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Die Lava

Die Lava

Titel: Die Lava Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Magin
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sogar Dinge auf, die sich unter dem Grund verbergen. Denn ein Side-Scan-Sonar sieht mit Schall, nicht mit Licht. Und Dunkelheit und Schwebteilchen halten Schall nicht auf. Als Mosaik zusammengesetzt, zeigen die Aufnahmen eines Side-Scan-Sonar dann praktisch ein Foto des Seegrunds.
    Neal stellte sich ans Fenster und sah auf den See hinaus, der als großer blauer Fleck hinter den Wiesen lag.
    »Verbrüht«, wiederholte MacGinnis leise. Nachdenklich schüttelte er den Kopf.
    Joe Hutters Bericht über seinen Tauchgang lag bereits bei seinem Chef. Hutter hatte die ganze Begegnung ausführlich geschildert, den Ort auf eine Karte eingetragen, die Uhrzeit so genau wie möglich festgehalten.
    »Wo im See hat sich der Mann so sehr verbrüht?«, überlegte MacGinnis nun laut. »Es ist zwar heiß draußen, zu heiß«, er wischte sich mit seinem Taschentuch den Schweiß von der Stirn, »aber das Seewasser kocht noch lange nicht.« Er machte eine kleine Pause. »Sollte er unseren kleinen Freunden etwas zu nahe gekommen sein?«, fuhr er dann fort.
    Jeder wusste, was das bedeutete – dann wären sie schon ins Wasser gelangt, und vom Wasser kämen sie bequem an Land, und dann würde passieren, was sie eigentlich verhindern sollten.
    »Nein«, erklärte MacGinnis dann, »das kann kaum sein. Dann sähe er etwas anders aus, weniger … intakt.«
    Hutter erinnerte sich an die Filmaufnahmen. Die Leichen waren nur noch Brocken gewesen, seltsam verdreht und gewunden, entstellt bis zur völligen Unkenntlichkeit. Er war schon ein recht hartgesottener Kerl, aber damals hätte er sich fast übergeben, als er die Bilder zum ersten Mal gesehen hatte.
    »Es könnte mit den seismischen Problemen zusammenhängen«, schlug er vor. »Wir hatten hier mehrere Beben, derSee ist ein alter Vulkan, und die Aufzeichnungen, die Sie uns gestern vorgespielt haben, deuten darauf hin, dass sich in diesem Krater gerade etwas verändert.«
    »Hm.« MacGinnis nickte. »Wir sollten das prüfen.«
    Andrew Neal wollte wissen, ob man die Identität des Mannes bereits ermittelt habe.
    »Den Namen kennen wir«, antwortete MacGinnis. »Aber warum der Mann im See war – Fehlanzeige. Da sollten wir uns ganz auf unsere Freunde bei der deutschen Polizei verlassen. Die sind gründlich, die werden da schon etwas herausfinden.« Er drehte den Kopf zum Faxgerät: »Sobald die mehr wissen, melden sie sich unverzüglich.«
    Dann ging er zu dem Stapel zurück und zog ein Schreiben der deutschen Polizei heraus. »Eine Frau hat den Taucher ins Krankenhaus gebracht. Sie behauptet, sie habe ihn zufällig gefunden. Kommt mir irgendwie komisch vor.«
    Er raschelte mit dem Papier. »Wir haben ihre Adresse und Telefonnummer. Die Frau ist eine Art Vulkanforscherin.«
    Joe Hutter blickte auf.
    »Überprüfen Sie die einmal!«, sagte MacGinnis und schob Hutter ein Foto und eine Adresse zu. »Die Frau macht mir für meinen Geschmack etwas zu viel Wirbel um den See. Sie heißt Franziska Jansen und kennt den Laacher Vulkan sehr gut, kann deshalb die Gefahr eines Ausbruchs bestens einschätzen.«
    Hutter betrachtete das Bild. Er sah eine attraktive Frau, um die dreißig, lange, dunkle Haare, braune Augen. War sechs Fuß vier Zoll groß. So groß!, dachte Hutter. Hatte eine gute Figur, dünn, nicht dürr, kein konturenloser Strich, sondern eine Frau mit Taille und Hüfte. Sie trug ein schwarzes T-Shirt, das ihr ausnehmend gut stand.
    »Verlieben Sie sich nicht zu schnell!«, knurrte MacGinnis. Er stand, ohne dass Hutter es bemerkt hatte, plötzlich direkt vor ihm. Das war das Unangenehme an MacGinnis, erschlich gerne herum, er hatte seine Augen und Ohren scheinbar überall.
    MacGinnis lächelte. »Das Problem mit dieser Frau ist, dass sie diesen anderen Taucher, der ohne Berechtigung im See war und sich dann verletzte …«, sein Blick lag verdächtig lang auf Hutter, »… dass sie diesen Taucher ins Krankenhaus fuhr und dort bei ihm blieb, bis er gestorben war. Es kann also gut sein, dass sie mit diesen Leuten unter einer Decke steckt.«
    Hutter betrachtete das Foto und konnte sich das nur schwer vorstellen. Dennoch: MacGinnis hatte unbestreitbar eine Nase für so etwas, das war allgemein bekannt.
    »Ich nehme sie mal unter die Lupe«, erwiderte Hutter.
    Er glaubte nicht mehr an Gott, aber er glaubte noch an die Schriften.
    Er blätterte das Buch an einer seiner Lieblingsstellen auf und las: Über alle diese deine Bosheit bautest du dir Götzenkapellen und machtest dir Altäre auf allen Gassen;

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