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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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ist sie verheiratet«, wandte Gerwin ein.
    »Was denkst du, Hippolyt, sollten Seraphin und Gerwin nicht unbedingt unsere hugenottischen Verbündeten in Paris aufsuchen?«, fragte Hauptmann Hinrik.
    Hippolyt kratzte sich nachdenklich den Kopf. »Eine Überlegung ist das wert.«

23
    Der zahnlose Mund war weit aufgerissen. Die winzigen Fäuste ballten sich wütend, der Säugling brüllte aus Leibeskräften.Regungslos stand Jeanne in der Tür zum Kinderzimmer und starrte auf das schreiende Wesen, dem sie das Leben geschenkt hatte und dem sie keine Liebe entgegenzubringen vermochte.

    »Madame, verzeiht mir, aber das Kind schreit, weil es Hunger hat!« Die Amme kam herbeigeeilt und hob den Säugling aus seinem Bettchen. Sofort hörte der Kleine auf zu schreien, lächelte und machte schmatzende Geräusche. »Oh, du kleiner Mann hast so großen Hunger! Wirst mal ein kräftiges Bürschlein!«
    Liebevoll drückte sich die Amme den Kleinen gegen die Brust, an der er sich sichtlich wohlfühlte. »Soll ich ihn zu Euch bringen, wenn er satt ist?«
    »Nein!«, entgegnete Jeanne schärfer als beabsichtigt und fügte milder hinzu: »Nein, du kennst dich am besten aus mit ihm.«
    Seit der Geburt im November waren vier Monate vergangen. Ostern stand vor der Tür, und Jeanne sehnte die warmen Frühlingstage herbei. Wider Erwarten war die Geburt ohne Komplikationen verlaufen. Nach wenigen Tagen schon hatte sie das Wochenbett verlassen können. Alle im Haus, ihr Mann und Guillemette eingeschlossen, versetzte der Anblick des Kleinen in Verzücken. Nur sie selbst nicht. Er hatte Franz’ Augen. Einmal hatte sie sich über sein Bettchen gebeugt und ihm über die seidigen Haare gestrichen. Der kleine Mund, der jetzt an der prallen Ammenbrust sog, hatte sich geöffnet und ein gurgelndes Geräusch gemacht. Unwillkürlich dachte sie an den Überfall, das Blut, die Schreie und Franz, der sie packte und würgte. Den Triumph in seinen Augen würde sie nie vergessen. Und ihr eigener Sohn blickte sie mit den hellen Augen seines Vaters an, der eine Bestie war.
    Die Amme hatte sich mit dem Kind auf einen Stuhl gesetzt, ein Bild vollkommenen Friedens. Jeanne presste sich eine Hand gegen die Lippen und unterdrückte ein Schluchzen. Sie wollte dieses Kind so gerne lieben! Aber sie konnte nicht vergessen, wie es gezeugt worden war. Selbst ihr Vater hatte die Ähnlichkeit mit Franz bemerkt, das hatte sie gespürt, doch er hüllte sich in Schweigen. Zeit, dachte Jeanne, ich brauche Zeit, irgendwann werden die alptraumhaften Erinnerungen verblassen. Sie sprach
mit niemandem über ihre Gefühle, die Ängste, die sie packten, sie lähmten und in eine dunkle Höhle zwangen, in der sie ihre Schmerzen herausbrüllte, ohne dass jemand sie hörte. Nur wenn sie ihre Laute im Arm hatte, verspürte sie eine Art von Geborgenheit, und sobald sie die Saiten anschlug und die Töne aufstiegen, hüllte die Musik sie gnädig ein und drängte die schrecklichen Bilder ihrer Erinnerung zurück.
    »Manchmal könnte man glauben, Ihr hasst Euer eigenes Kind.«
    Sie hatte Cosmè nicht kommen hören und sah ihn erschrocken an. Er verstand sie nicht. Einmal hatte sie versucht, ihm ihre Gefühle zu erklären, doch er hatte ihr verboten weiterzusprechen. Gottes Wille sei geschehen, und dem habe sie sich zu fügen.
    »Das ist nicht wahr, aber …«
    Cosmè packte sie am Handgelenk. »Er ist unser Kind. Ihr habt ihn geboren. Was ist bloß mit Euch? Jede normale, gottesfürchtige Frau empfindet Liebe oder zumindest Zuneigung für die Frucht, die sie im Leibe trug. Ihr aber spielt lieber auf Eurer Laute. Oder seid Ihr doch eine Hexe?«, flüsterte er ihr ins Ohr.
    Jeanne erschauerte. »Seid nicht albern. Ihr wusstet, dass mein Herz und meine Seele der Musik gehören.«
    An seiner dunklen Kleidung hing ein blondes Haar, und er roch nach den Säften der Liebe.
    »Ihr habt bei ihr gelegen. Lasst mich in Frieden - oder habe ich nicht genug gelitten?«, zischte Jeanne. Sie konnte seine Nähe nicht ertragen, obwohl sie sich im Klaren darüber war, dass sie und ihr Vater auf sein Wohlwollen angewiesen waren.
    Einen Moment spiegelte sich Mitgefühl in seinen Zügen. »Gott sei mein Zeuge, ich habe Euch nie Gewalt angetan.«
    Jeanne nahm all ihren Mut zusammen. »Wir wissen beide, dass diese Ehe aus vielerlei Gründen, doch nicht aus Liebe geschlossen wurde. Ich habe Euch einen Vorschlag zu machen.«
    Er sah die neugierig lauschende Amme und zog Jeanne mit sich fort in sein Arbeitszimmer, dessen

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