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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Sichtweite war, dann öffnete sie das Tor.
    »Und haben Sie jemanden gesehen?«, fragte sie.
    »Na ja, einen Mann, vergangenen Samstagmorgen. Ich hab ihn kaum bemerkt, Mrs. Gilpin schien ihn wohl besser beobachtet zu haben.«
    »Ich bin erstaunt. Hören Sie, haben Sie Lust, auf einen Kaffee reinzukommen? Falls Ihr Mann nicht auf Sie wartet …«
    »Das tut er nicht mehr«, sagte Myra Rogers. »Deshalb habe ich mir auch eine neue Wohnung suchen müssen. Ja, ein Kaffee wäre nett. Haben Sie vor, diesen Beutel noch mal zu benutzen?«
    Sie waren vor dem Eingang, Mrs. Rogers blickte ostentativ zur Treppe in den Keller, wo die Mülltonnen standen.
    »So tief ist mein Haushalt noch nicht gesunken«, sagte Rye lächelnd.
    Sie nahm den Deckel von einer Tonne und warf den leeren Beutel hinein.
    »Und jetzt zu unserem Kaffee«, sagte sie.

4. Brief, erhalten: Dienstag, 18. Dez., per Post
    Sonntag, 16. Dez.
Nacht,
irgendwo in England,
auf dem Weg nach Norden
    Lieber Mr. Pascoe,
     
    es ist nur wenige Stunden her, dass ich meinen letzten Brief an Sie aufgegeben habe, und doch scheinen bereits Lichtjahre vergangen zu sein! Zugreisen haben diese Wirkung, nicht wahr? Ich meine, sie lassen die Zeit still stehen.
    Sie werden sich erinnern, dass ich im Begriff war, in Begleitung von Professor Dwight Duerden von der Santa Apollonia University, CA , Cambridge zu verlassen. Auf der Fahrt nach London unterhielten wir uns natürlich über die jüngsten unerfreulichen Ereignisse am God’s, wobei Dwight erneut darauf zu sprechen kam, wie Gutes sich aus Schlechtem entwickeln könne, und mich drängte, zumindest zu versuchen, Sams Buch allein fertig zu stellen und nach einem neuen Verleger Ausschau zu halten. Da er sich in den Semesterferien an der St. Poll aufhalten würde, versprach er mir zum wiederholten Mal, dass er sich bei seinem Universitätsverlag erkundigen wolle. Als wir das Ritz erreichten, tauschten wir Adressen aus, wünschten uns alles Gute, und er wies seinen Chauffeur an, mich dorthin zu bringen, wohin ich wollte.
    Ich war via London nach Cambridge gereist und hatte die Nacht in Lindas Wohnung in Westminster verbracht, und statt nun das Fegefeuer einer sonntäglichen Zugfahrt zu riskieren, beschloss ich, erneut ihre Freundlichkeit in Anspruch zu nehmen, weshalb ich dem Fahrer sagte, mich dort abzusetzen. Die Wohnung ist ein Überbleibsel aus Lindas Zeit als Unterhausabgeordnete, bevor sie ihre Schwingen ausbreitete und nach Europa flog. Sie ist recht klein – ein winziges Schlafzimmer und ein noch winzigeres Wohnzimmer plus Dusche –, doch einigermaßen komfortabel und günstig gelegen. Da sie einen längerfristigen Mietvertrag hatte, beschloss sie, sie als Zweitwohnung zu behalten. Ein altes Weib, das im Souterrain eine troglodytische Existenz führt, verwaltet den Zweitschlüssel, und wenn man auf der Liste der bevorzugten Freunde steht, bietet die Wohnung einen hübschen, zentralen Anlaufpunkt, an dem man bei einem Besuch in der Stadt sein Haupt betten kann.
    Bei meinem ersten Aufenthalt hatte die finster dreinblickende Alte einen dreifachen Beweis meiner Identität verlangt. Diesmal wurde ich freundlicher empfangen, stellte allerdings schnell fest, dass dies auf ihr Vergnügen zurückzuführen war, mir erzählen zu können, dass ich zu spät dran sei; das Apartment war bereits belegt.
    Das ist das Problem mit großzügigen Menschen, sie sind so wenig wählerisch.
    Ich wandte mich ab, als sie noch Salz in meine Wunden reiben wollte und mir klar machte, es sei völlig sinnlos, sich irgendwo auf eine Parkbank aufs Ohr zu hauen und am Morgen zurückzukommen.
    »Es ist Miss Lupins ausländischer Freund, ein Kirchenmann«, sagte sie. »Er wird mehrere Tage bleiben.«
    »Doch nicht Frère Jacques?«, sagte ich. »Ist er da? Ich muss ihm Guten Tag sagen.«
    Bevor sie darauf etwas erwidern konnte, rannte ich bereits die Treppe hoch.
    Ich musste zweimal klopfen, bevor Jacques die Tür öffnete. Er trug eine Freizeithose und eine Strickweste und sah ein wenig zerzaust aus. Als er mich jedoch erblickte, zeigte er ein breites Lächeln, und ich trat ein, ohne auf eine Einladung zu warten. Und blieb wie angewurzelt stehen, als ich sah, dass er nicht allein war.
    Eine junge Frau saß auf dem einzigen Lehnstuhl.
    Nun ist Jacques unzweifelhaft ein heiliger Mann, aber auch, soweit ich dies zu beurteilen vermag, ein Mann, in dessen Adern das Testosteron ungehemmt fließen darf. Es hätte mich daher nicht überrascht, wenn seine

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