Die Lavendelschlacht
schöne Frau«, begrüßte er mich charmant.
»Selber hallo«, lachte ich.
Während ich mit einem Auge die Speisekarte überflog, unterhielten wir uns über Kai und Mona.
»Wie konnte Mona bloß auf dieses Windei reinfallen?!«, echauffierte ich mich.
»Hat das Windei Ähnlichkeit mit Thomas?«
»Ja. Man merkt schon, dass die beiden Brüder sind. Warum?«
»Dann müsstest du dir die Frage selbst am besten beantworten können.«
»Sehr witzig. Auf wessen Seite stehst du eigentlich?«
»Na, auf unserer natürlich.« Er warf mir einen schmachtenden Blick zu.
Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich wieder der Pinguin an unserem Tisch auf. »Haben die Herrschaften schon gewählt?«
Nachdem wir unsere Bestellung aufgegeben hatten – bald würde es ein halbes Dutzend glücklicher Schnecken weniger geben –, schaute ich mich neugierig um. Ein solch illustres Publikum bekam man schließlich nicht jeden Tag zu Gesicht! Und was es da alles zu sehen gab!
Josch war der optimale Begleiter! Mit niemandem konnte man so gut lästern wie mit ihm. Außer mit Mona, aber die stand zur Zeit auf meinem persönlichen Index.
Josch und ich machten uns einen Spaß daraus, über die vornehm tafelnden Gäste an den Nachbartischen herzuziehen. Einer wichtiger und schöner als der andere: zentnerschwere Klunker, üppige Silikonbusen und schlecht sitzende Toupets en masse. Während die Damen alles dafür taten, um sich optisch von der Konkurrenz abzuheben, schien für die Herren eine strenge Kleiderordnung zu gelten: schwarze, mausgraue oder allenfalls noch dunkelblaue Anzüge. Die ganz mutigen unter ihnen hatten sich zu einer etwas farbenfroheren Krawatte hinreißen lassen, was fast schon an Rebellion grenzte.
Zu meinem großen Erstaunen entdeckte ich sogar einige bekannte Gesichter.
»Düsseldorf hat seinen Namen verdient. Es ist wirklich ein Dorf. Dreh dich mal unauffällig um«, forderte ich Josch auf.
Der tat, wie ihm geheißen. Als er sich mir wieder zuwandte, zog er eine Grimasse, als hätte er Zahnschmerzen. »Mann, dein Ex ist ja schlimmer als Heftpflaster. Nicht mal hier wird man den los.«
Was das betraf, hatte Josch leider Recht.
Thomas saß ein paar Tische weiter. Gewöhnlich lud er nur ausgewählte Kunden ins Luxor ein. Kunden, für die Geld keine Rolle spielte und die seiner Firma jede Menge davon in den Rachen schmissen. So wie der Baron und die Baronin, die gerade gelangweilt die Speisekarte studierten. Thomas hingegen war sichtlich angespannt, wahrscheinlich überschlug er im Geiste schon mal die Rechnung.
»Möchtest du lieber woanders hingehen?«, fragte Josch mich besorgt. »Du musst nur einen Ton sagen. Vielleicht lässt sich unsere Bestellung noch stoppen.«
»Ach, i wo! Guck mal, wie Thomas diesen feinen Herrschaften in den Hintern kriecht. Ob da wohl noch Platz für mich ist?«
»Meinst du am Tisch oder im Allerwertesten?«
»Beides«, antwortete ich grinsend. »Kannst du es ein paar Minuten ohne mich aushalten?«
Josch zauberte zwei, drei kummervolle Falten auf seine Stirn. »Wird schwer werden, aber ich schaffe das schon irgendwie.«
Hocherhobenen Hauptes schritt ich durch das Restaurant. Thomas saß mit dem Rücken zu mir, sodass er das nahende Unheil – nämlich mich – nicht sofort ausmachen konnte.
Anders der Baron. Der sprang von seinem Stuhl auf und kam mit ausgebreiteten Armen auf mich zu. »Frau Vogel, wie schön, Sie zu sehen.« Thomas war seinerzeit der Meinung gewesen, dass es bei seinen spießigen, auf Etikette bedachten Kunden einen besseren Eindruck machen würde, wenn er mich als seine Frau vorstellte. Nur ein paar Wochen später hatte er sich geweigert, mich zu heiraten. Ironie des Schicksals? Schon möglich, aber ich stand nicht auf diese merkwürdige Art von Humor!
Der Baron betrachtete mich wohlwollend. Seine kleinen Glupscherchen machten Anstalten, aus den Augenhöhlen zu springen, um es sich in meinem Dekolleté gemütlich zu machen. Gerade noch rechtzeitig besann er sich auf seine guten Manieren. Oder auf die Anwesenheit seiner Frau. Schweren Herzens riss er sich von meinem Busen los und deutete einen formvollendeten Handkuss an. »Ich hoffe, Sie fühlen sich wieder wohl. Ihr Gatte hat uns eben mitgeteilt, dass Sie ein wenig unpässlich seien und deshalb nicht an unserem kleinen Dinner teilnehmen könnten.«
»Ach, mein Mann ist ja immer so besorgt um mich«, flötete ich. »Nicht wahr, Schatz?« Ich klimperte mit den Wimpern und bedachte Thomas mit einem herzallerliebsten
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