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Die Lava

Die Lava

Titel: Die Lava Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Magin
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zum Landungssteg pendeln, um neue buoyancy bags aufzuladen und zum Wrack zu bringen.
    Die Stützgerüste glichen großen Haifischschutzkäfigen aus alten Jacques- Cousteau-Filmen, die, an Halteseilen befestigt, mit einem anderen Boot von einigen Ingenieuren auf den See hinaus zur Unglücksstelle geschleppt wurden.
    Neal und Joe tauchten zu dem Lageort des Wracks. Dort, in rund dreißig Metern Tiefe, hatten sie auf dem Seeboden bereits einen Ring aus Unterwasserscheinwerfern aufgestellt, die die gesamte Szene in ein seltsames Zwielicht setzten, mit Schatten, die wirr hin und her flatterten.
    Die Gerüste wurden an Stahltrossen in den See hinabgelassen. Auf halber Höhe befestigte Joe mehrere Hebeballons an den vorgesehenen Ösen, die er mit Druckluft füllte, bis das Gleichgewicht ausgewogen und die schweren unhandlichen Gestelle einfach zu bugsieren waren.
    Er zog mit Neal gemeinsam weitere Stahltrossen unter die Flügelenden der Halifax und flutete die daran befestigten buoyancy bags mit Druckluft. Ganz langsam hoben sich dieStahlflügel leicht empor, aber immerhin so weit, dass beide mit vereinten Kräften das Hebegestell unter die Flügel wuchten konnten.
    Jetzt war ihr Part erledigt, nun mussten die Experten an die Arbeit, erfahrene Monteure.
    Sie arbeiteten im Bodenschlamm, jede falsche Bewegung wühlte Schwebeteilchen auf und hüllte sie in eine finstere Wolke, die sich nur langsam wieder legte.
    Nun brachten sie die großen bouyancy bags unter den Flügeln an, Ballons, die ein Kompressor ganz langsam mit Luft aufblies – vierzehn Ballons, in sieben Schritten, jeder Schritt dauerte 45 Minuten. Das Warten und Abwarten zerrte an den Nerven.
    Das Wrack sollte erst langsam vom Boden angehoben werden, bis es wenige Fuß über dem Grund schwebte.
    »Alles okay da unten?«
    »Ja«, quäkte es aus der Leitung zurück. Der Techniker hob den Daumen nach oben. Alle starrten gebannt auf den Monitor.
    Die Taucher stülpten den kreuzförmigen Rahmen über die Flügel, schoben ihn unter den Rumpf, der kaum dreißig Zentimeter über dem Schlammboden schwebte. Dann schlangen sie dicke Stahltrossen um den Rumpf und befestigten noch dickere Trossen an festen Haken, die in das Aluminiumgerüst eingelassen waren. Dann legten sie weitere Ballons für den Auftrieb unter das Flugzeug und befestigten sie an Ösen im Gerüst. Wieder wurde quälend langsam Luft hineingepumpt, aber plötzlich, wie von Zauberhand gezogen, rüttelte sich das Flugzeug leicht und schwebte dann gemächlich nach oben.
    Zuerst tauchte eine Flügelspitze auf, sie schnitt wie die Rückenflosse eines Metallhais durch die Seeoberfläche, schließlich glitt der ganze Bomber aus der Tiefe über die Wasserlinie.
    Dann wurde die Konstruktion, die nun einem Floß aus Jules Vernes Romanen glich, ganz langsam zum Ufer geschleppt, ins flache Wasser.
    Oben wurden Trossen an dem Rahmen befestigt. Sie sollten zusätzlichen Halt garantieren. Der Kran stand am Ufer auf einem frisch zementierten Fundament, und direkt vor ihm schaukelte eine große Lastbarke, die das Flugzeug fürs erste aufnehmen sollte.

3
    Sie begannen früh am Morgen, als noch Dunst über dem See und der ganze Kraterkreis noch im Schatten lag. Die Sonne stand unterhalb der Berge, erst in einer Stunde würde sie bis über den Rand der leichten Anhöhe gewandert sein, die den Laacher See umrundete. Dann sollten ihr Licht und ihre Wärme das Ufer erreichen. Die klare Luft schmeckte kalt und frisch.
    Vögel zwitscherten vom Wald herüber, die ersten Insekten summten über die Wiese. Von dem Biohof am Ufer trug der Wind das Muhen der Kühe herüber.
    Joe glaubte, weitere Zeichen der andauernden Anspannung bei MacGinnis feststellen zu können. Es überraschte ihn nicht. Unter diesem enormen Druck zu bestehen, erforderte schon ein besonderes Naturell, und MacGinnis hatte bewundernswert durchgehalten. Nun aber wirkten seine Bewegungen fahrig, sein linkes Auge zuckte nervös. Wenn man dem Chef eine Frage stellte, überlegte er seine Antwort eine Sekunde länger als üblich, antwortete in einem langsamen Ton und schien tatsächlich Schwierigkeiten zu haben, sich ganz auf seinen Job zu konzentrieren.
    Aber Reginald MacGinnis war ja nicht allein. Sie alle, der Nordengländer, Neal, MacGinnis und er selbst, retteten in diesem Augenblick die Welt, und niemand sonst wusste das und würde es auch je erfahren. Welch surrealer Moment! Die bizarre Vorstellung, dass sie hier wieder verschwinden würden und in die Annalen

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