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Die Lavendelschlacht

Die Lavendelschlacht

Titel: Die Lavendelschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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den Besuchern so ankam, zupfte ich nach dem Zufallsprinzip den erstbesten Typ, der mir über den Weg lief, am Ärmel. »Tschuldigung!«, brüllte ich gegen die Musik an. »Ich würde dich gerne etwas fragen.«
    Der blonde Schönling strich sich seine sorgfältig gestylten Locken zurück und zog gekonnt eine Augenbraue in die Höhe. »Netter Versuch, Blondi. Aber ich hab schon ‘ne Freundin. Vielleicht beim nächsten Mal.«
    Arroganter Schnösel! Und überhaupt – was hatte dieser Blödmann hier eigentlich zu suchen?! Wie man von dem Namen der Party unschwer ableiten konnte, war das eine Veranstaltung für Singles. Zu einem Ärztekongress gingen schließlich auch keine Klempner!
    Das nächste Opfer, das ich ins Visier nahm, war mehr so der Typ Otto Normalverbraucher, schätzungsweise Mitte zwanzig, kein Adonis, aber für den Hausgebrauch völlig in Ordnung.
    Aus Erfahrung wird man klug. »Bist du Single?«, fragte ich ihn vorsichtig.
    »Jo.«
    »Bedeutet das jetzt ja, oder heißt du Jo?«, wollte ich leicht amüsiert wissen.
    »Bedeutet ja, und ich heiße Jürgen.«
    »Schön, Jürgen, ich bin die Annette und schreibe für das Stadtmagazin Diabolo. Wärst du wohl so nett, mir ein paar Fragen zu beantworten?«
    »Jo.«
    »Gefällt dir die Party?«
    »Jo«, kam die wortkarge Antwort. Meine Güte! War der Kerl zäh! Ein Gespräch mit ihm war fast schon ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Wahrscheinlich war der Arme schüchtern und brauchte einfach nur ein bisschen Zuspruch.
    »Hier laufen ja viele hübsche Mädels rum. Hast du schon eines davon kennen gelernt?«
    »Nö.«
    So redselig, wie er war, wunderte mich das nicht. Ich gab mich geschlagen, vielleicht waren die Damen ja etwas mitteilungsfreudiger.
    Gott sei Dank fand ich auf dieser komischen Party auch Menschen, die bereit waren, mit mir zu reden. Sogar in ganzen, zusammenhängenden Sätzen. Subjekt, Prädikat, Objekt, wie sich das gehört. Eine halbe Stunde später hatte ich genügend Stoff für meinen Artikel zusammen und schlenderte an die Bar zurück. Schon von weitem sah ich, dass Frauke Gesellschaft bekommen hatte. Männliche Gesellschaft! Sollte Bernd mit der Karte für diese Party etwa ins Schwarze getroffen haben? Ein Verdienstkreuz wäre ihm sicher. Doch als ich Fraukes Gesicht sah, rückte Bernds Auszeichnung in unendlich weite Ferne. Obwohl der Typ, der neben ihr stand, die Pubertät (nicht jedoch die Pubertätspickel) schon eine Weile hinter sich gelassen hatte, machte sie keinen besonders glücklichen Eindruck. Sie verdrehte genervt die Augen und warf mir einen Hilfe suchenden Blick zu.
    Als ich mich unauffällig dazugesellte, wurde mir klar, warum. Der Typ hörte sich selbst gerne reden, und sein Lieblingsthema war zweifellos er selbst. Dabei war seine Aussprache im Gegensatz zu seinem Erzählstil leider alles andere als trocken.
    »Selbstverständlich haben wir gegen das Urteil Einspruch eingelegt«, spuckte er gleichzeitig große Töne und kleine Speicheltropfen. »Und was glaubst du, wer in nächster Instanz gewonnen hat?« Eine rhetorische Frage, denn ohne Fraukes Antwort abzuwarten, beweihräucherte er sich in einer Tour weiter.
    Ein Mann muss nicht unbedingt schön sein, aber es schadet auch nichts, dachte ich wehmütig und bemühte mich, nicht allzu angewidert auf sein beim Sprechen hin und her schwabbelndes Doppelkinn zu starren.
    Frauke konnte einem echt Leid tun. Höchste Zeit, sie von diesem penetranten Verehrer zu erlösen!
    »Hallo, ich bin Annette«, unterbrach ich seinen Monolog.
    Wässerig blaue Augen glotzten mich hinter einer dicken Hornbrille interessiert an.
    Bevor er dazu kam, den Mund aufzumachen, plapperte ich wie ein Wasserfall los. Solche Leute, das hatte ich gelernt, konnte man nur mit ihren eigenen Waffen schlagen. »Hat dir Frauke eigentlich schon von ihrem kleinen Sohn Tillmann erzählt? So ein süßer Bengel! Natürlich auch ziemlich anstrengend, aber das sind sie doch in dem Alter alle, nicht wahr?« Schnell gab ich noch ein paar haarsträubende Anekdoten aus Fraukes Alltag zum Besten, die größtenteils auf wahren Begebenheiten beruhten, nahm mir jedoch die Freiheit, sie hier und da ein wenig auszuschmücken.
    Keine fünf Minuten, und ich hatte die Laberbacke in die Flucht geschlagen.
    Frauke atmete auf. »Puh, danke für die Rettung. Ich weiß nicht, was ich ohne dich gemacht hätte. Ich konnte ihm nicht mal sagen, dass er sich verpissen soll, dafür hätte ich nämlich zu Wort kommen

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