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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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dieses Land ist mit den köstlichsten Trauben gesegnet, die ich je gekostet habe. Und vor allem verstehen die Franzosen es, daraus edle Tropfen zu keltern. Selbst der einfachste Tafelwein schmeckt hier gut und nicht wie das deutsche Essigwasser, das wir zu oft trinken mussten.«
    In einvernehmlichem Schweigen hingen sie ihren Gedanken nach. Die Dunkelheit senkte sich über das Périgord Vert, und die Mönche läuteten die Glocken in ihrem massiven kleinen Kloster.
    »Du hast dich gut gemacht, Gerwin. Es ist an der Zeit, dass ich dir zeige, wie du deine Kräfte besser einteilen und damit heilen kannst.«
    Überrascht suchte Gerwin in der zunehmenden Dunkelheit die Züge seines Freundes zu deuten.
    »Deine Kräfte lenken zu lernen ist nicht leicht, es wird dich Monate, Jahre kosten, sie vollkommen zu beherrschen, doch es gibt einen Weg, wie du sie bündeln kannst. Du musst Geist und Körper in Einklang bringen. Es liegt alles in dir. Schau her. Setz dich hin, wie ich sitze.«
    Hippolyt hatte die Beine überkreuzt und das Kreuz aufgerichtet. »Was ich dir erkläre, habe ich vor vielen Jahren von einem Mönch aus einem Land an der Seidenstraße gelernt. Man nennt es Meditation. Diese jahrtausendealte Fertigkeit ist ein Instrument, den Geist zu größtmöglicher Leistung zu bringen. Du lernst, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen und nur die
kraftvollen Gedanken zuzulassen. Vorhin hast du mich nach dem Opium gefragt. Durch die Meditation kannst du einen Zustand rauschhafter Losgelöstheit erreichen, der unendlich viel wertvoller ist als ein Opiumrausch. Du lernst durch die Meditation, deine Ängste, Zweifel und Sorgen zu beherrschen. Es wird nicht leicht und erfordert unbedingte Hingabe. Doch ich glaube, dass du jetzt so weit bist.«
    »Ich verdanke dir so viel, Hippolyt, und ich will dich nicht enttäuschen. Manchmal, wenn ich einen Kranken anfasse, werden meine Hände warm, und ich glaube, dass es dem anderen dann guttut, aber ich kann es nicht lenken. Meinst du das mit dem Meditieren?«
    »Eins bedingt das andere. Übe dich in Geduld und verlange nicht zu viel von dir. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.« Hippolyt beugte sich vor und griff nach Gerwins Händen. Leise flüsterte er ihm etwas ins Ohr und sagte dann: »Wiederhole es, Wort für Wort.« Er sah sich um und vergewisserte sich, dass sie allein am Ufer waren.
    Gerwin wiederholte das lateinische Gebet und die uralten Reime.
    »Und wenn du das nächste Mal die Wärme in den Händen spürst, murmelst du diese Formel. Es ist kein Zauber, aber die Nichtwissenden würden es dafür halten. Diese Worte gehen nur von Heilermund zu Heilerohr.«
    Die Soldaten hatten Trinklieder angestimmt, die sich mit kratzenden Stockgeigen und Trommeln mischten. Die beiden Männer erhoben sich, und Hippolyt klopfte Gerwin auf die Schulter. »So, und für heute ist das genug. Wir sollten uns hinlegen. Wer weiß, was der morgige Tag bringt.«
    Seite an Seite gingen sie hinauf zum Kreuzgang des Krankenhauses, das über ein separates Aderlasshaus und sogar eine Kapelle für die Kranken verfügte. Der Kommendatarabt von Brantôme war Pierre de Bourdeille, ein geistreicher und unterhaltsamer
Mann, der sich umsichtig um die Abtei und seine Lehen kümmerte. Sie fanden ihn im Gespräch mit Heinrich von Navarra und Filippo Strozzi. Die Männer saßen auf den niedrigen Mauern des zur Mitte offenen Kreuzgangs.
    Bourdeille winkte ihnen zu. »Messieurs!«
    Der Edelmann trug Polsterhosen und eine Halskrause zum kurzen Wams, während die an das Soldatenleben gewöhnten Herren Heinrich und Filippo offene Hemden zu Kniehosen trugen. Filippo Strozzi schien mit Bourdeille befreundet, was nicht verwunderte, gehörten sie doch derselben Partei an. Gerwin dachte nicht zum ersten Mal, dass dies wahrlich ein seltsamer Krieg war, in dem Gefangene gemacht wurden wie Strozzi, die nicht wie Gefangene behandelt wurden, und Besiegte wie der Herr von Brantôme, die sich nicht wie Besiegte, sondern wie Gastgeber verhielten.
    Hippolyt deutete eine Verbeugung an, und Gerwin hielt sich einen Schritt hinter seinem Meister. »Guten Abend, Messieurs.«
    »Die Brüder sind voll des Lobes über Eure Arbeit hier, Medicus. Wollt Ihr nicht bleiben? Ich könnte einen guten Arzt brauchen und zahle ein anständiges Salär«, sagte Bourdeille freundlich.
    »Dank Euch, Monseigneur, aber anderenorts bedarf man unserer Hilfe mehr«, erwiderte Hippolyt. »Bevor wir uns zur Ruhe begeben, möchten wir noch einmal nach den

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