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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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erlittene Demütigung getilgt hätte. Langsam gewann Jeanne wieder die Kontrolle über ihren Körper, und mit den Gefühlen hielt der Hass auf ihren Peiniger Einzug. »Pest und Verdammnis über ihn!«, fluchte sie.
    »So ist es recht. Macht Eurem Zorn Luft. Es gibt nichts, dessen
Ihr Euch schämen müsstet«, sagte Hippolyt, der eine Verletzung über dem Auge davongetragen hatte, wie sie erst jetzt sah.
    Ihre Lippe war inzwischen so stark angeschwollen, dass sie nur undeutliche Worte formen konnte, doch ihre funkelnden Augen waren dafür umso beredter. Sie tupfte sich mit dem letzten sauberen Zipfel ihres Hemdes das Gesicht ab und drehte Hippolyt den Rücken zu, wo die Schnüre des Mieders herabhingen.
    Der Wundarzt zog an den Schnüren. »Ich werde es nicht stramm zurren, damit Ihr nicht ohnmächtig werdet.«
    Obwohl es warm genug war, legte Hippolyt ihr den Umhang um die Schultern und führte sie zum Wagen und dem Schauplatz des Kampfes. Aufgewühlte Erde, Blutlachen, ein abgetrennter Arm und der aufgeschlitzte Leib eines Knechts erzeugten ein Würgen in Jeannes Hals, dennoch setzte sie tapfer einen Fuß vor den anderen. Fliegen summten bereits über den Leichen und ließen sich auf den herausquellenden Gedärmen nieder. Das Blut wurde bereits dickflüssig, und ein widerwärtiger Geruch breitete sich aus. Sie entdeckte ihren Vater auf dem Boden neben der Kutsche. Seine Hände waren mit Tuchstreifen umwickelt, und er hatte den Kopf suchend in ihre Richtung gedreht. Mühsam erhob er sich und öffnete die Arme. »Mignonne!«
    Schluchzend barg sie sich an seiner Brust und ließ sich von seinen liebevollen Worten trösten.
    Vorsichtig tippte ihr jemand auf die Schulter. »Euer Gemahl ist verwundet. Hier drüben.« Gerwin stand mit ernster Miene neben ihnen.
    Cosmè Paullet saß auf einem Baumstumpf und hielt ein Bein ausgestreckt, dessen Knie mit einem dicken Verband umwickelt war. »Verfluchter Pistolenschuss!«, murrte er, als er Jeanne sah. Mit zusammengekniffenen Augen musterte er sie. »Seid Ihr …?« Es schien ihm schwerzufallen, die richtigen Worte zu finden.
    Jeanne nickte nur, während ihr die Tränen über die Wangen liefen und sie sich an den Arm ihres Vaters klammerte.

    Mit finsterem Blick murmelte Cosmè: »Wir sprechen später darüber. Begebt Euch in den Wagen. Wir müssen weiter. Nicht auszudenken, wenn diese guten Männer uns nicht geholfen hätten.«
    Der Innenraum der Kutsche reichte gerade aus, um Jeanne, Cosmè, Endres, einen verletzten Knecht und Gero, der trotz seiner Verwundung gekämpft und dessen Zustand sich dadurch deutlich verschlechtert hatte, aufzunehmen. Jeanne kauerte sich neben ihren Vater, durch dessen Verbände Blut sickerte. »Diese Bestie hatte dich fortgeschleppt, dann haben sie mich aus dem Wagen gezerrt, und Cosmè wurde von einer Kugel ins Knie getroffen.«
    »Wahrscheinlich bleibt es steif!«, beschwerte sich der Kaufmann.
    »Ich habe nach dir gerufen, aber einer hat mir einen Tritt verpasst, und ich … Es tut mir so leid, Jeanne«, entschuldigte sich ihr Vater.
    »Du hast dir nichts vorzuwerfen, Vater, du nicht«, flüsterte sie. Für Cosmè jedoch, der nur sein eigenes Unglück sah, hatte sie nichts als Verachtung übrig.
    Endres räusperte sich. »Das Gemetzel war in vollem Gange, und wir befürchteten schon das Schlimmste, als dieser Wundarzt mit seinen Begleitern auftauchte. Und ich muss sagen, Jeanne, der Mann versteht es, einen gezielten Schuss abzugeben! Gerwin, an den ich mich jetzt gut entsinne, in Dresden sind wir ihm begegnet, nun, dieser feine Mensch hat seinen Degen geschwungen wie kein Zweiter!« Sein Blick wanderte zu Gero, der mit halb geschlossenen Lidern vor sich hin dämmerte. »Und jener tapfere Mann hat mit Degen und Knüppel auf die Mörderbrut eingeschlagen, dass es nur so krachte! Dabei war er bereits angeschlagen, denn die Herren sind vor zwei Tagen von derselben Bande überfallen worden.«
    Jeanne beugte sich dicht an das Ohr ihres Vaters. »Es war der Wille des Teufels, dass Franz zu diesem Mordgezücht gegangen ist.«
    Endres riss entsetzt die Augen auf. »Mein armes Kind, o Gott,
mein armes Kind. Ich habe dich nach Sachsen gebracht … Gott, vergib mir …«
    »Wir sind alle in Gottes Hand, Jeanne. Nur in der Hand Gottes. Vergesst das nicht. Betet für Eure unsterbliche Seele und seid ohne Hass«, sagte Cosmè salbungsvoll und betastete theatralisch sein Knie.
    Jeanne schnaubte und wandte den Blick zum Fenster, vor welchem Gerwin auf einem

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