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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Sack.
    Mit einem heftigen Ruck kam der Wagen zum Stehen, Rufe ertönten, es folgten ein zweiter Schuss und ein dumpfer Aufprall. »Wenn sie den Kutscher heruntergeschossen haben, stecken wir wohl in Schwierigkeiten«, bemerkte Jeanne sarkastisch.
    »Bedeckt Euer Dekolleté, Madame«, befahl Cosmè und wollte die Tür öffnen, da schaute eine Fratze zu ihnen herein. Außer blutunterlaufenen Augen und einer krummen Nase war in dem von wildem Bartwuchs überwucherten Gesicht nichts zu erkennen. Der Angreifer brüllte etwas in einem unverständlichen Kauderwelsch, wobei er gelbe Zähne entblößte und eine Pranke nach Jeanne ausstreckte, die schreiend zurückwich. Ihr Vater warf sich schützend vor sie, doch in der anderen Hand hielt der Söldner einen langen Dolch, mit dem er auf Endres’ Hände einhieb.
    »Vater, nein!«, schrie Jeanne, als sie sah, wie ihm die scharfe Klinge in die Hände schnitt. Cosmè drückte sich in eine Ecke und gab keinen Laut von sich.
    Auf Französisch schrie Jeanne: »Hör auf! Ich komme heraus!«, und kletterte aus dem Wagen.
    Er schien sie zu verstehen, denn er zog sich zurück, und ihr Vater sank stöhnend auf die Bank. Draußen bot sich Jeanne ein Bild des Schreckens: Die bewaffneten Knechte, die Cosmè zum Schutz engagiert hatte, lagen entweder dahingemetzelt auf dem Boden oder kämpften mit grausig aussehenden Gesellen. Bunte Hosen, Lederwesten, Gürtel, an denen Beutestücke jeglicher Art hingen, Streitäxte, Schwerter und Säbel, Pistolen und eine Armbrust
zeichneten die Mörderbande als jene gefürchteten Landsknechte aus, welche die Straßen seit Jahren unsicher machten. Es war nicht zu ersehen, welche Partei die Oberhand gewann, doch die Söldner gingen mit bestialischer Gewalt vor.
    Der Bandit, der sie aus dem Wagen gezerrt hatte, überragte sie um zwei Köpfe und hielt ihr Handgelenk mit festem Griff. Er schnitt ihr Kleid entzwei und riss ihr Mieder auf. Jeanne schrie und wehrte sich nach Kräften. Währenddessen durchtrennte ein anderer einem ihrer Knechte die Kehle, worauf jener mit gurgelndem Schrei zusammensackte. Ein Schwall Blut ergoss sich auf die Erde und floss bis zu Jeannes Rocksaum, der das dunkle Lebenselixier aufsog. Der riesige Kerl, der sie gepackt hielt, brüllte etwas, und erst jetzt erkannte Jeanne, dass nicht mehr als fünf Männer für den Überfall verantwortlich waren. Die Bande hatte den Platz gut gewählt, denn die Straße machte eine scharfe Kurve, welche der Flussbiegung folgte, und durch den dichten Baumbestand war das Gelände kaum einsichtig.
    Der Söldner zerrte sie hinter sich her und warf sie an einem Gebüsch rücklings zu Boden. »Nein!«, schrie Jeanne, drehte sich um und versuchte, auf allen vieren davonzukriechen, doch der Kerl hielt sie am Knöchel gepackt und zog sie zurück, als wäre sie nichts weiter als ein Sack Getreide. Der Untergrund war steinig, und als der grobschlächtige, schwere Kerl sich auf sie warf, schrie sie vor Schmerzen auf. Es bedurfte nur einer seiner Pranken, ihre Arme festzuhalten, und so sehr sie sich auch mühte, es gelang ihr nicht, ihm in die Hand zu beißen. Ihre Beine lagen wie festgenagelt unter seinem Gewicht, das im nächsten Moment von ihr genommen wurde.
    »Scher dich fort, Kleimann!«
    Sogleich erhob sich der Söldner, und Jeanne suchte angstvoll nach Mitleid in dem blutverschmierten Gesicht des Mannes, der in ihrem Blickfeld erschien. Mit zitternden Händen versuchte sie, ihr Mieder zusammenzuhalten und ihre Röcke zu ordnen, doch
der vermeintliche Retter erwies sich als Abgesandter der Hölle. Es war derjenige, der dem Knecht die Kehle durchtrennt hatte. Jeanne sah genauer hin und erstarrte - doch es war zu spät, er hatte sie ebenfalls erkannt. Hass loderte in seinen Augen auf, und Jeanne gefror das Blut in den Adern. »Franz!«, stammelte sie und wollte sich aufrichten, doch er stieß sie mit dem Fuß zurück auf den Boden.
    Er trug dieselben bunten Pluderhosen wie die anderen, dazu lange Stiefel und einen Gürtel mit silbernen Beschlägen und zahlreichen kleinen Beuteln. Den blutigen Dolch an den Hosen abwischend, stand er über ihr und grinste. »Endlich bist du da, wo du hingehörst - am Boden.«
    »Franz, ich flehe dich an. Verschont meinen Vater! Tut mit mir, was ihr wollt, aber lasst meinen Vater am Leben.« Sie rang die gefalteten Hände und weinte.
    »Geh, Kleimann. Lass den alten Mann im Wagen am Leben.«
    Plötzlich horchten die Männer auf. Pferdehufe und Schüsse waren zu vernehmen.

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