagte Beate. »Erik der Wikinger. Er wollte deine Telefonnummer haben. Außerdem wollte er wissen, ob ich mir vorstellen könne, dass du dich über seinen Anruf freust.«
    »Und was hast du gesagt?«
    »Ich hab' gesagt, vorstellen könnte ich mir vieles«, brummte Beate.
    Er hatte nach meiner Nummer gefragt! Er hatte nach meiner Nummer gefragt! Ich machte einfach eine halbe Stunde früher Schluss - darauf kam es ja jetzt auch nicht mehr an - und fuhr nach Hause, so schnell ich konnte. Nicht mal beim Supermarkt hielt ich, obwohl gähnende Leere im Kühlschfank herrschte. Die Angst, Eriks Anruf zu verpassen, war größer als die Angst zu verhungern. Schon in der Einfahrt hörte ich das Telefon klingeln.
    »Hallo!«
    »Oh, Kind, da bist du ja.« Es war meine Mutter.
    »Wieso bist du um diese Uhrzeit schon zu Hause?
    Ich dachte, du arbeitest noch.«
    »Wieso rufst du an, wenn du das dachtest?«
    »Wir kamen gerade an einer Telefonzelle vorbei«, sagte meine Mutter. »Ist alles in Ordnung bei dir?«
    »Ja, alles bestens. Morgen werde ich kündigen.«
    »Wie bitte? Hans, sie will kündigen.«
    »Schätzchen?« Das war mein Vater. »Was ist denn passiert?«
    »Ach, Papa, das kann man am Telefon so schlecht besprechen. Aber du kannst mir glauben, dass ich das Richtige tue.«
    »Natürlich«, sagte mein Vater.
    »Sag ihr, sie soll auch mal an Roswitha und Wolf Hoppe denken«, verlangte meine Mutter im Hintergrund. »Dass die sich solche Mühe gegeben haben, ihr zu helfen. Sag ihr, dass sie so nette Leute nicht so ohne weiteres vor den Kopf stoßen kann. Was sollen die denn von ihr denken, frag sie das mal!«
    »Vielleicht redest du erst mal mit Herrn Hoppe«, schlug mein Vater vor. »Sicher kannst du damit einiges wieder kitten.«
    »Ich werde mit ihm reden, darauf kannst du dich verlassen«, sagte ich heftig. »Aber ob danach noch was zu kitten ist, bezweifle ich stark.«
    »Was sagt sie denn?«, rief meine Mutter im Hintergrund. »Sie soll nicht immer so schnell aufgeben.
    Das ist wie damals mit dem Klavierunterricht, sag ihr das.«
    »Ich hoffe, du tust das Richtige.« Mein Vater seufzte tief.
    »Bestimmt«, beteuerte ich und

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