Die Lava
üblichen drängenden Art. Der Ausbruch des Brubbels war ein Warnzeichen. Daran sollten seine Mitarbeiter stets denken – sie hatten es nicht nur mit dem Wrack und seiner Ladung zu tun, sondern mit einem Vulkan, dessen Gefährlichkeit niemand genau einschätzen konnte.
Am Anfang hatten sie die Flachwasserzone durchsucht, an der Stelle, wo die Augenzeugen in der Nachkriegszeit die abgestürzte Halifax gesehen haben wollten, waren jedoch nicht fündig geworden. Das Flugzeug war offensichtlich in tiefere Seeregionen gerutscht. Die Erdstöße der letzten Tage hatten es vermutlich noch weiter bewegt.
»Haben Sie von dem Geysir gehört, Neal?«
»Ahaaa«, presste Neal zustimmend aus seinem zusammengekniffenen Mund. Er konzentrierte sich völlig auf das vor ihm stehende Gerät.
»Hutter ist am Geysir«, erklärte MacGinnis, »und informiert sich.«
Die anderen nickten. Während Hutter das Assessment erarbeitete, befasste sich jeder mit seiner speziellen, ihm zugewiesenen Aufgabe. Es war Reginald MacGinnis, der die anderen über den Stand ihrer Teamkollegen informierte, der alle Fäden zusammenhielt.
»Wenn uns der Berg nicht um den Kopf fliegt«, meinte Neal, »dann finden wir die Halifax innerhalb einer Woche.«
Er sah zu seinem Kollegen hinüber, dem Nordengländer, der vor einem Monitor saß. Er tüftelte die Feinheiten des Stahlgerüsts aus, das für die Bergung gebraucht wurde. »In einer Woche haben wir die Details.« Er nickte. Der Nordengländer war ebenfalls ein junger Techniker, er ließ sich gerade einen roten Strubbelbart wachsen, der ihn ältererscheinen lassen sollte. Dann startete er eine neue Simulation, die Auskunft über die Festigkeit der Verschraubungen liefern sollte. Falls sich zu viel Wasser in dem Wrack befand, konnte die Belastung des Gerüsts höher sein als erwartet; ein Problem, das in der Konstruktion berücksichtigt werden musste. MacGinnis ging langsam zu dem Nordengländer hinüber und hörte geduldig dessen Erklärungen zu. Der Nordengländer errötete immer, wenn er mit dem Alten sprach. Er war noch zu unerfahren, um nicht ständig zu fürchten, ihm könne ein Fehler unterlaufen.
Neal drückte den Schalter des Side-Scan-Sonars auf on. Auf dem Bildschirm vor ihm erschienen Quadrate, Rechtecke, starke und schwache Linien, amorphe Flecken – ein Grundriss des Raumes, in dem sie sich befanden. Ganz verschwommen, wie das Foto eines Geistes, erschien der Flur hinter der Wand, und daneben noch Ahnungen der Nachbarzimmer. Es klappte. Neal war zufrieden.
Im Gegensatz zu einem Echolot, das ein Schallsignal direkt nach unten sendet, schickt der Side-Scan seine Töne zur Seite und erfasst somit keinen Punkt, sondern eine Fläche. Das resultierende Bild gleicht dann einer Schwarzweißfotografie des Bodens.
Neal winkte MacGinnis herbei und präsentierte ihm das Bild auf dem Monitor mit einer Handbewegung, wie Zauberer sie machen, bevor sie ein Kaninchen aus dem Hut ziehen.
»Wir können nun«, erklärte Neal die Besonderheit des Verfahrens, »die Form der von uns bereits festgestellten Anomalien im See erfassen. Wir sehen dann, welche davon das Flugzeug und welche beispielsweise nur ein großer eisenhaltiger Lavastrom sind.«
Reginald MacGinnis lächelte. Das waren gute Nachrichten.
»Alles, was wir finden und was annähernd kreuzförmigist«, fuhr Neal fort, »könnte die gesuchte Halifax sein. Alles, was nicht kreuzförmig ist, könnte immer noch ein Flugzeug sein, das im Schlamm versunken ist. Aber trotzdem könnten wir eine Form finden, die eindeutig der Bomber ist und auch die richtigen Maße hat. Das wäre der Idealfall, dann müssen wir nicht mehr länger suchen.«
Der Alte nickte. Neal war seine Wahl gewesen, er hatte den jungen Ingenieur vor Jahren direkt von der Universität geholt.
»Wir können zumindest zuerst die bereits mit dem Echolot lokalisierten Ziele genauer untersuchen, von denen wir annehmen, dass der Bomber vielleicht dort liegt. Wir sparen beträchtliche Zeit für sinnlose Tauchgänge.«
Neal ließ die Rotoren des Tauchroboters schnurren. »Selbst die lohnenden Ziele können wir eingehend untersuchen, bevor wir wertvolle Arbeitsstunden mit Tauchgängen verschwenden.« Er stoppte den Propeller, die Schrauben drehten sich noch einen Moment lang weiter und standen dann still. »Das sind unsere Augen.«
MacGinnis blickte auf eine Unterwasserkamera, die neben dem Sonargerät auf dem Linoleumboden lag. »Können wir die auf das Gerät montieren?«
»Ja, aber erst
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