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Die Lavendelschlacht

Die Lavendelschlacht

Titel: Die Lavendelschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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Einfach umwerfend.«
    Auch damit hatte sie vollkommen Recht. Das Kleid demonstrierte anschaulich, dass meine Taille eigentlich gar nicht mehr vorhanden war. Wie Wurst in Pelle. Wenn meine Mutter mich in dieser Aufmachung sehen könnte, würde sie auf der Stelle vor Scham in Ohnmacht fallen. Zu Recht! Mein ganzer Körper war eine einzige Problemzone.
    »Wirklich ganz entzückend!«
    Die gute Frau hatte entweder keine Augen im Kopf, oder genau dieses Kleid trennte sie vom Umsatzziel des heutigen Tages.
    Ich hasste solche Verkäuferinnen abgrundtief. Damen dieses Kalibers machte ich für zahlreiche Fehlkäufe verantwortlich. »Dieses zarte Bleu steht Ihnen zu Ihren blonden Haaren ganz ausgezeichnet.« Das zarte Bleu entpuppte sich zu Hause jedoch bei näherer Betrachtung als schreiendes Babyblau, und die Bluse in ebenjener Farbe leistete mir seitdem als Putzlappen de luxe treue und vor allem teure Dienste.
    Mona hatte es unterdessen völlig die Sprache verschlagen. Wie bei einem Tennismatch schaute sie mit weit aufgerissenen Augen von mir zu der Verkäuferin und dann wieder zu mir. Die Situation war grotesk.
    In diesem Moment trat eine hochschwangere Frau mit zwei niedlichen, schokoladenverschmierten Kindern an der Hand auf mich zu. Sie lächelte mich freundlich an. Na bitte, endlich mal ein netter Mensch! Vielleicht sah ich ja doch nicht ganz so verboten aus wie befürchtet. Diese blöden Kaufhausspiegel lassen einen nun mal ausgesprochen unvorteilhaft wirken. Man kennt das ja ...
    »Sehr gewagt, aber schließlich kann man stolz darauf sein«, machte die sympathische Frau mir neuen Mut.
    Ich fand das zwar ein wenig übertrieben, aber im Prinzip war ich ganz ihrer Meinung. Wegen ein paar Kilo mehr auf den Hüften braucht man sich doch nicht gleich in Kartoffelsäcke zu hüllen.
    »Sagen Sie, wo finde ich denn diese Umstandsmode?«
    Umstandsmode? Hatte sie wirklich gerade Umstandsmode gesagt? Vor Schreck vergaß ich, die Luft anzuhalten. Ratsch! Was für ein fieses Geräusch. Der dünne Stoff war dem heftigen Druck nicht gewachsen und riss entzwei. Meine Speckpölsterchen lagen blank. Ebenso meine Nerven. Ich brach in Tränen aus. Peinlich berührt suchte die Verkäuferin, die ihre Provision im wahrsten Sinne des Wortes davonschwimmen sah, das Weite. Die Blagen der werdenden Mutter fielen solidarisch in meine Flennerei ein. Mami steckte ihren Heulbojen einen Keks in den Mund und tätschelte tröstend meine Schulter.
    »Ja, ja, die Hormone. Ich kenne das. Bei meinem Zweiten hier«, sie strich einem ihrer Zöglinge liebevoll durch die Haare, »hatte ich regelrecht Depressionen. Das ist bald wieder vorbei.«
    Mein Schluchzen wurde immer heftiger. Mona, die ihre Fassung wieder gefunden hatte, komplimentierte die hochschwangere Frau aus meiner Reichweite. Mit wilden Handzeichen schickte sie sie ans andere Ende des Kaufhauses, wo sich laut ihrer Auskunft die Umstandsmodenabteilung befand. Meines Wissens war dort zwar schon seit Jahren die Schreibwarenabteilung untergebracht, aber das war mir im Augenblick herzlich egal.
    Die geballte Ladung Mutterglück zog Richtung Leitzordner von dannen, und Mona schenkte mir wieder ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.
    »Zieh den Fummel aus«, befahl sie resolut. »Wir gehen Kaffee trinken.«
    Schluchzend gehorchte ich ihrer Anweisung.
    In dem kleinen Bistro des Kaufhauses kämpfte ich erneut gegen die aufsteigenden Tränen an.
    »Das Kleid war einfach ‘ne Nummer zu klein«, versuchte Mona, mich zu trösten. Mit bescheidenem Erfolg.
    »Buhu, ich sehe aus wie ein hängebäuchiges Nilpferd.« Frustriert
    rührte ich mit dem Löffel in meiner Kaffeetasse herum. »Kein Wunder, dass Thomas im Bett nichts mehr von mir wissen wollte. Sex mit Tieren – einfach widerlich!«
    Mona schüttelte empört den Kopf. »Du übertreibst maßlos. Gut, du hast in den letzten Wochen ein bisschen zugelegt, hier und da sitzt ein Kilochen zu viel, aber das ist ja auch kein Wunder – bei der ganzen Aufregung. Mit etwas Disziplin hast du das in null Komma nichts wieder im Griff.«
    Wohl dem, der an Wunder glaubt!
    Im Geiste sah ich mich heißhungrig an einer faden Möhre herumknabbern und gierig eine Pampelmuse auslutschen. Das war also das Resultat meiner Schokoladentherapie. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker ...
    Mein Rühren wurde immer heftiger. Wie hypnotisiert beobachtete ich den kleinen braunen Strudel, der in der Tasse auf und ab tanzte. Möglicherweise konnte ich ja auch gar

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