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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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dem Louvre gekommen war. Wenn sie Jagd auf Hugenotten machten, wäre die schwarze Tracht ihr Todesurteil. So gut es ging, schnürte sie sich das Mieder und rannte zu ihrem Vater, der bereits Hose, Hemd und Schuhe trug und nach seinem schwarzen Wams griff.
    »Nicht, Vater! Die Katholiken machen Jagd auf uns. Wo ist das alte Wams aus Dresden?« Panisch durchsuchte sie die Truhe unter dem Fenster und fand endlich ein zerschlissenes dunkelgrünes Wams, das sie ihm reichte.
    Der Lärm auf den Straßen nahm zu: Pistolenschüsse, Schmerzensschreie, Wimmern - über allem Kampfgeräusche und das Geläut der Kirchenglocken, die Paris zur Messe riefen, einer Totenmesse, in welcher die Märtyrer von den Gläubigen geschlachtet wurden.
    Wie lange würden sie dieses Haus verteidigen können gegen den wahnsinnigen Mob, der sich in einen Blutrausch zu metzeln
schien? Schaudernd wandte Jeanne den Blick zum Fenster. Auf der anderen Straßenseite war ein Krämerladen, aus dessen erstem Stock in diesem Moment ein Wickelkind geworfen wurde. Es fiel auf das Pflaster. Der Schädel zerbarst mit einem grausigen Geräusch, das Jeanne die Haare zu Berge stehen ließ. Im nächsten Moment schlugen Flammen aus dem Haus. Als sie kurz darauf einen weiteren Blick wagte, lagen nackte Leiber in den grotesken Stellungen des Todes auf der Straße. Die Menge war nicht mehr zu halten. Greise, Kinder, Frauen, Mädchen, alle fielen den Schlächtern zum Opfer.
    Auch die Mauern ihres Hauses würden dem Ansturm bald nachgeben. Die Schläge dröhnten bereits am Tor und an den Türen.
    »Bist du so weit, Vater?«, fragte sie ängstlich.
    Endres schnallte seinen Gürtel um, steckte einen Dolch ein und betrachtete die Theorbe, die an der gegenüberliegenden Wand hing. Jeanne nahm ihn an der Hand und zog ihn mit sich auf den Gang. »Wir müssen fort von hier! Ich weiß einen Weg hinaus!«, sagte sie.
    Pierre stürmte die Treppen herauf. Der Säbel in seiner Hand war blutig. »Madame, Ihr kennt den Weg zum Friedhof. Versteckt Euch in den Gewölben! Wir können die Türen nicht länger halten!«
    Jeanne rannte mit ihrem Vater zu der kleinen Tür, die in die Katakomben führte. »Warte hier! Die Jungen!«, rief sie und rannte zum Kinderzimmer.
    Im Erdgeschoss barsten mit ohrenbetäubendem Lärm die Türen unter dem brutalen Ansturm der wahnsinnigen Mordbande. Pierre stellte sich auf den Treppenabsatz und schlug auf die ersten Angreifer ein, die mit verzerrten Gesichtern die Treppe heraufstürmten.
    Jeanne stieß die Tür auf und riss ihr Kind aus dem Bettchen. Gabriel begann sofort zu schreien. »Nicht doch, nicht schreien!
«, schluchzte Jeanne. »Guillemette, was machst du? Komm endlich!«
    Guillemette ließ eine Tasche fallen und ergriff die Hand ihres Kindes. Draußen sahen sie, wie Pierre nach Kräften Hiebe austeilte, doch der blutrünstigen Meute mit ihren Beilen, Äxten und Säbeln war er nicht gewachsen. »Rennt um Euer Leben!«, brüllte er noch, bevor ihn der Axtstreich eines bulligen Kerls, der eine weiße Binde am Arm trug, niederstreckte. Der nächste Schlag spaltete ihm den Schädel.
    Ihr Vater ging auf die Mörder zu. »Vater!«, brüllte Jeanne in höchster Verzweiflung und schob ihren Sohn zu Guillemette, um ihren Vater zurückzureißen. Da fuhr die Axt auch auf Endres nieder und hieb ihm den Arm an der Schulter ab. Jeanne taumelte rückwärts und sah, wie ihr Vater zu Boden ging. »Nein! Vater!«, brüllte sie, halb wahnsinnig vor Schmerz und Wut.
    Ein schriller Schrei hinter ihr ließ sie herumfahren, und sie sah entsetzt, wie ein Soldat der Schweizergarde Guillemette und ihr Kind in ein Zimmer drängte. Gabriel lag ein Stück weiter reglos auf dem Boden. Jeanne bückte sich, nahm ihr Kind und rannte zur geheimen Tür hinter dem Schrank. Blindlings stolperte sie die Stufen hinunter. Mit dem Kind in den Armen stürzte sie weiter, hinunter in die modrige Unterwelt, die ihre einzige Hoffnung war. Blindlings rannte sie in die Finsternis der feuchten Gänge und konnte nichts anderes denken, als dass ihr Vater tot war. Aber sie hatte ihr Kind gerettet.
     
    »Was ist mit dem Admiral?« Zusammen mit Gerwin und Hauptmann Hinrik stand Hippolyt im Ankleidezimmer von Margot, Königin von Navarra, die ihnen und dem verletzten Hugenotten, einem Herrn von Léran, Schutz vor den mordenden königlichen Garden gewährte.
    Margot selbst war zu ihrer Mutter geeilt, um für das Leben ihres Gatten zu bitten, der eben mit seinem Vetter Condé abgeführt
worden war.

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