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Die Lava

Die Lava

Titel: Die Lava Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Magin
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mit Geländer.Vermutlich standen selbst vor den Alpengletschern Schilder mit Geschwindigkeitsbegrenzungen.
    Franziska sah auf die Uhr. »Noch 15 Minuten, dann kommt er wieder hoch.«
    Sie versanken bis zu den Knöcheln im warmen Schlamm und staksten näher zu dem Geysir hin.
    Die Erde bebte leicht vor dem Ausbruch.
    »Das ist neu!«, stellte Franziska verblüfft fest, als sie leicht ins Wanken geriet.
    Als der Grund immer heftiger zu schwanken begann, erblasste Joe Hutter.
    Die Erde grummelte. Es handelte sich um ein eigenartiges Geräusch, wie Bauchgrummeln, nur hundertfach lauter, als habe ein Blauwal – nein, eine ganze Schule von Blauwalen – Hunger. Danach ertönte ein Brüllen, ein Tosen, Gewitterdonner – ein feiner weißer Strahl hob sich inmitten des zerborstenen Metallgeländers des Brubbels aus einer Pfütze in dem aufgeweichten Boden, verbreiterte sich schnell in einer explosionsartigen Aufschäumung, wurde zu einem überkochenden Topf, schob die wild verstreuten Steine zur Seite, die von dem Pflaster stammten, das früher das Rohr umgeben hatten.
    Das hochspritzende Wasser glich nicht dem Strahl eines Springbrunnens, es war ein Aufwallen von Hunderten nach oben sprudelnden Wassersäulen.
    Einige Pflastersteine sprangen sogar aus ihrer Verankerung und flogen mehrere Meter durch die Luft.
    Instinktiv hielt sich Joe Hutter eine Hand über den Kopf, eine hilflose Geste, ein Schutzhelm wäre sinnvoller gewesen.
    »Wir sollten uns besser in Sicherheit bringen!«, brüllte Franziska gegen den Lärm an, sie klang ganz unaufgeregt und sachlich. Hutter bewunderte sie, wie nüchtern sie diesen Urgewalten begegnete. Aber sie arbeitete ja auch als Vulkanologin,sie war sicher einiges gewöhnt. Er, ein auf Mikroben spezialisierter Biologe, hatte wenig Erfahrung mit dem Wüten des Planeten, betrachtete all das als außergewöhnlich, ja beängstigend.
    Ohne Vorwarnung begann das Metallgeländer zu rütteln. Aus dem Boden detonierte plötzlich eine schäumende, wilde Masse aus kochendem Wasser, größer als die Aufwallung zuvor, die sich nur etwa einen Meter über das Rohrende gewölbt hatte.
    Wie bei einer Explosion schoss ein Wasserstrahl aus dieser Kuppel, raste himmelwärts, immer höher. Dann brach der Strahl unvermittelt in sich zusammen, regnete heiß auf den schlammigen Grund. Joe bekam einen heißen Tropfen ab, er verbrühte ihm die Haut.
    Der Boden dampfte. Ein Regenbogen wölbte sich über die Urlandschaft. Die Bäume zeigten erste Anzeichen von Überwässerung und übermäßiger Wärme, der Boden war so matschig, dass die Wurzeln keinen Halt mehr fanden und die Stämme sich zu neigen begannen. Das Gras war ja längst schon verschwunden, einzelne graue Halme schwammen in den trüben Pfützen.
    Das Tosen verstummte.
    Joe musste es MacGinnis melden, unbedingt, je früher das Team davon erfuhr, desto besser. Der Kaltwasserstrudel, der zu einem kochendheißen Geysir geworden war – das konnte eine unabwägbare Gefahr für ihre Arbeit sein. Franziska hatte ihm zuvor erklärt, dass dieser Brubbel im Grunde nichts anderes darstellte als die Gasbläschen, die aus dem See kamen. Und wenn diese kleinen Blubberquellen im Krater ebenfalls heißes Wasser von sich gaben, und das vielleicht in der unmittelbaren Nähe des Wracks – dann waren die Konsequenzen nicht abzuschätzen.
    »Entschuldigen Sie mich bitte kurz«, bat Hutter, »ich muss schnell telefonieren.«
    Franziska nickte. Hutter sprach in sein Handy, er drehte Franziska den Rücken zu. Er redete so leise, wie es in dieser Atmosphäre und bei dem herrschenden Trubel nur möglich war, mit schottischem Dialekt, jedenfalls nicht in Oxford-Englisch. Mit ihrem Schulenglisch verstand Franziska kaum etwas.
    Sie hörte immer nur einzelne Worte heraus, wie beispielsweise »geysir«, »hot« oder »boiling«. Es ging also um den Brubbel. Joe Hutter hatte seine Coolness völlig verloren, er ging auf und ab, zeigte in die Höhe, als könne sein Gesprächspartner ihn sehen. Manchmal schrie er fast, so aufgeregt war er. Franziska wunderte sich, dass dieses Naturphänomen den Sachverständigen so mitnahm. Aber interessant war es schon, den Mann von einer anderen Seite kennenzulernen.
    Der Boden zitterte erneut leicht. Der Brubbel befand sich nur kurze Zeit vor einem weiteren Ausbruch; der wallende Born hatte sich ganz offensichtlich ein neues Intervall gesucht. Statt alle dreißig Minuten brach er nun alle fünf Minuten aus, und das mit der zehnfachen Gewalt.
    »Ich gehe

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