Die Lautenspielerin - Roman
der schönen Künste mit einer Vorliebe für Chronometer«, sagte Bianca und blieb vor einem runden Tisch stehen, auf dem eine mit Edelsteinen besetzte Uhr stand.
»Sehr hübsch«, sagte Jeanne und dachte an die Nürnberger Taschenuhr, die ihr von Cosmè zur Hochzeit geschenkt worden und die bei dem Überfall verloren gegangen war. Kein großer Verlust, wie Jeanne fand, die nun ein dreieckiges Tasteninstrument auf der anderen Seite des Raumes entdeckt hatte.
Bianca folgte ihrem Blick und ging mit Jeanne zu dem reich mit Einlegearbeiten verzierten Instrument. »Ihr seid doch Musikerin. Darf ich Euch das Clavecin zeigen, welches eine Neuerwerbung Ihrer Durchlaucht aus Brügge ist?«
»Verzeiht, Madame, Antwerpen. Dieses Clavecin kommt aus Antwerpen, wo es von der ehrenwerten Familie Ruckers gebaut wurde«, berichtigte sie ein junger Mann mit halblangen blonden Locken. Seine verträumten grünen Augen waren mehr an Jeanne interessiert als an der Hofdame. Als er sich verneigte, fielen Jeanne die schlanken Finger auf. Seine Kleidung war höfisch, doch nicht so aufwendig wie die der Herrschaften, die sich um die Herzogin scharten.
»Unser geschätzter Maestro Adriaen Hobrecht. Vielleicht stimmt Ihr Euch ein, denn die Herzogin wünscht Euch in Bälde zu hören.« Bianca nickte und ließ die beiden Musiker allein.
»Habe ich sie verärgert? Das wollte ich nicht«, sagte Jeanne und sah der Hofdame nach.
»Bianca ist ein launisches Frauenzimmer. Zum Glück ist die Herzogin anders. Ihr seid offensichtlich eine Lautenspielerin. Verratet Ihr mir Euren Namen?«, fragte der Niederländer, dessen Französisch stark von seinem Akzent gefärbt war.
»Jeanne. Jeanne Paullet.« Der neue Familienname kam ihr nur schwer über die Lippen. »Mein Vater ist Lautenbauer, ein Meister.« Zum Beweis wickelte sie ihre Laute aus und zeigte sie Adriaen, der sie anerkennend begutachtete und anspielte.
»Ein treffliches Instrument. Wo habt Ihr zuletzt gespielt?« Der Maestro war groß und sehnig und schien ständig in Bewegung. Sorgsam reichte er ihr die Laute.
»Oh, ich war auf Reisen und bin erst seit kurzem in Paris. Mein Vater und ich haben einiges durchlebt.« Sie zeigte auf das Clavecin. »Ich habe ein ähnliches Instrument am Dresdner Hof gesehen.«
»Dann kennt Ihr Maestro Scandello?« Adriaen setzte sich an das Clavecin, knetete die Finger und ließ sie spielerisch über die Tasten gleiten.
»Ich habe für ihn gespielt, wenn auch nur kurz, weil …« Sie verstummte und stimmte ihre Laute auf das Clavecin ein, um dann in die Melodie einzufallen.
Die Töne des Clavecins verloschen schnell, doch Adriaen verzierte die Grundmelodie mit allerlei Trillern und Umspielungen. Nach einigen Takten dämpfte Jeanne die Saiten ihrer Laute und fragte: »Warum singt das Clavecin nicht? Die Töne sind so kurz.«
Adriaen nickte. »Wenn Ihr in den Klangkasten schaut, seht Ihr, dass die Saiten von Rabenkielen angerissen werden, dadurch entsteht ein kurzer, scharfer Ton.«
»Es klingt sehr schön, und wenn Ihr schnelle Folgen spielt, ist es wie eine Welle aus prasselnden Regentropfen, die auf und ab wogt«, meinte Jeanne und zupfte an ihrem steifen Kragen.
»Ihr habt ein ausgezeichnetes Gehör, und Euer Spiel ist meisterlich. Ich hoffe, dass wir noch oft Gelegenheit haben werden, gemeinsam zu musizieren.« Während er sprach, glitten seine Finger wie von selbst über die weißen und schwarzen Tasten und entlockten dem Instrument komplexe Tonfolgen und Akkorde.
»Adriaen Hobrecht. Ich habe Motetten von einem Jakob Hobertus gespielt. Seid Ihr verwandt?«
Der Maestro hob die Schultern. »Kann sein. Wahrscheinlich. Mein Großvater hat immer erzählt, dass ein Onkel von ihm als Musiker nach Ferrara gegangen sei. Allerdings ist der Name Hobrecht nicht selten, und der ehrenwerte Hobertus war ein echter Schwerenöter.«
Jeanne bemerkte, wie sich die Gäste langsam in ihre Richtung orientierten. Durch einen weiteren Eingang kamen weitere Musiker herein.
»Ich sollte Euch jetzt unser Programm erklären.« Adriaen nahm einige Notenblätter hervor und reichte sie ihr. »Wir beschließen unser kleines Konzert mit einer Improvisation wie eben. Ist Euch das recht?«
»Gern«, sagte Jeanne und sah den Musikern erwartungsvoll entgegen.
Während des Konzerts lauschte die Herzogin de Nemours aufmerksam, während die meisten ihrer Gäste, wie es üblich war,
ihre Konversationen leise weiterführten. Eine junge Adlige, welche ihr als Herzogin de Montpensier
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