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Die Lava

Die Lava

Titel: Die Lava Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Magin
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grünen Klecksen verharrte die Gestalt des Mannes, auch er ein unförmiger Fleck.
    Franziska hörte ihr eigenes Schnaufen, als sie – die Augen zusammengepresst – das allerletzte Stück des Hangs hinaufhetzte. Ein Gefühl meldete ihr, sie müsse nun tatsächlich über dem flüchtenden Schützen stehen, und richtig: Als sie die Augen wieder öffnete, befand sie sich kaum einen Meter von ihm entfernt und leicht erhöht ihm gegenüber.
    Er sah hinter sich, den Blick fest auf die immer noch angestrengt laufenden Polizisten und MacGinnis gerichtet, der schon weit zurückgefallen war.
    Dann ging alles ganz schnell: Franziska streckte die Arme aus und berührte den Mann. Es bedurfte keinerlei Kraft; der Mann blickte sie nur erstaunt an, als sei plötzlich ein Schneemensch oder das Ungeheuer von Loch Ness vor ihm aufgetaucht.
    Der kleine Stoß reichte aus, um dem entkräfteten Schützen den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Er taumelte, ruderte mit den Armen und stürzte hilflos auf dem Rücken den Hang hinunter, drehte sich mehrmals um die eigene Achse und kam schließlich direkt vor den drei Polizeibeamten zu liegen, die nicht viel mehr tun mussten, als ihn hochzuziehen und ihm die Handschellen anzulegen.
    Franziska stieg langsam und vorsichtig zu der Stelle, an der die Polizisten den Mann ergriffen hatten.
    »Er hat auf meinen Mann geschossen«, keuchte sie, »ich musste ihn kriegen.«
    Gerd Schmidtdresdner saß auf einem Plastikstuhl im Verhörraum der Koblenzer Polizei und rutschte unruhig hin und her. Hätte er diesen blöden Anruf doch nie angenommen!
    »Wollen Sie Ihren Anwalt verständigen?«
    »Nicht nötig!« Schmidtdresdner zeigte auf sein Handy, das aus der Hemdtasche lugte. »Ist bereits erledigt, er kommt hierher. Wir können aber gern anfangen.« Wenn er sich jetzt kooperativ zeigte, lief die Sache vielleicht besser.
    »Wie Sie wollen! Sie heißen?«
    »Gerd Schmidtdresdner.«
    »Geboren in …«
    »Pirna.«
    Der Kommissar nahm als Erstes die Personalien auf. Er war allein im Vernehmungsraum.
    Schmidtdresdner besah sich das Verhörzimmer, in das ihn zwei Polizisten geführt hatten: ein langer Tisch, an jeder Seite zwei Plastikstühle, auf dem Tisch, zwischen ihm und dem Beamten, ein Aufnahmegerät. Eine Wand nahm ein großer Spiegel ein. Aus dem Fernsehen wusste Schmidtdresdner, dass dahinter, in einem anderen Raum, vermutlich weitere Beamte der Kriminalpolizei standen und das Verhör verfolgten.
    »Sie wissen, warum Sie hier sind?«, fragte der Kommissar.
    Schmidtdresdner zuckte mit den Schultern. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
    »Auf einen Mann der Crew, die das Flugzeugwrack aus dem Laacher See bergen wollte, ist geschossen worden.«
    In diesem Augenblick begriff Schmidtdresdner, dass er tatsächlich unschuldig war. Er hatte auf niemanden geschossen. Die Bullen wussten nichts. Er richtete sich auf. Er war in Sicherheit. Also fragte er dreist: »Und was habe ich damit zu tun?«
    »Herr Schmidtdresdner«, seufzte der Kommissar. »Wir wissen, dass Sie die havarierte Halifax ebenfalls bergen wollten. Wir kennen sogar den Namen eines Ihrer Teammitglieder.«
    Schmidtdresdner zog eine Augenbraue hoch.
    »Herr Klaus Archenbald, der offenbar bei einem Lokalisierungsversuch ums Leben gekommen ist.«
    Keine Reaktion bei Schmidtdresdner.
    »Sie wissen, dass das Tauchen im Laacher See strengstens untersagt ist, es sei denn, man hat eine Sondergenehmigung?« Der Kommissar tat, als blättere er in seinen Unterlagen. »Hm …«, meinte er dann nachdenklich, »ich sehe keine Sondergenehmigung, die auf Ihren Namen ausgestellt wurde.«
    »Ich bin auch nie im See getaucht, Herr Kommissar.«
    »Das weiß ich, verdammt.« Der Kommissar schlug unwirsch mit der Faust auf den Tisch. »Weiterhin wissen wir, dass Sie nach dem Wrack gesucht haben, wir wissen, dass Sie hierfür keine Erlaubnis vorliegen haben, wir wissen, dass Sie ein Tauchteam zusammengestellt haben, und wir wissen, dass ein Mann dieses Teams beim Tauchen verunglückt ist. Was ich nun wissen will: Warum haben Sie auf den Engländer geschossen …«
    »Ich habe nicht auf diesen Mann geschossen. So dumm bin ich nicht.«
    »Dann sagen Sie mir, worum es hier geht … Warum sollte jemand auf jemand anderen schießen, der ein Flugzeugwrack für ein Museum aus einem See holt?«
    »Sie wissen doch so viel, Herr Kommissar. Beantworten Sie die Frage. Das interessiert mich nämlich auch.« Schmidtdresdner lehnte sich zurück. Erst einmal mussten die ihm

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