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Die Laufmasche

Titel: Die Laufmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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wieder.
    »Na?«, fragte er und grinste süffisant. »Komme ich zu früh?«
    Herr Wierig rieb sich seine Hand und grinste schief zurück.
    »Ja, Herr Schmierig war so reizend, mich zu einem gemeinsamen Bad in seinem Whirlpool einzuladen.«
    Ich sah Kernig vorwurfsvoll an. »Aber du musst schon verstehen, Klaus, dass du bei so abstoßend senilen Kunden noch einiges mehr drauflegen musst als vorher vereinbart.«
    Wütend rauschte ich aus dem Zimmer. Mein Herz klopfte wie wild. Damit hatte sich eine offizielle Kündigung wohl erledigt.
    »Kire, kire, kire, kire, kire«, sagte ich eindringlich, und die Wände warfen ein leises Echo zurück.
    »Das ist ein Fall für den Betriebsrat«, sagte ich zu Beate.
    Sie lachte sich halb tot. »Betriebsrat! Ein Betriebsrat bei Hoppe und Partner! Das ist wirklich gut!«
    »Alles kann man sich nicht gefallen lassen«, sagte Anja Reisdorf, die die Post rundbrachte.
    »Jedenfalls nicht für das Gehalt«, warf ich ein.
    »Morgen bin ich hier weg!«
    »Du wirst also wirklich gehen«, stellte Beate fest.
    »Glaub aber bloß nicht, dass ich alleine hier bleibe.«
    »Dann kündigen wir eben gemeinsam«, sagte ich begeistert. »Etwas Besseres als das hier finden wir allemal.«
    Kaum war ich abends zur Tür hereingekommen, klingelte das Telefon.
    »Ja?«, schrie ich. Kire?
    »Schätzchen?« Meine Mutter. »Hast du's getan?«
    »Was denn, Mama?«
    »Gott sei Dank, sie hat nicht gekündigt!«, rief meine Mutter. »Meine Gebete sind erhört worden.«
    »Mama? Freut euch nicht zu früh. Ich werde morgen kündigen, wenn sie mir nicht zuvorkommen. Wölf war heute nur nicht im Büro.«
    »Kind, das darfst du nicht tun. Das sind so großzü-
    gige Menschen, die darfst du nicht enttäuschen«, flehte meine Mutter.
    »Heute wurde ich von einem Kunden sexuell belästigt!«, rief ich in den Hörer.
    »Wie bitte?«, schrie meine Mutter.
    »Ich musste meine Haare offen tragen«, sagte ich.
    Petze, Petze, ging in 'n Laden, wollte Schweizer Käse haben. »Weil der Kunde auf langhaarige Blondinen steht. Und dann hat er sich in meinen Hintern gekrallt.«
    In der Telefonzelle fiel ein schwerer Gegenstand zu Boden - ein Skischuh? Die Stimme meiner Mutter klang jetzt wütend. »Man hat unsere Tochter sexuell belästigt, Hans. In der Firma deines sauberen Tennisfreundes!«
    »Und mein Chef war dabei«, fügte ich hinzu.
    Meine Mutter war ehrlich entsetzt. »Du musst sofort kündigen, hörst du? Dein Vater sagt auch, dass du kündigen musst.«
    »Also gut. Wenn ihr es sagt.«
    »Wir kommen morgen nach Hause«, rief mein Vater im Hintergrund. »Das musst du nicht alleine durchstehen!«

    Nein, aber ich konnte es. Zuversichtlich ließ ich mir ein heißes Bad einlaufen, voll mit wundervollem, weichem Schaum, der nach Rosen und Jasmin duftete.
    »Kire, Kire, Kire, Kire«, sagte ich, als ich mich darin ausstreckte. »Kire!«
    Und da klingelte das Telefon noch einmal.
    »Ja?«
    »Felicitas? Hier ist Erik.«

Ich holte tief Luft.
    »Stör' ich dich gerade bei irgendwas?«
    Was für eine absurde Frage. Ich musste lachen.
    »Ich hätte dich schon eher angerufen«, fuhr Erik fort. »Aber ich hatte zu viel damit zu tun, Ordnung in mein Leben zu bringen. Vielleicht interessiert es dich zu hören, dass Britt, Jürgen und Wiebke ausziehen, sobald sie eine neue Wohnung gefunden haben, und spätestens bis zum ersten März. Mit all ihrem Plunder. Ich habe ihnen gesagt, dass ich mein Haus wieder für mich haben will.«
    »Die sind sicher stinkesauer«, meinte ich.
    »Ziemlich«, gab Erik zu. »Aber das ist mir jetzt egal.
    Und was ist mit dir?«
    »Mir ist es auch egal.«
    »Nein, ich meinte, was machst du gerade?«
    »Ach so. Ich liege in der Wanne.« Zum Beweis plät-scherte ich mit dem Wasser.
    »Und was tust du anschließend? Können wir uns nicht sehen?«
    »Doch«, sagte ich. »Willst du herkommen?«

Etwas polterte im Hintergrund.
    »Ja«, rief Erik. »Ich bin schon unterwegs. Sag mir, wo du wohnst.«

    Zwanzig Minuten später klingelte er an der Türe.
    Er musste gefahren sein wie der Teufel. »Da bin ich«, sagte er strahlend.
    Ich strahlte zurück. Draußen hatte es wieder zu schneien begonnen. Erik bückte sich, um sich den Schnee von Mantel und Haar zu schütteln. Dabei konnte ich ganz deutlich eine kahle runde Stelle auf seinem Kopf erkennen.
    »Du bekommst eine Glatzel«, schrie ich.

Erik richtete sich betroffen auf.
    »Ja«, sagte er unglücklich. »Findest du das schlimm?«
    »Es gibt Schlimmeres«, sagte ich. Besser

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