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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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lächelnd klargestellt, dass er und seine Leute trotzdem auf die volle Bezahlung bestanden. Da sich der trauernde Linford der fällig gewordenen Vorauszahlungen entzogen hatte, hatte Belchamber Polchard einen großen Anteil des Erlöses versprochen, mit dem aus dem Verkauf der übrigen Stücke aus dem Schatz zu rechnen war. Das war schon schlimm genug, schlimmer aber war, dass nun, nachdem die ursprüngliche Vereinbarung durch Linfords Defätismus gebrochen war, zu befürchten stand, dass Polchard sich einfach den gesamten Schatz nahm und die Einzelstücke einschmolz, um sie besser verhökern zu können.
    Das Diadem könnte also das gleiche Schicksal erleiden wie so viele Kunstwerke, die gestohlen wurden und permanent bei schmutzigen Drogendeals als Zahlungsmittel mit im Spiel waren.
    Dieser Gedanke war ihm unerträglich.
    Letzten Endes musste er Polchards Zusicherung akzeptieren – nein, nicht Zusicherung, der Mann hatte es nicht nötig, anderen etwas zuzusichern, er stellte einfach nur klar –, dass er sich mit seinem Anteil zufrieden geben würde. Was es einfacher machte, seine Zusicherung zu akzeptieren, dass Lee durch einen übereifrigen Untergebenen zu Tode gekommen war und bis zum Schluss behauptet habe, dass seine Beziehung zum hässlichen Bullen ausschließlich beruflicher Natur gewesen war. Mit anderen Worten, der kleine dreckige Arsch hatte Freinummern geschoben, um dafür von ihm beschützt zu werden. Also, scheiß drauf. Kein Problem.
    Daher gab er das Signal zum Weitermachen und versuchte die Illusion aufrechtzuerhalten, dass er nach wie vor die Sache leitete. Und nun saß er in seinem Arbeitszimmer und versuchte sich an den Kitzel zu erinnern, den er verspürt hatte, als er das Schlangendiadem in Händen hielt.
    Es gelang ihm nicht …
     
    Der Tod ist ein großes Abenteuer. Für viele Menschen jedoch, vor allem für jene, die bereits eine Pauschalreise als ein traumatisches Erlebnis empfinden, ist es eine ganz und gar fürchterliche Vorstellung, dass sie sich auf ein Abenteuer einlassen sollen. Aber wie bei Ferienreisen finden die meisten dann ihren Spaß daran, wenn sie erst einmal da sind. Und aus der Ferne betrachtet, empfinden wir dann nicht erwartungsvolle Vorfreude?
     
    Ein unerwarteter Besucher an Pascoes Krankenlager war Charley Penn gewesen, auch wenn er gekommen war, ohne zu wissen, dass Pascoe krank darniederlag. Warum er kam, war nicht ganz klar … es hatte irgendwie mit Rye Pomona zu tun … oder vielleicht mit Mai Richter … oder vielleicht, weil er bei seiner Suche nach Antworten nun nicht mehr genau wusste, welche Fragen er ursprünglich eigentlich gestellt hatte …
     
    Charley Penn saß in der Bibliothek und versuchte sich auf das Gedicht zu konzentrieren, an dem er arbeitete.
    Es hieß
Der Scheidende
, was er mit »Man on his way out« übersetzt hatte, obwohl er vielleicht versuchen sollte, das Scheiden im Sinne der Trennung aufrechtzuerhalten, was seiner Meinung nach der sterbende Heine mit seiner
Doppelgänger
-Obsession sicherlich im Sinn gehabt hatte.
    Er hatte die ersten sechs Zeilen übersetzt, als Dick Dee noch am Leben gewesen war.
    Within my heart, within my head
    Every worldly joy lies dead,
    And just as dead beyond repeal
    Is hate of evil, nor do I feel
    The pain of mine or others’ lives,
    For in me only Death survives.
[2]
    Seit Dicks Tod allerdings war es ihm nicht mehr möglich gewesen, sich wieder an das Gedicht zu setzen. Bis jetzt.
    Warum war Mai so unvermittelt abgereist?
    Sie hatte gesagt, es sei alles Zeitverschwendung gewesen, es gebe nichts zu finden, er solle seine Obsession vergessen und wieder zur Tagesordnung übergehen. Aber ehrlich hatte sie nicht geklungen.
    Irgendwie hatte Pomona sie in ihren Bann geschlagen. Mai war die cleverste Frau, die er kannte. Er respektierte sie sehr, was sogar der Liebe nahe kam, die er jemals für eine Frau empfunden hatte. Aber sie hatte es zugelassen, von ihr in den Bann geschlagen zu werden.
    Er drehte sich auf seinem Stuhl herum und sah zur Theke.
    Sie war wie immer an ihrem Platz und anscheinend in ihre Tätigkeit vertieft. Aber schon in der nächsten Sekunde hob sie den Blick und sah ihn an. Bis vor kurzem war er stolz gewesen auf diese seine Fähigkeit, ihr seinen anklagenden Blick aufzuzwingen, seit einigen Tagen aber fragte er sich plötzlich, ob diese Blickkontakte nicht eher auf ihre präkognitiven Fähigkeiten zurückzuführen waren als auf seine Willenskraft.
    Er brach den Kontakt ab und wandte

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