Die Launen des Teufels
seinem Betrieb verbundenen Einnahmen direkt in die Stadtkasse fließen. »Er hat recht!«, trompetete ein fettleibiger Zimmermann. »Man könnte einen Aufseher bestellen.«
»Richtig!«
Einige Zeit lang war es um die Disziplin im Saal geschehen, bis der Alderman schließlich dröhnend um Ruhe bat. »Obwohl es sich um einen ungewöhnlichen Vorschlag handelt«, bemerkte er mit einem anerkennenden Blick auf Conrad trocken, »gebe ich ihn zur Abstimmung frei.«
Keine drei Minuten später war die Angelegenheit geklärt, was Conrad ein zorniges Funkeln aus Richtung des Vertreters der Klostergemeinschaft einbrachte. Gerüchten zufolge war dieser bereits vom Konvent der Abtei zum Nachfolger des Abtes nominiert worden, was den Gießer jedoch wenig beeindruckte. Da durch den mit Franciscus ausgehandelten Großauftrag des Klarissenklosters in Söflingen die Auftragslage der Glockenhütte für die nächsten Monate gesichert war, scherte er sich wenig um das Missfallen des erzürnten Henricus. Dieser war dem Gießer in der Vergangenheit ohnehin stets mit Herablassung und Verachtung begegnet, sodass Conrad sicher sein konnte, dass mit ihm kein Geschäft zu machen war. Nur mühsam unterdrückte er ein Feixen. Was im Angesicht seiner neuen Position nicht mehr von Bedeutung war! Er würde dieses Amt dazu benützen, um so viel Geld wie möglich zu scheffeln, und wenn sich seine Zunftgenossen so einfach beeinflussen ließen, wie er hoffte, würde es nicht lange dauern und er würde anstelle des Aldermans neben dem Bürgermeister thronen! Frage um Frage wurde erläutert, und als Conrad schließlich drei Stunden später zurück ins Freie trat, schwirrte ihm der Kopf.
»Schließt Euch uns zu einem Umtrunk an«, lud ihn ein hochgewachsener Gewandschneider ein. »Es gibt noch einige Dinge zu besprechen, die nicht für die Ohren der Patrizier bestimmt sind.«
Als sie sich kurz darauf in einer abgetrennten Nische in einer der besseren Herbergen niederließen, fehlten lediglich sechs der Zunftvertreter, die sich dem Alderman angeschlossen hatten.
»Conrad«, hub der reich gekleidete Schneider schließlich an, nachdem die Krüge der Männer gefüllt waren. »Mir scheint, Ihr seid der Mann, der uns gefehlt hat.«
Als Conrad fragend den Kopf neigte, setzte er erklärend hinzu. »Einige von uns sind bereits seit mehreren Jahren im Rat.« Er wies auf fünf der Anwesenden, die stumm seinen Worten folgten. »Doch in letzter Zeit befremdet uns das Verhalten des Aldermans mehr und mehr.« Ein zustimmendes Gemurmel erhob sich. »Sicherlich ist es wünschenswert, dass bei der Vergabe der Aufträge Gleichberechtigung herrscht. Doch verliert unser Vorsteher darüber das wichtigste Ziel aus den Augen.« Er nahm einen Schluck Wein. »Nämlich die vollständige Beherrschung des Rates durch die Zünfte.« Nur mit Mühe verbarg Conrad sein Erstaunen über diese gefährlichen Worte.
»Es stimmt«, fuhr der Mann fort. »Die Stadt kann sich keine weitere Auseinandersetzung zwischen Zunftvertretern und Patriziat leisten. Doch wäre jetzt nicht die geeignete Zeit, um die ungewöhnlichen Umstände auszunutzen?«
»Wie meint Ihr das?«, fragte Conrad neugierig.
»Die Pest hat das Patriziat geschwächt«, erläuterte der Gewandschneider. »Viele Mitglieder der Familien sind aufs Land geflohen. Anders als vor dem Kleinen Schwörbrief fehlt ihnen also die Masse.«
Conrad nickte grübelnd.
»Wenn die Mehrheit der Ratsmitglieder hinter Euch stünde, würdet Ihr Euch zur Wahl für den Posten des Aldermans stellen?«
Um ein Haar hätte Conrad sich verschluckt.
»Wenn Ihr erst den Vorsitz hättet, könntet Ihr mit Hilfe der Zunftvertreter Gesetzesentwürfe einbringen, die den Einfluss des Patriziats so weit schmälern, dass er schließlich nicht mehr von Bedeutung ist. Immerhin halten wir die Mehrheit.« Er hob den Kelch und prostete der Runde zu.
»Da gibt es nur ein Problem«, wandte Conrad ein. »Es scheint, als ob einige Mitglieder hinter dem jetzigen Alderman stehen. Wie wollt Ihr sie davon überzeugen, gegen ihn zu stimmen?«
Der Gewandschneider lächelte dünn. »Das lasst unsere Sorge sein. Ich bin mir sicher, dass sie sich leicht überzeugen lassen.«
Wie auch immer ihr das bewerkstelligen wollt, dachte Conrad, lehnte sich jedoch mit einem zufriedenen Grinsen zurück.
»Einer von ihnen«, setzte der Sprecher listig hinzu, »ist dringend auf der Suche nach einer neuen Gemahlin.« Er ignorierte das Prusten eines seiner Kollegen. »Seine Ehefrau ist
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