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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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in ihn und plant ein neues Ballett zusammen mit Baldassarino, der die Musik komponiert hat. Oh, ich gönne Seraphin seinen Spaß, endlich ist er in seinem Element. Außerdem darf er sich in Dresden und Umgebung nicht blicken lassen.«
    »Und du schon? Nimm dich vor dem Alnbeck in Acht. Auch wenn über ein Jahr verstrichen ist, könnte er nachtragend sein.«
    »Ich werde mich als Gefolgsmann von Schomberg ausgeben und ihm aus dem Weg gehen.«
    »Wenn du Geld brauchst …«, setzte Hippolyt an, doch Gerwin winkte ab.
    »Was ich zum Leben benötige, verdiene ich mir durch meine Heilkunst. Du hast mich so vieles gelehrt, Hippolyt, und ich gedenke, meine Erfahrungen während der Reise zu erweitern.«

    »Das ist redlich gedacht, doch solltest du in Not geraten und von Schomberg getrennt sein, wird dir auch der alte Katzenberg helfen. Ich gebe dir einen Brief für ihn mit.« Hippolyt stand auf und suchte Papier und Feder.
    Den jüdischen Goldschmied aus Erfurt hatte Gerwin beinahe vergessen. »Er wird enttäuscht sein, wenn ich ohne dich komme.«
    »Ah, er wird sich freuen zu hören, wie es uns ergangen ist.« Hippolyt rieb sich den kahlen Schädel. »Mit den Jahren scheint die Zeit schneller zu verrinnen, und manchmal habe ich das Gefühl, ich sehe dem Sand zu, wie er durch das Stundenglas rieselt.«
    Hippolyts Augen schimmerten feucht, als er mit einem Bogen Papier zurück an den Tisch kam. Gerwin umarmte seinen Mentor und sagte fest: »Ich bin kein grüner Junge mehr wie damals in Helwigsdorff. Wenn ich dir eine Nachricht schicke, dann über Lady Dousabella, nicht wahr?«
    Der Medicus räusperte sich. »Ja. Bevor überhaupt eine Nachricht zu Navarra vordringt und die Hofinstanzen durchlaufen hat, ist sie sicher hundertmal gelesen worden. Seraphin hat erzählt, dass Katharina einen ganzen Stab von Leuten hat, die heimlich Briefe öffnen, kopieren, wieder verschließen und weiterschicken.«
     
    In dieser Nacht fanden weder Gerwin noch Hippolyt viel Schlaf, und der Abschied am nächsten Morgen fiel beiden schwer. Die Reisegesellschaft bestand aus drei Wagen, in denen die Botschafter samt Gattinnen saßen, von Katharina ausgesuchte Höflinge, die Frankreichs Ansehen im Ausland erhöhen und die protestantischen Fürsten für sich einnehmen sollten, sowie ein Schatzund Quartiermeister und andere Bedienstete. Schomberg und Gerwin bestiegen ihre Pferde, denn ein weicher Sattel war einer Fahrt in den ungefederten Wagen allemal vorzuziehen. Vervollständigt wurde der Reisezug durch zwei Gepäckwagen, Tragtiere und drei Dutzend bewaffneter Soldaten, deren Wams das königliche Wappen trug.

    Langsam und behäbig setzte sich der Pulk in Bewegung, Gerwin drehte sich immer wieder um und winkte Hippolyt zu, der auf den Treppen stand und ihm nachsah. Als die vertraute Gestalt des Medicus aus seinem Blickfeld verschwunden war, wischte er sich verstohlen die Augen, doch niemand nahm von ihm Notiz. Schomberg ritt neben dem Hauptmann der Truppe und gab Anordnungen für den Reiseverlauf. Gerwin bildete das Schlusslicht des Zuges. Solange keine Gefahr im Verzug war, gab es keine vorgeschriebene Marschordnung.
    Die königlichen Soldaten verschafften ihnen Respekt in den lebendig werdenden Straßen des morgendlichen Paris, wo sich manches Gesindel herumtrieb. Auf der Place de Grève standen zwei Galgen, an denen die Reste der Gerichteten hingen. Die Pariser scheuten sich nicht, auch Körperteile abzuschneiden. Verwirrt sah Gerwin zu einem Gehängten, dessen Kopf sich bewegte, doch es war nur eine Ratte, die sich durch eine Augenhöhle fraß. Heißer Augustwind trieb Staub- und Verwesungsschwaden vom Friedhof zu ihnen, und die Seine brachte den Geruch von Moder und Fäulnis herüber.
    Sie verließen Paris durch eines der östlichen Stadttore und zogen durch den ausgedehnten Bois de Vincennes, die königlichen Jagdgründe. Durch die Bäume erhaschte Gerwin einen Blick auf das prächtige Château de Vincennes, in dem sich die Königsfamilie während der Jagdsaison aufhielt. Am späten Vormittag hatten sie den Wald hinter sich gelassen, und die Landschaft veränderte sich. Sanfte Hügel zogen sich zwischen schmalen Flussläufen dahin. Der kreideartige Boden war dürr und trocken. Die Augusthitze ließ auch den letzten gespeicherten Wassertropfen verdunsten und den staubigen Untergrund rissig werden. Genügsame Schafe waren hier die bevorzugten Weidetiere. Schomberg hatte entschieden, dass sie nicht den Windungen der Marne folgen, sondern über

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