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Die Lavendelschlacht

Die Lavendelschlacht

Titel: Die Lavendelschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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man sich nicht zuerst die Ware zeigen? Was sagte man in so einer Situation? Ich stöberte in meinem Krimi-Archiv. Wie wäre es mit »Will sehen!«? Ach nein, so hieß es ja beim Pokern.
    Meine Finger waren vor Kälte ganz steif, unbeholfen kramte ich in meiner Manteltasche herum.
    »Nun mach schon!«, herrschte er mich an. Er machte nicht den Eindruck, als wäre er zu Verhandlungen bereit. In der Ferne sah ich die Lichter eines herannahenden Zuges. Er würde mich doch wohl nicht auf die Gleise stoßen? O Gott, auf was hatte ich mich da bloß eingelassen?! Es gab mit Sicherheit genügend Menschen, die schon für weitaus weniger Geld ins Gras oder in die Schienen gebissen hatten.
    Wenigstens würde ich im Fall der Fälle als erstes weibliches Viagra-Opfer in die Geschichte eingehen, dachte ich mit einem Anflug von Galgenhumor.
    Endlich spürte ich die raschelnden Scheine zwischen meinen Fingern, zog sie aus der Tasche, zählte den geforderten Betrag ab und drückte dem Lulatsch das Geld in die Hand. Ich war versucht, ihm auch noch mein Auto und unsere Wohnung anzubieten, nur damit er mich am Leben ließ.
    Die Lichter kamen näher und näher. Als ich bereits meinte, den Luftzug des einfahrenden Zuges zu spüren, machte der Fremde plötzlich eine ruckartige Bewegung in meine Richtung.
    Jetzt... jetzt würde er es tun!
    Unwillkürlich wich ich einen Schritt zurück und kniff die Augen zusammen. Ein Adrenalinstoß jagte den nächsten. Das Blut rauschte in meinen Ohren, das Herz hämmerte schmerzhaft gegen den Brustkorb.
    »Was ist nun, willst du die Pillen oder nicht?«
    Überrascht öffnete ich die Augen. »Äh, ja klar.«
    Er gab mir ein Röhrchen und stieg in den Zug, der gerade mit kreischenden Bremsen zum Stehen gekommen war.
    »Danke für die Überstunden, lieber Schutzengel!«, seufzte ich erleichtert. Um mich zu beruhigen, atmete ich ein paarmal tief durch, schön aus dem Bauch heraus.
    Geschafft! Der Spuk war vorüber. Zeit, von diesem ungemütlichen Ort zu verschwinden! Die kostbaren Viagra-Pillen fest gegen die Brust gepresst, machte ich mich auf den Heimweg.
    Natürlich dachte ich gar nicht daran, mein Pulver einfach so ins Blaue hinein zu verschießen. Dafür war die Beschaffung viel zu schwierig gewesen. Es musste sich schon richtig lohnen! Also wartete ich auf den richtigen Zeitpunkt, um loszuschlagen. Ein paar Tage später war er endlich gekommen.
    Mit einem fröhlichen Liedchen auf den Lippen sprang ich bereits vor dem Weckerklingeln aus dem Bett. Einem Morgenmuffel wie mir passiert das selten, aber ich hatte auch wirklich allen Grund, bester Laune zu sein. Wie Mona von Kai und ich von Mona erfahren hatte, sollte um neun Uhr die Präsentation für das neue Einkaufszentrum stattfinden. Auch wenn Kai der Projektleiter war, ließ Thomas es sich als Chef selbstverständlich nicht nehmen, persönlich anwesend zu sein.
    Damit er zur Bestform auflaufen würde, hatte ich am Vortag seine Vitamintabletten gegen meine ganz speziellen Muntermacher ausgetauscht. Ich war mir sicher, dass Thomas die andere Farbe und Form der Tabletten nicht einmal bemerken würde. Er konsumierte das ganze Zeug aus der Apotheke so wahllos, dass man ihm vermutlich sogar Zäpfchen zum Schlucken unterjubeln konnte.
    Ich hatte alles genau recherchiert und bis ins Detail geplant. Nach der Einnahme dauerte es circa eine Stunde, bis die Konzentration im Blut hoch genug war und Viagra die volle Wirkung entfaltete. Dennoch regte sich bei normaler Dosierung ohne sexuelle Stimulation gar nichts. Und da nicht davon auszugehen war, dass Lili in sexy Dessous durchs Büro tänzeln würde, durfte es also ruhig ein bisschen mehr sein. Thomas schluckte jeden Morgen vier unterschiedliche Präparate. Zwei der vier Pillendöschen hatte ich mir gestern Abend vorgeknöpft und dafür gesorgt, dass der Herr Architekt zum Frühstück garantiert die richtigen Tabletten einwerfen würde. Der Countdown lief. Ein Jammer, dass mir dieses Schauspiel entgehen würde!
    Langsam wurde ich jedoch unruhig. Dafür, dass er bereits in einer halben Stunde im Büro sein musste, ließ Thomas sich erstaunlich viel Zeit. In aller Seelenruhe las er die Zeitung und schenkte sich, ohne auf die Uhr zu sehen, noch eine Tasse Kaffee ein.
    Um Viertel vor neun hockte er immer noch ganz gemütlich in der Küche, da hielt ich es nicht mehr aus. »Musst du nicht langsam los? Ich dachte, ihr hättet heute diese wichtige Präsentation.« Thomas lugte misstrauisch hinter der Wand aus

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