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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Schultern bebten.
    »Edwin, es gibt keinen Grund zur Besorgnis …«
    Digweed wandte sich, immer noch bebend, zu ihm um.
    »Mein lieber Edgar, wofür hältst du mich eigentlich?«, sagte er lachend. »Ich würde dir vielleicht den Hals umdrehen, aber nie eifersüchtig vor mich hin schmollen. Und außerdem, du hast gesagt, der junge Mann ist neunzehn, sieht aber aus wie zehn oder elf? Ich habe erlebt, dass du einem Jüngelchen einen bewundernden Blick hinterherschickst, aber ich habe bislang nicht die kleinste Spur von Pädophilie in deinem Make-up entdecken können. Ganz davon abgesehen sind Manschettenknöpfe meiner Erfahrung nach nicht die Geschenke, die ein Junge seinem Liebhaber vermacht. Die gibt eher ein Sohn seinem Vater. Also, keine Eifersucht, glaub mir. Aber ich mach mir Sorgen. Du fühlst dich zum jungen Lubanski vielleicht nicht hingezogen, aber du hast Mitleid mit ihm, und für jemanden in deiner Position kann das gefährlicher sein als Sex. Du wirst dich um ihn kümmern, oder?«
    »Er ist einem gewissen Risiko ausgesetzt.«
    »Nein,
du
bist einem gewissen Risiko ausgesetzt. Verwechsle nicht das scheinbare Kind mit dem Erwachsenen, der er ist. Aber das hat Zeit bis morgen.
Carpe diem
, lieber Edgar. Hier ist etwas, mit dem du es dann auch für die Nachwelt festhalten kannst.«
    Er warf ihm ein Päckchen hin, in dem Wield, nachdem er es aufgerissen hatte, einen Mini-Camcorder entdeckte.
    »Mein Gott«, sagte er ehrlich gerührt. »Tausend Dank. Der muss ja ein Vermögen gekostet haben.«
    »Reines Eigeninteresse«, sagte Digweed. »Ich gehe davon aus, dass du mit deinem Computerwissen Filme von mir machen und so lange an ihnen herumbosseln kannst, bis ich zwanzig Jahre jünger aussehe. Ich kann es kaum erwarten, mit dem Experiment zu beginnen.«
    Und danach war Weihnachten genauso, wie Lees Karte behauptete, dass es sein sollte.
    Wield konnte sich an keine Zeit in seinem Leben erinnern, in der er glücklicher gewesen wäre. Und weil er glücklich war, wollte er, dass auch alle anderen glücklich waren. Was aber in jener anderen, unkontrollierbaren Welt, die ihm jedes Mal auflauerte, wenn er Eendale in östliche Richtung verließ, noch nicht einmal im Bereich des Möglichen lag. Als er sich daher seiner Verabredung näherte, beschlich ihn eine böse Vorahnung, dann sah er den blassgesichtigen Jungen, der auf ihn wartete wie Cathy auf Heathcliff, im Hintergrund die tief hängenden Wolkenfetzen eines stürmischen, winterlichen Yorkshire-Himmels.
    Er hatte einen neuen Treffpunkt vorgeschlagen, da regelmäßige Treffen selbst an einen so anonymen Ort wie dem Turk’s Aufmerksamkeit erregen konnten, vor allem aber, weil er kein Publikum wollte, falls Lubanski wegen dessen, was er gleich zu hören bekommen sollte, ausflippen würde.
    Denn es war definitiv ihr letztes Treffen.
    Dalziel, beeindruckt von der Genauigkeit der bisherigen Tipps, hatte Wield gedrängt, Lee offiziell als neuen Informanten anzuheuern. Wield wusste, dass dies nicht geschehen würde, hatte aber nichts dagegen, ihm den Vorschlag zu unterbreiten, weil er annahm, dass damit ein Schlussstrich unter ihre Beziehung gezogen würde. Der Gedanke, einfach weiterhin die Verletzlichkeit und emotionale Labilität des Jungen auszunutzen, war ihm zuwider. Bevor sie sich trennten, wollte er alles versuchen, Lee von seinem gefährlichen und entwürdigenden Leben abzubringen, hegte aber, da war er Realist, kaum die Hoffnung, dass ihm das gelingen würde. Keinesfalls würde er zulassen, dass sich der Junge weiterhin falsche Vorstellungen machen konnte, was ihre gegenwärtige Beziehung betraf.
    Lee drehte sich um, sah ihn, und die Veränderung in seiner Miene versetzte Wield einen Stich. Wie ein Welpe, der sich freut, wenn das Herrchen wiederkommt. Die harschen Worte, die er sich zurechtgelegt hatte, wurden in seinem Mund bitter und schal. »Hallo, Lee«, hörte er sich selbst sagen. »Schöne Weihnachten verbracht?«
    »Ja. Einen Haufen verdient.«
    »Ich meine nicht das Geschäft, Lee«, sagte Wield, dem gleichzeitig klar wurde, welch dämliche Frage er gestellt hatte. »Hör zu, ich muss dir was sagen.«
    »Ich zuerst«, sagte der Junge. »Im neuen Jahr soll was richtig Großes abgezogen werden.«
    »Lee«, sagte Wield und wollte sich nicht beirren lassen. »Es ist an der Zeit, dass wir ein Ende …«
    »Nein, hör zu, das ist wirklich gut. Ich hab mir danach ein paar Notizen gemacht. Ich hab sie mitgebracht.«
    Stolz überreichte er ihm ein Blatt

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