Die Lautenspielerin - Roman
Weder Pierre noch Madame trifft eine Schuld.«
Cosmè verzog den Mund. »Das zu beurteilen liegt allein bei mir. Was habt Ihr dort?«
»Kräuter für ein Elixier, das die Lebensgeister von Monsieur Fry wiederbeleben soll«, erklärte Gerwin höflich.
»Seht ihn Euch an! Seit Wochen schnitzt er sinnlos an einem Stück. So hatte ich mir seinen Beitrag zum Leben unter meinem Dach wahrlich nicht vorgestellt«, ätzte Cosmè.
Jeannes Augen füllten sich mit Tränen. »Erst gestern habt Ihr mir gesagt, wie gut die Geschäfte laufen und dass meine Empfehlung bei Hof dazu beigetragen hat!«
»Ich denke, dass Monsieur kaufmännisch denkt, wo Menschlichkeit und Mitgefühl über Profit stehen sollten. Aber gewiss meint Euer Gatte es nicht so, wie es geklungen hat«, warf Gerwin ein.
»Ihr seid recht vorlaut geworden für den Gehilfen eines Quacksalbers.« Cosmè ließ seinen Blick aufmerksam zwischen Jeanne und Gerwin hin- und herwandern. »Madame wird bis auf weiteres die Pflege ihres Vaters übernehmen. Ihr wollt mir nicht erzählen, dass eine Lautenistin derzeit unabkömmlich am Hof ist.«
Ein Kind begann aus Leibeskräften zu schreien, und Jeanne fuhr zusammen. »Bitte, Medicus, wo Ihr schon hier seid, seht auch nach den Jungen. Vielleicht haben sie Würmer. Oft hat einer einen aufgeblähten Bauch, und zu Koliken neigen sie auch.«
Cosmè begleitete sie in das Kinderzimmer und ließ Gerwin bis zum Verlassen des Hauses nicht mehr aus den Augen.
Nach diesem unangenehm verlaufenen Besuch war Gerwin froh, den Abend in Hippolyts und Hinriks Gesellschaft und mit den Resten des königlichen Mahles verbringen zu können.
Hungrig aß er sich durch Erdnüsse an Orangensauce, grüne Bohnen, gefüllte Kalbsbrust, Wachteln und eine Birnentorte. Dazu sprach er dem Rotwein kräftig zu und ließ sich satt und trunken ins Bett fallen.
»Was hast du den Kindern gegen die Würmer gegeben?«, fragte Hippolyt, bevor sie einschliefen.
»Schwarzkümmel«, murmelte Gerwin.
»Warum nicht die Arznei aus drei Teilen Pfirsichblättern?«
»Die Kinder neigen zu Koliken, da hilft der Kümmel besser. Lass mich schlafen, Hippolyt. Ich bin müde!« Gerwin drehte sich auf die Seite.
»Haud stulte sapis . 40 «
Als Katharina am Nachmittag des folgenden Tages in finsterer Stimmung mit ihren Damen, den Zwergen und den kläffenden Hunden aus dem Garten zurückkam, stellte sich ihr unvermittelt ein Edelmann in den Weg, rief: »Antoine de Pardaillan ist mein Name, Majestät!« und legte eine Hand an seinen Degen.
Die Damen schrien auf, schon wollten sich die königlichen Wachen auf ihn stürzen, doch Katharina hob die Hand, so dass der aufgebrachte Edelmann weitersprechen konnte. »Majestät, wir fordern Gerechtigkeit vom König! Es muss gehandelt werden, und wenn Ihr es nicht tut, werden wir es tun!«
Katharina kniff die Augen zusammen und ging weiter, während der dreiste Pardaillan ihr folgte und sich in Drohungen und Schmähungen erging. Kurz bevor sie in ihre Gemächer verschwand, sah Gerwin, wie sie François de Montmorency ein Zeichen gab, woraufhin der Unruhestifter beseitigt wurde.
Den Rest des Tages verbrachte Katharina in brütender Zurückgezogenheit, bis sie sich nach einem ausgedehnten Fressgelage purgieren ließ und nach Kanzler Birague rief.
Gerwin und Hippolyt waren den ganzen Tag über mit von Schwächeanfällen geplagten Damen, einem wassersüchtigen Baron und in Zweikämpfen und Prügeleien Verletzten beschäftigt gewesen. Als sie müde und blutverschmiert von der letzten Operation in ihr Quartier gehen wollten, erreichte sie die Nachricht einer von Ohrenschmerzen geplagten Dame aus Margots Gefolge.
Gerwin klopfte Hippolyt auf die Schulter. »Ich mache das. Lass mir bitte einen Zuber Wasser eingießen. Es wird nicht lange dauern. Ist morgen nicht Sonntag?«
»Ja, der Tag von Sankt Bartholomäus. Dann werden sich die Gemüter beruhigt haben. Heute sind sie herumgerannt wie angestochene Bienen«, sagte Hippolyt kopfschüttelnd. »Verabreich der Dame Lavendel und komm schlafen. Dieses schwüle Wetter macht alle kirre.«
»Ist gut. Bis gleich.«
Kurz vor Mitternacht sank Gerwin todmüde neben Hippolyt auf das Lager. Wie lange er sich bereits in einem unruhigen Schlaf hin und her geworfen hatte, hätte er nicht zu sagen vermocht, als er von einem leisen Kratzen an der Tür erwachte. Im nächsten Moment kam Hinrik mit einem Kerzenleuchter in der Hand herein. »Gerwin, Hippolyt, schlaft ihr?«
»Jetzt nicht mehr!«,
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