Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lavendelschlacht

Die Lavendelschlacht

Titel: Die Lavendelschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
Vom Netzwerk:
Auftrag für mich?«
    »Na ja, nicht so direkt.« Ohne es zu merken, hatte ich mir schon wieder eine Haarsträhne in den Mund gesteckt. Wie ein Baby an seinem Schnuller nuckelte ich darauf herum.
    »Also indirekt.« Keine Frage, langsam wurde der gute Fredo ungeduldig.
    »Du hast doch Kontakt zu Leuten, die diese kleinen bunten Pillen verhökern, Ecstasy und das ganze andere Zeug, oder?«
    »Du meinst Dealer.«
    Dealer – was für ein fieses Wort! Es erinnerte mich daran, dass das, was ich vorhatte, illegal war. Dabei war ich immer so stolz darauf gewesen, eine ehrbare und rechtschaffene Bürgerin zu sein. Mit vierzehn hatte ich am Kiosk ein Päckchen Zigaretten geklaut, und hin und wieder beschiss ich auch das Finanzamt. Aber das waren doch wirklich Peanuts, verglichen mit dem, was andere auf dem Kerbholz hatten.
    »Annette, bist du noch dran?«
    Ich sprang über meinen Schatten. Außergewöhnliche Umstände erforderten außergewöhnliche Maßnahmen. »O.k., dann also Dealer. Weiß du, ob diese Typen auch Viagra im Sortiment haben?«
    Fredo bepisste sich fast vor Lachen. »Hör mal, Kleines, wenn es dein Stecher nicht mehr bringt, kannst du die Tabletten billiger kriegen. Warum schickst du deinen Freund nicht einfach zum Onkel Doc?«
    »Fredo!« Ich versuchte, meine Stimme drohend klingen zu lassen, was mir auch erstaunlich gut gelang. »Überleg dir lieber, was du sagst. Willst du noch Aufträge von uns bekommen oder nicht?«
    »Also schön.« Plötzlich war er wieder ernst. Na bitte, warum nicht gleich so? »Wie viele von den Wunderpillen brauchst du?«
    »Eine.« Ich wollte Thomas schließlich nicht umbringen.
    »Vergiss es. Mindestabnahme fünf Stück. Preis ist Verhandlungssache. Wenn du möchtest, arrangiere ich ein Treffen für dich.«
    »Kannst du mir die Tabletten nicht besorgen?«, flehte ich ihn an. Aber diesmal schaltete Fredo auf stur. Ich spürte, dass mit Drohungen hier nichts mehr auszurichten war.
    Ich hasste es, mich spätabends oder nachts auf dem Hauptbahnhof aufzuhalten, denn die Gestalten, die dort um diese Zeit herumlungerten, wirkten nicht gerade besonders Vertrauen er weckend. Pausenlos wurde man angepöbelt oder um Geld angeschnorrt, auch viele kriminelle Subjekte trieben hier im Schutz der Dunkelheit ihr Unwesen. Ich musste es schließlich wissen, denn mit einem davon war ich verabredet.
    Die Hände tief in den Manteltaschen vergraben, hastete ich im Laufschritt über den Vorplatz. Ein paar Penner hatten sich in einer windgeschützten Ecke häuslich niedergelassen. Die waren harmlos! Um sich wenigstens von innen zu wärmen, ließen sie eine Zweiliterflasche Lambrusco kreisen. Sie taten mir Leid! Zum einen, weil man von dem billigen Fusel einen furchtbaren Brummschädel bekam, zum anderen, weil sie sich diese Art von Leben bestimmt nicht freiwillig ausgesucht hatten.
    Es war fünf vor eins, als ich zögernd die Stufen zu Gleis zwölf hinaufstieg. Der Bahnsteig war in ein fahles, gespenstisches Licht getaucht. Es zog hier oben wie Hechtsuppe. Ich zitterte, ob vor Kälte oder vor Aufregung, wusste ich selbst nicht so genau. In einem Punkt war ich mir jedoch sicher: Ich hatte die Hosen gestrichen voll!
    Mit den Augen suchte ich den Bahnsteig ab. Im Schatten des Getränkeautomaten drückte sich eine finstere Gestalt herum. Genau der Typ Mann, der in Krimis immer den Mörder spielt! Zwar sah ich den potenziellen Schwerverbrecher nur von hinten, aber die schwarze Lederjacke, das schüttere Haar und die breiten Schultern ließen zweifellos auf eine kriminelle Veranlagung schließen. Um ehrlich zu sein: Unter den gegebenen Umständen hätte ich sogar Herrn Wittgenstein, unseren spießigen Kreditheini, für einen Sittenstrolch gehalten. Die, die auf den ersten Blick ganz harmlos wirkten, waren sowieso immer die Schlimmsten! Als erfahrener Krimi-Zuschauer kannte ich mich damit aus!
    Mittlerweile war es schon zehn nach eins, der Platz neben dem Automaten war leer, und der große Unbekannte hatte sich immer noch nicht blicken lassen. Ich konnte nicht behaupten, dass ich besonders traurig darüber war.
    »Annette?«
    Ich zuckte zusammen. Vor mir stand plötzlich ein langer Lulatsch mit ausgemergeltem Gesicht und fettigen Haaren.
    »Annette?«, wiederholte er noch einmal.
    »Ja«, krächzte ich kaum hörbar und nickte für den Fall, dass er die Kunst des Gedankenlesens nicht beherrschte, mit dem Kopf. Er hielt mir die ausgestreckte Hand entgegen. »Hundertfünfzig.«
    Ich war total überrumpelt. Ließ

Weitere Kostenlose Bücher