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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Ursprungs und wurden von Familienangehörigen gepflegt und zum Todestag mit Blumen geschmückt. Ein kalter Wind wisperte im langen Gras, eine jagende Katze miaute leisen Protest, nachdem sie in ihrer geduldigen Wache gestört worden war, bevor sie sich fortschlich.
    In der Ferne nahm sie den Schein der bevölkerungsreichen Stadt wahr und hörte das Plappern ihres Verkehrs, diese Lichter und Töne aber hatten nichts mit ihr zu tun. Sie stand wie ein Geist in einer Geisterwelt, deren Unkörperlichkeit jetzt ihr angemessenes Medium war. Mochte die Erinnerung an diesen anderen Ort an ebendiesem anderen Ort verbleiben, die Gesetze der Physik, nach denen die Sterblichen über die Erde wandeln und fahren und fliegen und nach denen die Erde selbst und alle Planeten und alle Sterne in ihrem Taumel einander umschwirren, waren nur noch die Träume einer Amöbe. Sie fühlte sich, als könnte sie zum hohen Turm hinaufschweben und dann, ein kleiner Schritt nur, zum unsichtbaren Mond hinübersteigen.
    Dummes Stück!, sagte sie zu sich selbst und versuchte sich in ihren Zorn zu flüchten. Serges Asche loszuwerden bedeutete einen Schritt weg von diesem ganzen dummen Zeug!
    Und mit einer Reihe von hektischen Bewegungen schüttelte sie den Staub aus dem Hoover-Beutel.
    Der Wind erfasste ihn, kurz sah sie den feinen Puder in der Luft herumwirbeln und kreiseln, als versuchte er sich zusammenzuballen und sich wieder zu einer lebenden Gestalt zu formen.
    Dann war er weg.
    Sie drehte sich um und konnte es kaum erwarten, den Ort zu verlassen.
    Und schreckte zusammen, als sie eine Gestalt erblickte, neben ihr ein alter Grabstein, der zur Seite geneigt war, als hätte ihn jemand soeben weggeschoben, um dem Grab entsteigen zu können.
    »Tut mir Leid«, sagte eine Stimme. »Ich wollte Sie nicht erschrecken, aber ich hab mir Sorgen gemacht … alles in Ordnung?«
    Nicht Serge! Eine Frau. Sie war erleichtert. Und enttäuscht? Mein Gott, hörte das denn nie auf?
    »Ja, bestens. Warum fragen Sie? Und wer zum Teufel sind Sie?«
    Wenn sie abgehackt sprach, fiel es ihr leichter, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten.
    »Mrs. Rogers … ich glaube, wir sind Nachbarn … Sie sind Ms. Pomona, oder?«
    »Ja. Meine Nachbarin, sagen Sie?«
    Ihre Augen hatten sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt, sie konnte die Gesichtszüge der Frau ausmachen. Mitte bis Ende dreißig vielleicht, ein rundes Gesicht, nicht unattraktiv, aber nichts Bemerkenswertes; ihre Miene eine Mischung aus Verlegenheit und Besorgnis.
    »Ja. Aber erst seit letzter Woche. Wir sind uns noch nicht begegnet, aber ich hab Sie ein paar Mal in Ihre Wohnung gehen sehen. Ich bin gerade vorbeigekommen und hab Sie bemerkt … tut mir Leid … es geht mich nichts an … tut mir Leid, wenn ich Sie erschreckt habe.«
    Sie lächelte nervös und wollte sich abwenden. Kein einziges Mal war ihr Blick zum Hoover-Beutel geschweift – was mit einer ziemlichen Anstrengung verbunden sein musste, dachte Rye. Wenn man sah, wie jemand seinen Staubsaugerbeutel auf dem Friedhof entleerte, hatte man alles Recht sich zu fragen, ob etwas nicht stimmte!
    »Nein, warten Sie«, sagte sie. »Gehen Sie zum Church View zurück? Dann begleite ich Sie.«
    Sie ging neben Mrs. Rogers her. »Ich heiße Rye. Wie der Whisky. Tut mir Leid, dass ich so brüsk war, aber Sie haben mir einen ganz schönen Schreck eingejagt.«
    »Ich bin Myra. Das wollte ich nicht, aber alles an so einem … Ort, sogar ein höfliches Räuspern klingt ein wenig unheimlich!«
    »Vor allem ein höfliches Räuspern«, sagte Rye lachend. »In welcher Wohnung sind Sie denn?«
    »Auf der anderen Seite von Ihnen, gegenüber Mrs. Gilpin.«
    »Ach, Sie haben Mrs. Gilpin schon kennen gelernt. Na, kein Wunder. Es dürfte ziemlich schwierig sein, sie nicht kennen zu lernen.«
    »Ja«, lächelte die andere. »Sie schien … sehr interessiert zu sein.«
    »Oh, das ist sie.«
    Sie waren am Tor. Auf der anderen Straßenseite sahen sie eine Gestalt, die vor der Eingangstür zum Church View stand. Es war Hat.
    Rye blieb stehen. Sie wollte ihn sehen, wollte aber von ihm nicht gesehen werden, nicht wenn sie mit einem Hoover-Beutel in der Hand vom Friedhof kam.
    »Ist das nicht der Detective?«, sagte Mrs. Rogers.
    »Detective?«
    »Ja, der, der schon mal da war und gefragt hat, ob wir am Wochenende eine verdächtige Person im Gebäude gesehen hätten.«
    »Ach,
der
Detective«, sagte Rye kühl.
    Sie beobachtete Hat, bis er auf der Straße außer

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