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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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schweifen. »Viel heller.«
    »Ja. Trotzdem, er ist noch da.«
    »Meinen Sie? Stört Sie das?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein«, sagte sie. »Das hat man mich auch gefragt, nicht direkt natürlich, aber man wollte mich versetzen. Und ich sagte Nein, das ist genau die Stelle, die ich haben möchte. Verstehen Sie, ich habe Dick immer gemocht. Er war nett zu mir. Außer … na ja. Außer. Wenn ich vielleicht an jenem Tag nicht an den See rausgefahren wäre … viele Vielleicht, was? Aber hier in der Bibliothek, da erinnere ich ihn immer als einen guten Freund.«
    Sie beeilte sich, den Kaffee zu machen, in den dunklen Augen aber, sah er, standen Tränen.
    »Er musste gestoppt werden«, sagte Dalziel. »Was mit Ihnen geschehen ist, hat ihn gestoppt. Da gibt’s keinen Grund, sich schuldig zu fühlen, Liebes. Aber ich weiß, wie Ihnen zumute ist. Zweimal hatte ich bislang jemanden einzubuchten, bei dem ich es nur ungern getan habe. Nur zweimal, verstehen Sie. Meistens bin ich froh, wenn ich sie die Kerkerstufen runterschubsen und hinter ihnen die Tür zuknallen kann. Aber bei diesen beiden denke ich mir manchmal, wenn ich mich vielleicht ein wenig anders verhalten, vielleicht weggeblickt hätte, wäre es mir erspart geblieben … Aye, dieses Vielleicht, das ist kein Zustand, in dem man eine Winternacht verbringen möchte. Ich nehme meinen schwarz.«
    Rye war mit der Kaffeezubereitung fertig, und als sie vor ihm die Tasse abstellte, hatte sie sich wieder im Griff.
    »Also, abgesehen davon, dass ich ein ehemaliges Verbrechensopfer bin und das Püppchen von einem Ihrer Arbeitssklaven, wie kommt es, dass ich wegen eines kaum erwähnenswerten Delikts in den Genuss besonderer Aufmerksamkeit komme? Nach allem, was ich gehört habe, sind Sie doch bereits mit den schweren Fällen überlastet.«
    »Wir sind nie so überlastet, dass wir nicht Zeit finden, ein wenig Trost und Ermunterung zuzusprechen«, sagte Dalziel. »Hören Sie zu, ich geh davon aus, dass ich mit Ihnen offen reden kann. Dass Sie Opfer waren und überlebt haben, bringt Ihnen nicht nur Tee, Mitgefühl und Glückwünsche ein. Es kann Ihnen auch einige unerwünschte Aufmerksamkeit seitens aller möglichen Spinner eintragen. Dort draußen laufen Verrückte rum, die sich einbilden, dass Sie, nachdem Sie einmal angegriffen wurden, vielleicht auf den Geschmack gekommen sind. Oder dass es nun an ihnen ist, den zur Hälfte erledigten Job zu vollenden. Oder sie geilen sich daran auf, dass Sie, weil Sie ja schon mal Todesängste ausgestanden haben, nun völlig ausflippen, wenn es wieder passiert.«
    Rye war mit ihrer Tasse, die sich nur wenige Zentimeter von ihrem Mund entfernt befand, wie erstarrt.
    »Das nennen Sie Trost und Ermunterung?«, sagte sie. »Was machen Sie denn, wenn Sie mal eine schlechte Nachricht überbringen müssen? Schieben Sie dann ein amputiertes Bein durch den Briefschlitz in der Tür und brüllen ›es gab ’nen kleinen Unfall, Liebes‹?«
    »Wenn Sie es vorziehen, um den heißen Brei rumzureden, dann schick ich DCI Pascoe«, sagte Dalziel. »Ich bin noch nicht fertig. Das sind die Irren, und glücklicherweise kann ich sagen, dass es von denen nicht allzu viele gibt. Aber es gibt da noch eine andere Fraktion. Und die nimmt an, dass nicht Sie das Opfer sind, sondern irgendein anderer, einer, der im Gefängnis sitzt oder, wie in Ihrem Fall, umgebracht wurde. Die denken, was diesem Typen zustieß, das ist Ihre Schuld. Leuchtet doch ein, oder? Sie sind am Leben, und er ist tot. Siech Proboscis.«
    Rye interpretierte das als
sic probo
, war aber klug genug, ihn nicht auf die Probe zu stellen, ob die Variante spaßig gemeint war oder auf Ignoranz beruhte.
    »Ist«, sagte sie, »diese andere Kategorie eine große Kategorie, oder haben Sie jemand Bestimmten im Sinn?«
    »Wenn ich Ihnen einen Namen in den Mund lege, wäre ich meinen Job nicht wert«, sagte Dalziel rechtschaffen. »Aber wenn Sie einen Namen erwähnen, wäre es meine Pflicht, dem auf den Zahn zu fühlen.«
    Es gefiel ihm, wie sie ohne zu zögern antwortete.
    »Charley Penn«, sagte sie. »Seinetwegen schnüffeln wir hier doch rum, oder? Zwei meiner Nachbarinnen haben ihn gesehen, oder jemanden, auf den seine Beschreibung zutrifft, aber das wissen Sie ja. Gut, ich werde darüber reden, aber eines sollte klar sein. Ich werde keine Anzeige gegen ihn erstatten. Und ich werde abstreiten, dass wir uns hier unterhalten haben, falls Sie versuchen sollten, es in die Akten aufzunehmen.«
    »Was

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