Die Lautenspielerin - Roman
sagte sich, dass sie lieber diese Schläge ertrug als die Demütigungen des Herzogs.
Schwer atmend stand Cosmè über ihr, zerbrach plötzlich die Rute und warf sie zu Boden. »Steht auf! Euretwegen habe ich das Gesicht vor mir selbst und vor unserer Gemeinde verloren. Steht auf, sage ich!«, schrie er.
Vorsichtig erhob sich Jeanne, das Kleid von den Schlägen zerfetzt, der Rücken mit blutigen Striemen überzogen. Sie konnte in seiner Miene die widersprüchlichsten Gedanken lesen. Er schien abzuwägen, wie er sie strafen konnte, ohne selbst in Misskredit bei Katharina zu geraten, vielleicht fürchtete er auch den Zorn des Herzogs de Guise und seiner Mutter, in deren Gunst Jeanne stand. Die Situation war kompliziert, aus welchem Blickwinkel man sie auch betrachtete.
»Um meinen Ruf nicht noch weiter zu schädigen, werde ich Euch nicht dem Gemeindegericht überantworten. Wir werden Stillschweigen über die ganze Sache bewahren. Ihr wart bei Verwandten«, beschied er mit zusammengekniffenen Augen. »Oder wird sich der Herzog mit dieser Liaison brüsten?«
Sie schüttelte müde den Kopf. »Keinesfalls!« Welche Strafe er sich auch für sie ausdachte, es war ihr nun gleich. Sie lag bereits gedemütigt am Boden.
»In diesem Haus ist kein Platz mehr für Euch. Ich schicke Euch aufs Land. Im Haus meines Sohnes Arnauld könnt Ihr über Eure Verfehlungen nachdenken. Ihr werdet Euren Sohn mitnehmen und für ihn sorgen. Es wird Euch nicht gestattet sein, Musik zu machen, und Euer Vater bleibt hier. Ich werde alles Nötige in die Wege leiten. Ihr reist morgen früh.« Cosmè fuhr sich mit dem Handrücken über die verschwitzte Stirn und ging hinaus.
Erschüttert wankte Jeanne zum Fenster und öffnete den Mund, doch ihr Schrei blieb stumm.
32
»Gerwin, denk doch einmal in Ruhe darüber nach. Jeanne hat mehr durchlitten, als die meisten ertragen würden. Sie braucht Zeit und Abstand. Wahrscheinlich ist der Aufenthalt auf dem Land jetzt das Richtige für sie. Aber du darfst sie nicht im Stich lassen«, beschwor ihn Hippolyt.
Gerwin warf die wenigen Habseligkeiten in eine seiner beiden Ledertaschen. In der anderen befanden sich chirurgische Instrumente, Salben, Arzneien und Kräuter. Seufzend drehte er sich um und lehnte sich an den Tisch, auf dem noch die Reste ihrer Abendmahlzeit standen. Schomberg hatte sie vor wenigen Minuten verlassen. Die Abreise seiner Gesandtschaft war für morgen früh vorgesehen, und Gerwin wollte ihn nach Sachsen begleiten.
»Sie hat mir keine Nachricht geschickt. Nichts! Sie ist einfach so fortgegangen. Ich habe in ihrem Haus vorgesprochen. Ihr Mann war nicht zu sprechen. Nur durch den Diener Pierre weiß ich überhaupt, dass sie auf dem Gut der Paullets bei Châlons ist. Warum hat sie mir nicht wenigstens etwas durch Schomberg ausrichten lassen? Ich verstehe das nicht, Hippolyt.« Gerwin fuhr sich durch die dunklen Haare. »Diese Reise ist eine gute Gelegenheit, meine Mutter in der Heimat aufzusuchen. Sie muss mir die Wahrheit über meine Herkunft sagen. Außerdem führt uns der Weg an der Marne entlang nach Châlons. Ich werde Jeanne einen Besuch abstatten und mit ihr sprechen.«
»Und wenn man es dir nicht erlaubt?«, gab Hippolyt zu bedenken. »Vielleicht bereitest du ihr nur mehr Probleme, wenn du dort auftauchst. Manchmal ist es besser, etwas Zeit verstreichen zu lassen, damit die Wogen sich glätten . Iam tempus illi fecit aerumnas leves. 35 «
»Das mag sein, aber ich muss sie sehen. Ich muss einfach, Hippolyt. Vielleicht verlässt sie ihren Mann und kommt mit mir. Wir könnten …« Die hilflose Geste seiner Hände entsprach seiner Ratlosigkeit.
»Das würde sie niemals tun! Dann wäre sie nicht die Jeanne, die du liebst. Ihr Vater braucht sie, und sie hat ein Kind.«
»Das Kind eines Unholds!«
Nachsichtig sah Hippolyt seinen jungen Freund an. »Trotzdem, sie ist eine Mutter. Ich würde dich gern von deinem Vorhaben abbringen, weil ich nicht glaube, dass die Reise dir Gutes bringen wird. Leider will Navarra mich in seiner Nähe haben, sonst würde ich dich zumindest begleiten. Er fürchtet hier bei Hofe um sein Leben. Unter seiner normalen Kleidung trägt er jetzt ein Kettenhemd, sobald er seine Räume verlässt, und ich kann es ihm nicht verdenken.«
Gerwin nickte. »Ich muss gehen, Hippolyt. Das wird mir den Kopf zurechtrücken.«
»Der sitzt am rechten Platz. Hast du dich schon von Seraphin verabschiedet?«
»Ja, er bespricht sich mit Anjou. Der Herzog ist ganz vernarrt
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