Die Lazarus-Formel
Realität werden zu lassen. Und das konnte er sich definitiv leisten.
Er hatte neulich – wie jedes Jahr – im Forbes Magazine die aktualisierte Liste der reichsten Menschen der Welt studiert und wie immer darüber geschmunzelt, welche lächerlichen Beträge die meisten für Reichtum hielten.
Wie jedes Mal, wenn er Lust hatte auf eine oder mehrere Gespielinnen, hatte er Erik angerufen, seinen dänischen Haremsverwalter, und die Frauen in dem großen Raum zur Besichtigung antreten lassen. Sie hatten jederzeit zur Verfügung zu stehen und taten gut daran, zu jeder Tages- und Nachtzeit für ihn bereit zu sein.
Aktuell waren es achtzehn. Nahezu jeder ethnische Typus, den er mochte, war vertreten, jeweils einmal in grazil schlank, in vollschlank und üppig. Sie erwarteten ihn in verschiedenen Kostümen und Aufmachungen, und etwas abseits stand Erik, ein blonder Hüne mit eisernen Muskeln, dessen sanftes Gesicht darüber hinwegtäuschte, wie fest er den Harem im Griff hatte.
Keine der Frauen war freiwillig nach Naqada Manor gekommen, aber alle, die nun um ihren Herrn herumsaßen oder -standen und ihm unterwürfig zulächelten und sich ihm willig präsentierten, waren gern hier. Die, die nicht gern hier und so unklug waren, das zu zeigen, lebten nicht lange.
Dafür sorgte Erik. Er beschaffte sie auch. Er und ein spezieller Trupp seiner Leute bereisten permanent die ganze Welt und brachten ihm immer wieder frische.
Die, die dem Herrn gut dienten, wurden auch gut behandelt. Und wenn er früher oder später das Interesse an ihnen verlor, was zu seinem eigenen Bedauern unausweichlich war, sorgte er weiterhin gut für sie. Seine Organisation war groß genug und hatte ausreichend Aufgabengebiete für loyale Sklavinnen.
Es gab auf der ganzen Welt keine besseren Spione als Frauen, die ihre Wahl getroffen hatten zwischen einem Leben in unermesslichem Reichtum und einem frühen, qualvollen Tod und die wussten, dass es nichts dazwischen gab.
Er sah sich um, blickte in eines der ehrfürchtig lächelnden Gesichter nach dem anderen, und plötzlich merkte er, dass ihm nach den aktuellen Ereignissen bei Glastonbury Tor der Sinn nicht nach Hingabe und willigem Dienen stand. Er musste seine Wut darüber, dass Kabir ihn , den er so lange für tot gehalten hatte, noch immer nicht zweifelsfrei ausgeschaltet hatte, abreagieren.
»Zeig mir die Neuzugänge, Erik.«
In dieser Nacht war ihm nach Zähmen zumute. Danach, Schmerzen zu bereiten und zu unterwerfen.
Der blonde Hüne nickte gehorsam und bat seinen Gebieter mit einer Geste, ihm zu folgen. Nach unten. Zu den Zellen.
29
Eve saß auf dem Copilotensitz der zweistrahligen Cessna 525 und war nicht das erste Mal erstaunt über die finanziellen und technischen Möglichkeiten ihres Beschützers. Wenn sie noch in Betracht zog, dass ihre Verfolger Glastonbury Tor, eines der ältesten und bekanntesten Heiligtümer Englands, tatsächlich, ohne zu zögern und ohne den kleinsten Versuch, ihre Tat irgendwie geheim zu halten, mit Granatmörsern in Schutt und Asche gelegt hatten, bekam sie eine ungefähre Vorstellung von der Bedeutsamkeit ihrer Suche.
Ich habe einen gottverdammten Krieg losgetreten .
Sie sah hinab auf den mondbeschienenen Ärmelkanal. Sie hatten gerade Hastings überflogen, und die Lichter von Calais waren bereits in Sicht. Ben saß hinter dem Steuer und lenkte die Maschine, als hätte er in seinem Leben nie etwas anderes getan.
»Wohin fliegen wir?«, fragte Eve.
»Nach Köln«, antwortete ihr Ben. »Zur Schlafstatt der drei Wächter des Feuers , Feldmanns erstem Hinweis. Er meint den Schrein, den Sarkophag der Heiligen Drei Könige im Kölner Dom.«
» Die Heiligen Drei Könige?«
»Ebenjene«, bestätigte Ben. »Im Urtext waren es keine Könige, sondern Magi .«
»Magi?«, fragte Eve. »So wie in Magie ?«
Ben bestätigte es mit einem Nicken.
»Die Heiligen Drei Könige waren Zauberer?«
»Im wahrsten Sinne des Wortes«, sagte Ben. »Nur wenige wissen das heute noch, aber das Wort Magie leitet sich tatsächlich von ihnen ab, beziehungsweise von der wesentlich älteren Kaste, der sie angehörten. Die Magi waren eine uralte Priesterschaft aus Parthien, Persien – vormals Babylon, beziehungsweise noch früher Chaldäa und Sumer.«
»Die Wiege der Zivilisation.«
»Ja«, bestätigte Ben. »Der geographischen Beschreibung der Bibel nach lag dort auch das Paradies, der Garten Eden, zwischen Euphrat und Tigris. Die Magi waren Astrologen und die Wächter der Ewigen
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