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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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wenn ihr medizinischer Zustand bei ihrem Tod keine Rolle spielte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass es Hat tröstete, wenn er wusste, dass er sie sowieso verloren hätte; aber sie konnte sich vorstellen, wie er sich fühlte, wenn er erfuhr, dass sie ihren wahren Gesundheitszustand vor ihm verborgen gehalten hatte.
    Aber wenn es sein musste, musste es eben sein.
    Dann sah sie das Reh, das links von ihr über das Feld auf die Straße zugelaufen kam.
    Es bewegte sich sehr schnell, vermutete sie, ihrem trägen Blick aber erschien es als gemächlicher Gang.
    Sie erinnerte sich, mit Hat zum Stang Tarn gefahren zu sein, als vor ihnen auf der Straße ein Reh auftauchte, worauf sein kleiner MG ins Schleudern geriet und schließlich auf der Grasbankette zum Stehen kam; dabei waren in ihr Erinnerungen geweckt worden, die zwischen ihr und Hat eine gefährliche Nähe entstehen und sie zum ersten Mal – und bereits zu spät – an das Glück denken ließen.
    Glück, sie hatte es erfahren, wenngleich es nur von kurzer Dauer und von anderem überschattet war.
    Mit einem Reh hatte es begonnen, mit einem Reh würde es enden.
    Das war gut. Hat würde sich daran erinnern, Muster wie diese, vom Schicksal entworfen, sind ein Trost für die Verzweifelten. Wir klammern uns an alles, was uns die Hoffnung gibt, dass das anscheinend Sinnlose einen Sinn hat, dass das anscheinend Endgültige nur ein Innehalten vor dem Neuanfang ist.
    Das Reh erreichte die Hecke und sprang darüber hinweg, eine Bewegung von solcher Schönheit, von solcher Vollkommenheit, dass ihr Herz darüber aussetzte.
    Dann war es auf der Straße. Sie riss das Lenkrad herum, trat leicht auf die Bremse, um dem AA -Mann, der nun in Sichtweite war, eine glaubwürdige Reaktion vorzugaukeln, und steuerte mit nahezu unverminderter Geschwindigkeit auf die andere Straßenseite zu. Dennoch, in ihrer außerzeitlichen Welt fühlte sich die Annäherung an den Baum, der sie töten würde, so langsam an, dass sie deutlich den zerfurchten, vernarbten Stamm erkannte und voller Freude wusste, dass es dieselbe Buche war, unter der der Bouzouki-Junge den Tod gefunden hatte.
    Selbst der Eintritt des Todes, den der Coroner als sofortig beschrieb, dauerte für sie lange genug, um die Linie zu sehen, die es zu überschreiten galt. Auf der einen Seite kniete Hat, er sah blass und verzweifelt aus, auf der anderen standen Sergius und der Bouzouki-Junge, sie überlappten sich und gingen ineinander auf und hießen sie lächelnd willkommen.
    Dann war es dunkel, und im Kontrollraum von Praesidium Security, wo Hat abkommandiert war, um den Weg des Wagens zu verfolgen, der den Schatz transportierte, wurde es ebenfalls dunkel.
    »Was ist los mit Ihnen?«, wollte Berry wissen, der Firmenchef, der besorgt zum jungen DC blickte, der sich von seinem Stuhl erhoben hatte und sich mit beiden Händen an sein blasses Gesicht fasste.
    »Ich weiß nicht. Nichts. Gab es nicht gerade einen Stromausfall?«
    »Was? Das hätte ich doch gemerkt.«
    »Nein, irgendwas war … sehen Sie! Das Signal ist verschwunden.«
    Berry sah zur computerisierten Karte, lächelte und begann zu zählen. »… vierzehn, fünfzehn, sechzehn, siebzehn … hier ist es wieder!«
    Ein Blinkpunkt war auf dem Bildschirm aufgetaucht und bewegte sich in südliche Richtung.
    »Das ist die Estotiland-Unterführung«, sagte er. »Die hält das Signal ab. Dauert meistens zwischen zwölf und zwanzig Sekunden, je nach Verkehr. Auf jeden Fall kein Grund, um sich in die Hosen zu machen. Ihre Top-Verbrecher wollen den Wagen auf dem Rückweg mit dem Schatz an Bord überfallen, nicht den leeren Wagen auf dem Hinweg. Hat man Ihnen an der Polizeischule denn gar nichts beigebracht?«
    Hat antwortete nicht. Es fühlte sich an, als sei etwas in seinem Kopf gelöscht worden. War es möglich, dass man in seinem Alter einen Gehirnschlag erlitt? Aber er war nicht halbseitig gelähmt, sein Mund zuckte nicht, nichts deutete darauf hin, dass die Verbindung zwischen Gedanke und Sprache verloren gegangen war.
    Trotzdem, etwas war verloren gegangen.
    »Sie sehen wirklich nicht gut aus«, sagte Berry bei näherem Hinsehen. »Setzen Sie sich, Junge, ich bring Ihnen eine Tasse Tee. Sie haben sich doch nicht von jemandem diese Kung Flu eingefangen?«
    »Was? Doch. Den DCI hat’s erwischt.«
    »Das wird’s wohl sein. Wie alt ist Ihr DCI ? Ich hab gehört, sie kann tödlich verlaufen.«
     
    Peter Pascoe aber ging es wieder sehr viel besser.
    Zum ersten Mal seit fünf

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