Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
gefüllten Holzvierecken erbaut, ins rechte Licht rückte. Die Straße verlief entlang eines Flusses. Lustlos zupfte Jeanne auf ihrer Laute und sah hin und wieder zum Wagenfenster hinaus. Mittlerweile hatte sie sich an das Schaukeln gewöhnt, und es machte ihr nichts aus, wenn die Räder in Schlaglöcher gerieten und der Wagen zur Seite kippte. Geschickt fing sie ihr Gewicht
ab und vermied es, Cosmè zu berühren, der ihr gegenübersaß. Seit ihrer Hochzeitsnacht hatte er seine ehelichen Rechte dreimal in Anspruch genommen. Da sie sich nicht dagegen wehren konnte, lag sie möglichst still und wartete, bis er seine Sache erledigt hatte.
    Sie drehte den Federkiel und schlug damit über die Saiten, so dass die Akkorde voll ertönten, doch die Töne konnten ihren Widerwillen gegen die körperliche Begegnung mit Cosmè nicht fortwischen. Es gab niemanden, dem sie von dem Ekel erzählen konnte, den sie empfand, wenn ihr Ehemann sich auf sie legte und sie die Essensreste in seinem Bart riechen konnte. Und auch wenn sie sich das nur ungern eingestand, die Heirat hatte das vormals innige Verhältnis zu ihrem Vater getrübt. Sie konnte sich immer wieder jeden triftigen Grund vorbeten, es änderte nichts daran, dass ihr unverbrüchliches Vertrauen in ihn zerstört war. Bisher hatte er sie vor allem Übel beschützt, doch in dieser Ehe fühlte sie sich allein und verraten.
    Es war Jeanne durchaus bekannt, dass körperliche Liebe mit Freude verbunden sein konnte und dass dies auch zwischen Eheleuten möglich war. Sie betrachtete ihre Laute und zupfte nun leisere Töne. Fast zärtlich berührte sie die Saiten und dachte an ihre Mutter, ihr sanftes Lächeln und den Ausdruck von Hingabe und Liebe, wenn sie für ihren Vater gespielt hatte. Cosmè war meist mit einem seiner Kontobücher beschäftigt und rechnete Zahlenreihen auf. Er fand ihr Spiel zwar schön, doch schien es ihm mehr ein Attribut zu sein, das ihren Wert als Ehefrau steigerte. Am liebsten redete er über Handelsrouten, Waren und Kredite, wie eben jetzt.
    »Wisst Ihr, woher ich guten Honig und exquisite Felle beziehe?«, fragte der Kaufmann, um sich gleich selbst zu antworten. »Vom Schwarzen Meer. Lange Zeit hatten die Italiener dort ein Handelsmonopol. Ha! Das hat sich geändert! Wir rechnen zwar immer noch in sommi , Barren aus elf Unzen reinen Silbers, ab,
aber wir Franzosen haben ebenfalls Zugang zu den Schätzen des Orients. Von Trapezunt aus reisen meine Agenten nach Persien, Transoxanien und China.«
    Jeanne dämpfte die Saiten mit den Fingern. »China? Wie lange dauert es, bis man dort ist?«
    »Die längste Reise hat hin und zurück drei Jahre in Anspruch genommen«, meinte der Kaufmann nicht ohne Stolz.
    »Aber das ist doch mit enormen Kosten verbunden. Die Gefahren, Pferde, Packtiere, Zölle, was weiß ich nicht noch alles«, gab Jeanne zu bedenken.
    Etwas herablassend erklärte Cosmè: »Die eingekauften Güter sind natürlich von außerordentlich großem Wert. Aus China werden Edelsteine, allerfeinste Seidenstoffe und Perlen importiert. An den Grenzen tauschen wir Silber gegen Papiergeld, aber seit einigen Jahren ist es schwer geworden durch die Muselmanen. Die meisten asiatischen Güter werden über Alexandria ein- und ausgeführt. Ein interessanter und profitablerer Markt für budge , das sind spezielle Lederhäute, Bienenwachs und Eisen, findet sich im Maghreb.«
    »Wo ist das?«
    »Die Küste, die im Süden ans Mittelmeer grenzt. Dort gibt es Wüsten, die unvorstellbar heiß sind, und die Einwohner dort haben Kamele.«
    »Ah, das sind die Tiere mit einem Buckel. Ich habe solche Tiere auf einer Karte in Montpellier gesehen.« Jeanne verstummte, denn das war vor dem Tod ihrer Mutter gewesen.
    »Nun, im Maghreb zahlt man in Dinaren, und die Profite sind gut. Besser als am Schwarzen Meer. Immer vorausgesetzt, unsere Transporte werden nicht überfallen.«
    Der Kutscher rief nach hinten, dass sie in etwa zwei Stunden Hanau erreichen würden, die letzte Station vor Frankfurt, von wo aus sie über Worms, Metz und Reims nach Paris reisen wollten. Wenn sie nur erst in der Hauptstadt wären und die elendige
Fahrt, unterbrochen von quälend langen Nächten in Wirtshäusern, die kaum besser als Rattenlöcher waren, endlich ein Ende hätte!
    Ein Knall schreckte die Insassen der Kutsche auf. Endres erwachte aus seinem Halbschlaf, und Cosmè klappte sein Rechnungsbuch zu. »Was war das?«
    »Ein Schuss«, antwortete Jeanne trocken und wickelte ihre Laute in den

Weitere Kostenlose Bücher