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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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wegen meiner Aufregung über die Welt des Profits und der Glückseligkeit, die sich mir anscheinend auftat. Doch dann fand eine plötzliche und völlige Umkehrung statt …
mächtig im Geist/Die Freude, die größer nicht sein kann,/So hoch man steigt im frohen Überschwang,/Wenn dunkler Trübsinn naht, so tief sinkt man.
Weswegen, lieber Mr. Pascoe, mein alter Wordsworthscher Egelsammler, ich mich jetzt aufrecht gegen mein Kissen drücke und Ihnen diese Worte niederschreibe. War es richtig, dass ich Albacore nachgegeben habe? In meinem letzten Brief war ich mir sicher, Ihre Zustimmung zu erhalten. Nun bin ich mir gleichermaßen sicher, dass Sie mit Ihren strengen Prinzipien und unverrückbaren moralischen Überzeugungen mich für meine Käuflichkeit verachten. Es ist mir überaus wichtig, dass Sie meine Seite verstehen. Ich bin hier ein unschuldig Verirrter, ein Pygmäe, der mit Riesen die Lanzen kreuzt. Es ist uns nicht immer gegeben, dass wir uns die Mittel unseres Aufstiegs aussuchen können. Auch Sie müssen manchmal dieses Gefühl in Ihrer Beziehung zum polygnathosen Dalziel verspüren. Sie dürften sich sicherlich gelegentlich gewünscht haben, dass die funkelnden Auszeichnungen Ihrer Karriere nicht von der Gnade seinesgleichen abhängen. Durch unwürdiges Betragen gelangt man zu Würden. Auch geschieht es zuweilen durch Schlechtigkeit.
    Wenn ich Sie daher anscheinend um Ihren Segen bitte, dann desweg
     
    Wieder eine Unterbrechung!
    Zu welchen Seifenopern sich meine Briefe doch entwickeln, jeder Teil endet am gerade spannendsten Moment!
    Und welch eine sich zuspitzende Unterbrechung diesmal, gleichrangig mit den Schlussepisoden von Serien wie
Emergency Room
, die den »Was passiert als Nächstes«-Appetit derart anzuregen verstehen, dass man dem Ende der Sommerpause so hungrig wie nie zuvor entgegenfiebert.
    Aber ich darf nicht frivol werden. Was wir hier haben, ist keine Seifenoper, sondern Realität. Und eine tragische noch dazu.
    Es war das ängstliche Gebimmel einer Glocke, das mich ablenkte.
    Ich sprang aus dem Bett und stürzte zum offenen Fenster. Seit meinem Aufenthalt im Syke schlafe ich immer, zu jeder Jahreszeit, bei geöffnetem Fenster. Im Innenhof konnte ich nichts entdecken, rechts von mir aber hörte ich anwachsenden Tumult. Als ich den Kopf in die Nachtluft hinausreckte, kam es mir vor, als wäre die dunkle Silhouette der Gebäude, die an dieser Seite an den Hof angrenzen, im rosigen Schein der Dämmerung in den Himmel gestanzt.
    Nur dass es dafür noch viel zu früh war und ich außerdem nach Norden blickte.
    Ich ließ mir kaum die Zeit, in meine Schuhe zu schlüpfen und einen Regenmantel über die Schultern zu ziehen, und eilte in die Nacht hinaus.
    O mein Gott, welch ein Anblick, als ich vom Quästoren- zum Dekanshof kam!
    Es war das Dekansquartier, kein Hort der Schönheit mehr, sondern ein hockendes, hässliches, marodierendes Monster; lange Flammenzungen loderten aus den unteren Fenstern und leckten begierig an der Fassade.
    Ich hastete vorwärts, bemüht zu helfen, und wusste doch nicht, was tun. Feuerwehrleute schleppten Schläuche von ihrem Fahrzeug, das sich unter einem gotischen Bogen, der einzigen Zufahrt zu diesem Teil des College, verkeilt zu haben schien, manche trugen Atemmasken, sie schwärmten um mich herum aus, in akuter Zweckgerichtetheit, die den selbstbewussten Profi auszeichnet.
    »Was um Gottes willen ist hier geschehen?«, rief ich einem zu, der neben mir stehen geblieben war, um einen beurteilenden Blick auf die Szenerie zu werfen.
    »Ein alter Bau«, sagte er lakonisch. »Viel Holz. Konnte drei Jahrhunderte lang austrocknen. Solche Gebäude brennen wie Zunder. Wer sind Sie?«
    »Ich bin ….« Wer war ich?
    Plötzlich wusste ich es nicht mehr. »Ich bin hier bei der Konferenz.«
    »Ah«, sagte er und verlor das Interesse. »Ich brauche jemanden, der weiß, ob sich dort drin Personen aufhalten.«
    »Das weiß ich«, beeilte ich mich zu sagen.
    Es stellte sich heraus, dass er der Stellvertreter des Feuerwehrhauptmanns war, ein, was seine scharf geschnittenen Gesichtszüge anbelangte, gut aussehender junger Mann.
    Ich erzählte ihm, dass Sir Justinian und Lady Albacore, soweit ich wusste, die einzigen Bewohner des Gebäudes seien, und versuchte ihm aus der Erinnerung an unsere Besichtigungstour anzuzeigen, wo sie sich vermutlich befanden. All dies wiederholte er in sein Funkgerät. Während wir sprachen, hatte das Feuer hinter ihm die oberen Stockwerke erreicht. Mir

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