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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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bewahren? Er kannte ja noch nicht einmal die Identität des Fackelträgers!
    Er wollte gerade weiter darüber nachgrübeln, als sich ein Schlüssel in das Schloss seiner Zellentür schob, die kurz darauf krachend gegen die Wand schlug.
    »Deine Zeit ist gekommen«, meckerte der im Rahmen auftauchende, zahnlose Kerkermeister, den die Wächter Geri genannt hatten. Mit schlurfendem Schritt näherte er sich dem am Boden liegenden Gefangenen, beugte sich über ihn und rümpfte die Nase, als er der Lache unter dem Knaben gewahr wurde. »Was für furchtbare Sitten«, kicherte er und löste Bertrams Ketten. »Die werde ich dir austreiben müssen.« Mit diesen Worten riss er den kraftlosen Jungen auf die Beine und schleppte ihn am Schlafittchen in den Korridor hinaus, den einige rußende Pechfackeln in ein unwirkliches Licht tauchten.
    »Na, Söhnchen«, schalt er und versetzte Bertram einen Faustschlag in die Nieren. »Etwas mehr Haltung, wenn ich bitten darf.« Stöhnend versuchte der Knabe, seine abgestorbenen Beine zu koordinieren, stolperte jedoch alle zwei Schritte über die eigenen Füße. Als sie endlich vor einer niedrigen Holztür haltmachten, atmete er erleichtert auf, obschon er ahnte, was sich dahinter verbarg. Die eine Hand immer noch am Kragen des Gefangenen, tastete Geri mit der anderen nach einem weiteren Schlüssel, öffnete die Tür und schleuderte Bertram grob in einen fensterlosen Raum, der vollkommen im Dunkeln lag. Aus den schwarzen Tiefen erklang ein Wimmern, das Bertram die Haare im Nacken zu Berge stehen ließ, doch außer diesem Lebenszeichen regte sich nichts. Undeutlich vor sich hin murmelnd, kehrte Geri in den Gang zurück, nahm eine der Fackeln aus ihrem Halter und entzündete die schmiedeeisernen Pechbecken, bevor er Bertram nachlässig an einen Pfosten in der Mitte der Kammer kettete.
    »Wir werden es etwas wärmer brauchen«, bemerkte er rätselhaft, doch da sich Bertrams Augen langsam an das Licht gewöhnten, löschte das ihn überkommende Grauen alle Fragen aus. Dicht an dicht drängten sich in dem beinahe quadratischen Raum Foltergeräte aller Art, deren Aussehen allein einem Gefangenen bereits ein Geständnis entlocken konnte. Neben dem Pfosten, an den Geri den Knaben gefesselt hatte, befanden sich eine Streckbank, eine Handvoll Flaschenzüge sowie eine Judaswiege – eine spitze Pyramide, auf die sich das Opfer setzen musste. Einige Zangen, Geißeln, Schädel-, Fuß- und Knieschrauben in allen Größen und ein mit eisernen Dornen gespickter Befragungsstuhl ergänzten die Ansammlung.
    Der bloße Anblick all dieser Gerätschaften ließ Bertram das Herz in der Brust erkalten, und als erneut ein Stöhnen erklang, wagte er kaum, den Kopf zu wenden. Als sein Blick dennoch auf den in einer halb verborgenen Nische aufgehängten Gefangenen fiel, dessen Rücken und Bauch über und über mit klaffenden Wunden bedeckt waren, schoss ihm bittere Galle in die Kehle, und er übergab sich würgend. Das immer mehr zunehmende Gefühl, an einer fiebrigen Krankheit zu leiden, verstärkte sich, als der Anfall abebbte und er das zitternde Kinn auf die Brust sinken ließ.
    »Was hat er nur für schlechte Manieren, der Bursche«, wetterte Geri höhnisch. »Nicht wahr, Euer Gnaden?«
    Da der von der Decke hängende Gefolterte nicht antwortete, rammte er diesem einen Stock in den Magen, sodass er heftig hin- und herschaukelte. Wenngleich sein Peiniger die Behandlung wiederholte, kam kein Laut über die Lippen des Gemarterten, der allem Anschein nach die Besinnung verloren hatte.
    Mit einem gleichgültigen Schulterzucken gab der Geri Genannte auf und näherte sich Bertram, der erfolglos versuchte, vor ihm zurückzuweichen. Die Pranken in die Hüften gestemmt, legte er den Kopf schief, um seinem Opfer in die Augen zu blicken, die trotz der Furcht wie gebannt auf die hässliche Erscheinung des Mannes geheftet waren. Über der furchtbaren Fratze wölbte sich eine kahler Schädel, den mehrere rot schillernde Furunkel entstellten. Nur ein Auge wanderte über Bertrams schweißnasses Gesicht – das andere war von einer langen, bis zur Oberlippe reichenden Narbe für immer verschlossen. Den inzwischen bloßen Oberkörper bedeckten mächtige Muskeln, und als er das Entsetzen seines Opfers spürte, verzog sich der schlitzartige Mund zu einem bösen Lächeln. »Ich denke, wir sollten mit der üblichen Behandlung beginnen«, verkündete er genüsslich und befreite Bertram von seinen Fesseln – sorgsam darauf bedacht, sich

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