Die Lavendelschlacht
stellte ich beinahe glücklich fest.
Auch Linus räkelte sich zufrieden auf seiner Schmusedecke. In den letzten Wochen war ihm deutlich anzumerken gewesen, dass unser »Schichtdienst« ihm nicht behagte. Nun war er froh, alle seine Lieben endlich mal wieder zur gleichen Zeit um sich zu haben.
»Fast wie in alten Zeiten«, brach Thomas, der sich auf dem Sofa ausgestreckt hatte, die Stille.
»Fast wie in alten Zeiten«, stimmte ich zu.
»Tja, wenn’s drauf ankam, waren wir schon immer ein tolles Team.« Einträchtig starrten wir ins Feuer und nippten an unserem Eierpunsch.
Mitten in der Nacht wurde ich wach.
Was war los? Durst hatte ich nicht, auf die Pipibox musste ich auch nicht, und an Henriksbergs rabiate Attacken auf meine Bandscheiben war ich mittlerweile schon gewöhnt.
Trotzdem konnte ich nicht wieder einschlafen. Eine Weile starrte ich die Zimmerdecke an und ließ den vergangenen Abend noch einmal Revue passieren. Not schweißt zusammen. Wie wahr, wie wahr! Thomas und ich waren uns schon seit Ewigkeiten nicht mehr so nahe gewesen. Vielleicht war ja Weihnachten genau der richtige Zeitpunkt, um das Kriegsbeil zu begraben und sich endlich in aller Ruhe auszusprechen. Mit welchem Ergebnis auch immer ...
Ich gähnte und versuchte mit zusammengekniffenen Augen, die Uhrzeit auf dem Radiowecker zu erkennen.
Dabei fiel mir diese mysteriöse Uhr wieder ein.
Ich angelte nach meiner Brille und schlich auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer. Das Kästchen stand immer noch auf dem Kaminsims.
Doch bei meinem Versuch, die Uhr aus der Verpackung zu nesteln, rutschte mir das Schächtelchen aus den Händen und segelte zu Boden.
Verflixt, war ich manchmal tollpatschig!
Die Armbanduhr schien ihr Geld wert zu sein, äußerst robust, sie hatte nicht einen einzigen Kratzer abbekommen. Als ich mich bückte, um auch noch das blaue Samtkissen, auf dem das edle Designerteil in der Schachtel geruht hatte, aufzuheben, entdeckte ich ein zusammengefaltetes Stück Papier.
Hoppla! Wo kam das denn auf einmal her? Das Zettelchen musste unter dem Kissen geklemmt haben.
Mein detektivischer Spürsinn war erwacht. Ach was, um ehrlich zu sein: Es war Neugierde, reine Neugierde!
Ich rückte meine Brille zurecht und begann zu lesen: »Vielen Dank für alles. Frohe Weihnachten. Valerie.«
Mir sprang das Messer in der Tasche auf.
Von wegen Irrtum des Juweliers! Ich war felsenfest davon überzeugt, dass Thomas genau gewusst hatte, welche edle Spenderin hinter diesem Geschenk steckte.
Er musste sich ja mächtig ins Zeug gelegt haben, wenn sich seine Geliebte mit einer so teuren Uhr für seine »Dienste« bedankte. Ich knirschte mit den Zähnen. Das, was Thomas mir im Bett vor dem großen Knall geboten hatte, war noch nicht mal Swatch -Niveau gewesen.
Dem Rat einer renommierten Frauenzeitschrift folgend – wecken Sie das Tier in ihm! –, hatte ich keinen Trick unversucht gelassen, ihm in puncto Leidenschaft ein wenig auf die Sprünge zu helfen. Sexy Wäsche, Schaumbad, Kerzenlicht, sogar ins Solarium hatte ich ihn geschleppt, weil Sonne, laut der Verfasserin des Artikels, die Libido so schön auf Zack bringt. Doch wenn es ein Tier in ihm gegeben hatte, dann höchstens ein voll gefressenes, träges Katzenvieh, das gar nicht daran dachte, sich wecken zu lassen. Natürlich hatte ich das auf den Stress und die viele Arbeit geschoben. Armer, armer Thomas. Wer konnte denn auch ahnen, dass der räudige Kater sich aushäusig die Wampe voll schlug. Ich stieß ein verächtliches Schnauben aus.
Voller Wut packte ich die Uhr wieder ein und das Kriegsbeil wieder aus.
Schlimm genug, dass ich mich selbst von der tollen Inszenierung unseres Krippenspiels hatte einlullen lassen, aber diese reizende Weihnachtsüberraschung hatte die Dinge von neuem ins richtige Licht gerückt.
Schluss mit dem Theater!
Thomas musste raus! Schnellstmöglich! Aus meinem Leben und aus dieser Wohnung!
Zehn
Die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr waren eine absolute Katastrophe. Ohne Vorwarnung fiel mir die Decke auf den Kopf. Rums! Der Weihnachtsspuk war vorüber, und nun wartete ich darauf, endlich auch noch die leidige Silvesterfeier hinter mich zu bringen. Wenn ich mich wenigstens durch Arbeit hätte ablenken können, aber die Redaktion war für eine Woche geschlossen. Toll! Während Bernd es sich im trauten Kreise seiner Familie so richtig gut gehen ließ, verwöhnt und betüddelt wurde, ödete ich mich vor der Glotze an. Zum ersten Mal, seit ich bei Diabolo war,
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