Die Launen des Todes
Weg von Laden zu Laden bahnen, um dort den ihnen geschenkten Ramsch gegen Ramsch umzutauschen, der mehr ihrem Gusto entspricht, während in den leeren Büros Telefone vergebens ihr dringliches Schrillen vernehmen lassen, als hätte das große Herz der Stadt aufgehört zu schlagen; selbst das Verbrechen gönnt sich eine Ruhepause.
Eine Stille, die Polizisten auf sehr unterschiedliche Weise nutzen. Andy Dalziel nutzte sie, indem er sich tiefgründige Gedanken machte, was den beiläufigen Zuschauer verblüfft hätte, fiel er doch in seiner Arbeit und in jüngeren Jahren beim Spiel auf dem Rugbyfeld dem betrachtenden Auge vor allem wegen der schieren Brutalität seines Auftritts auf.
Aber es steckte mehr in ihm als nur Zerstörung. Es war seine Sache nicht, Energien zu vergeuden bei der vergeblichen Verfolgung geschwinder junger Gazellen hinter dem Gedränge. Stattdessen schickte er ihnen seine Gedanken hinterher und berechnete aufgrund dessen, was er über seine Gegner wusste und was er an Gegebenheiten sah, den wahrscheinlichen Verlauf ihrer Spielzüge. Es klappte nicht immer, dennoch wunderten sich am Ende viele gegnerische Flügelspieler, die sich am Schlussmann bereits vorbeigeschlängelt hatten und freie Bahn wähnten, warum sie sich plötzlich wie der Herr Roland mit dem Finstern Turm konfrontiert sahen.
Für Dalziel war diese Ruhe zwischen den beiden großen Orgien die Zeit, in der er sich hinsetzte und das Spiel las.
Seine Nüstern witterten Gefahr, er wusste noch nicht genau, woher der Geruch kam, aber es hatte etwas mit dem Wordman-Fall zu tun.
Der Fall war offiziell gelöst, alle hatten applaudiert. Mehr noch, er war auf die bestmögliche Art gelöst worden. Nicht nur war der Delinquent auf frischer Tat ertappt, er war bei der Tat auch getötet worden, hatte damit also den unumgänglichen Beweis seiner Schuld geliefert und die schwuchteligen Anwaltspinkel jeglicher Gelegenheit beraubt, dies anzuzweifeln.
Natürlich konnte nur die Justiz über die Schuld eines Mannes urteilen, gegen Tote allerdings ließ sich schlecht Anklage erheben. Dennoch hatten sich die Zeitungen nicht zurückgehalten und genau das getan, was den Gerichten untersagt war, sie hatten
Erwischt!
gerufen und Dick Dee zum mutmaßlichen Täter erklärt.
Eine gute Story. Aber um wie vieles besser würde sie noch werden, wenn eine dieser Zeitungen jetzt, da alle mit Ausnahme der unmittelbar Betroffenen die triumphierenden Boulevard-Schlagzeilen vergessen hatten, Indizien ausgraben könnte, die Zweifel an der Geschichte laut werden ließen.
Er dachte an Penn, der was von Wahrheit geschwafelt hatte, die eines Morgens durch seinen Briefkastenschlitz trudeln würde.
Halt die Augen offen!
, hatte er gesagt.
Und hatte nicht Pascoes Kumpel Roote berichtet, dass Penn was davon gesagt habe, er würde sich Hilfe besorgen?
Dieser gefährliche Geruch stank stark nach investigativem Journalismus.
Das war schlecht. Investigativer Journalismus hatte schon lange nicht mehr damit zu tun, dass sich schnüffelnde Reporter einen Namen machen wollten, es war Big Business. Wenn die Journaille das Gefühl hatte, sie könnte sich irgendwo festbeißen, dann herrschte kein Mangel an Geld, an Fachwissen oder hochmoderner Überwachungstechnologie. Dazu kam, dass sie sich nicht an die Regeln hielten.
Er hatte gedacht, durch Dees Tod wäre das Wordman-Spiel abgepfiffen worden, jetzt sah es fast so aus, als wäre der Ball noch irgendwo im Spiel.
Ein Geringerer hätte sich vielleicht mit der Möglichkeit gequält, dass der Polizei ein Fehler unterlaufen sei, und seine Zeit damit verschwendet, die gesamten Ermittlungen mit einem feinen Kamm erneut durchzugehen und nach Fehlern abzusuchen. Nicht so Andy Dalziel. Gut, er würde jemanden mit dieser Aufgabe betrauen, im Moment allerdings hatte er bei der Obduktion nichts verloren. Sein Platz war draußen auf dem Feld, dort fielen die Entscheidungen. Sei als Erster im Paket und stell sicher, dass du nach dem Geschiebe und Gekicke, dem Gezerre und Gestoße derjenige bist, der sich den Ball schnappt.
Und das ließ sich am besten bewerkstelligen, wenn man derjenige war, der dem Drecksack mit dem Ball als Erster eine reindrischt. Also, wem galt es eine mitzugeben?
Nicht Charley Penn. Dem hatte er bereits eine verpasst, und es war klar, dass sich Charley von seiner Überzeugung, Dee sei unschuldig, nicht abbringen ließ. Spielte keine Rolle. Charley war eine Nervensäge, aber Romanschreiber waren, falls sie nicht sehr alt,
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