Die Lautenspielerin - Roman
Léran, dessen Schnittwunde am Hals Gerwin versorgte, brachte krächzend hervor: »Guise und die Männer von Anjou haben Coligny auf schändlichste Weise ermordet. Ich war in der Rue de Béthisy und habe gesehen, wie sie ihn vom Dach auf die Straße warfen und ihm Kopf und Genitalien abgeschlagen haben. Diese Bestien!«
»Guise und Anjous Männer.« Hippolyt rang zitternd die Hände. »Sie hätte das nicht zugelassen! Das kann nicht sein …«
Gerwin befestigte den Verband und wusch sich die Hände. Seit dem Einsetzen des Sturmgeläuts waren mehrere Stunden vergangen. Die Morgensonne warf bereits ihr warmes Licht auf den Louvre und seine Höfe, in denen sich die Leichen zu Bergen stapelten. Die barbarische Grausamkeit und die Kaltblütigkeit, mit der die Räume systematisch nach Hugenotten durchsucht und diese auf der Stelle exekutiert wurden, übertraf die furchtbarsten Schlachten, die Gerwin erlebt hatte.
»Glaubt mir, Messieurs, der Befehl zu Colignys Ermordung kam vom König selbst, und was das bedeutet, wissen wir alle. Auf meinem Weg zurück in den Louvre habe ich weiße Kreuze an den Türen unserer Brüder gesehen. Die haben die Soldaten vor dem Losschlagen aufgetragen, damit sie ihre Opfer in der Nacht leichter finden«, sprach Léran. Das Atmen fiel ihm schwer.
»Kreuze an den Türen! Und Jeanne ist bei ihrem Mann, der dem consistoire angehört! Lieber Gott, lass sie am Leben sein. Ich muss zu ihr!« Verzweiflung schnürte Gerwin die Kehle zu. Wahllos warf er Messer und Fläschchen in seine Tasche.
Hinrik packte ihn an der Hand. »Nichts überstürzen, Gerwin. Wenn wir jetzt auf die Straße gehen, werden wir abgeschlachtet wie tumbes Vieh.«
»Und was sollen wir tun? Hier warten, bis sie tot sind?«, schrie Gerwin.
Hippolyt sah ihn mit resigniertem Blick an. »Du hast recht, Gerwin. Lass uns gehen. Aber vorher will ich mit ihr sprechen.«
Léran saß in seinem Stuhl, der Verband an seinem Hals blutete bereits durch. »Mit ihr, mit Katharina, dieser italienischen Hexe, dieser Giftmischerin, dieser Mörderin, dieser Mutter einer Schlangenbrut, die nichts als Unglück über unser Land gebracht hat? Zur Hölle mit der ganzen Familie!«
Hinrik zog seinen Stichdegen, drückte Gerwin eine geladene Pistole in die Hand und ging zur Tür. »Haltet euch dicht hinter mir!«
Auf dem Gang erwarteten sie Leichen und Verwundete, deren Blut das Parkett dunkel färbte. Der erste Ansturm schien vorüber, doch als sie sich den königlichen Gemächern näherten, erwartete sie die nächste entsetzliche Überraschung. Von weitem sahen sie den König lachend eine Büchse anlegen. Ein Schuss knallte, und das beifällige Klatschen und Kreischen von Hofdamen ertönte. »Wieder einer, Majestät!«
Sie duckten sich in einen Türbogen. »Er jagt Hugenotten! Dieser Perversling ergötzt sich am Erschießen hilfloser Menschen. Mein Gott, Hippolyt, wie haben wir nur jemals glauben können, dass sich etwas ändern würde …« Hinrik stieß die Tür vor sich auf und hätte sich fast übergeben, denn neben dem Bett lag die Leiche einer protestantischen Edeldame, der man den Leib aufgeschlitzt und das ungeborene Kind herausgerissen hatte.
Gerwin hielt sich die Hand vor den Mund und stieg über die Leichen von Dienern und halbnackten Edelleuten. Wankend vor Abscheu und Furcht gingen die Männer weiter in den nächsten Raum. Dort stießen sie auf Gardisten, die sich an Hugenottinnen vergingen. Einer der Schlächter packte die Frau, die er vergewaltigt hatte, am Schopf und schnitt ihr die Kehle durch. Das Blut spritzte nach allen Seiten und traf auch Gerwins Gesicht.
Ohne zu zögern, feuerte Gerwin seine Pistole ab, und der überraschte Soldat fiel wie ein gefällter Baumstamm zu Boden. Die anderen beiden Soldaten stießen die Frauen zu Boden und stürzten sich mit Säbeln auf Hinrik und Gerwin, die sich ihnen
entgegenwarfen und die Kerle mit wenigen Hieben und Stichen zur Strecke brachten. Als Gerwin sich umwandte, hielt Hippolyt ebenfalls einen Säbel in der Faust.
Vor den Räumen der Königinmutter warteten Bogenschützen und Schweizergardisten mit gekreuzten Spießen. Hippolyt erkannte einen von ihnen, den er von Gallensteinen befreit hatte, und ließ seinen Säbel wieder sinken. »Du kennst mich. Ich muss mit der Königinmutter sprechen.«
»Tut mir leid, Monsieur. Hier darf niemand durch, wir müssen Euch festnehmen lassen. Tut mir wirklich leid«, sagte der Schweizer und rief nach einer Wachmannschaft.
Durch die seitlichen
Weitere Kostenlose Bücher