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Die Lazarus-Formel

Die Lazarus-Formel

Titel: Die Lazarus-Formel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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ihn.
    Die beiden verneigten sich respektvoll voreinander.
    »Sie haben, worum ich Sie gebeten habe?«, fragte Wall.
    Bruder Gustav nickte und öffnete eine Holzkiste, die auf einem Tisch an der Wand stand. Diakon Wall trat zu ihr hin und sah hinein. Das Leder-Stahl-Geschirr war fein gearbeitet.
    Bruder Gustav nahm es heraus. »Es ist bequem mit einer Hand an- und auch wieder abzulegen. Versuchen Sie es.«
    Diakon Wall nahm es in die Hand. Es war tatsächlich nicht besonders schwer.
    »Sie können es über und auch unter dem Ärmel der Kutte tragen. Es ist dünn, aber gut gepolstert.«
    Diakon Wall hob den rechten Arm senkrecht in die Höhe, damit der Ärmel seiner Kutte bis zur Schulter herunterrutschte. Dann stülpte er das Geschirr über den nackten Armstumpf. Es passte wie angegossen, und die beiden Schnallen am Handgelenk und nahe der Armbeuge waren leicht zu schließen.
    Der vordere Teil des Geschirrs endete über dem Armstumpf in einer zwanzig Zentimeter langen Harpunenspitze mit Widerhaken. Mit ihr würde er zustechen oder Dinge zu sich heranziehen können oder beides, erst zustechen und dann zu sich heranziehen. Diese Waffe gefiel ihm wesentlich besser als die Handprothese, die ihm die Ärzte vorgeschlagen hatten. In der Holzkiste lag ein ledernes Futteral, das er im Alltag darüberschieben konnte.
    Das Geschirr hatte aber noch zwei andere Funktionen. Auf der Arminnenseite, dicht unter der Harpunenspitze, befand sich eine Rolle mit einer Garotte, einem dünnen, aber äußerst stabilen Stahlseil, das sich an einem Ring herausziehen ließ. Das Werkzeug aber, das Diakon Wall am besten gefiel, war die versteckte fünfundvierzig Zentimeter lange Edelstahlklinge auf der Außenseite des Arms.
    Mit einer schnellen Bewegung streckte er den Arm seitlich und kraftvoll zur Gänze aus, und eine mit dem Oberarm verbundene Hebelspange und eine daran angebrachte Feder ließen die zweischneidige und einen Zoll breite Klinge nach vorn schießen, wo sie arretierte, weit über die Harpunenspitze hinausragend. Er würde sie benutzen können wie ein Schwert. Zwar fehlte in der Führung die Beweglichkeit des Handgelenks, aber das würde er durch intensives Training ausgleichen. Und mit dem würde er direkt anfangen.
    »Sehr gute Arbeit, Bruder Gustav«, lobte er. »Wirklich ausgezeichnete Arbeit. Schicken Sie Roberto und Flavio her. Sie sollen ihre Schwerter mitbringen. Ich will dieses Meisterstück gleich einmal ausprobieren.«

52
    »Es muss einen Weg hier heraus geben«, sagte Eve entschieden. Es gibt immer einen Weg, man muss ihn nur finden . Das war eine ihrer mächtigsten Maxime. Als Forscherin und auch als Mensch. Und die Ereignisse der letzten Tage, während derer sie immer wieder in zunächst hoffnungslose Situationen geraten war, hatten diese Einstellung bestätigt. Finde einen Weg oder schaffe ihn .
    »Ja, das habe ich auch einmal gedacht«, sagte Margaret. »Sogar immer mal wieder. Es ist ja nicht so, als hätte ich nicht schon versucht auszubrechen.«
    Eve zwang sich, klar zu denken, und sah sich in ihrer Zelle um. »Die Wände sind aus vulkanischem Tuffstein. Gehärtet durch den Kontakt mit Sauerstoff, aber dahinter weich. Deswegen gibt es hier auch so viele Katakomben. Sie waren leicht zu graben und anschließend durch die Oxidation schnell fest und stabil.«
    »Viel Spaß beim Buddeln«, sagte Margaret amüsiert. »Die Emaillebecher eignen sich gar nicht einmal schlecht dazu. Und wenn du ganz viel Glück hast, entdecken sie es gleich und ketten dich nur an. Mich haben sie jedes Mal erst ein paar Monate graben und schuften lassen wie eine Irre und mich dann einfach in eine andere Zelle verlegt. Davon gibt es hier verdammt viele.«
    Eve sah ein, dass es in der kargen Zelle keine Möglichkeit gab, eine Grabung geheim zu halten. Außerdem hatte sie keine Ahnung, in welcher Richtung sie graben sollte. Und selbst wenn sie instinktiv in die richtige Richtung grub, würde es Monate, wenn nicht Jahre dauern, bis sie irgendwo anlangen würde. Dass sie es überhaupt, wenn auch nur für ein paar Sekunden, als Möglichkeit in Betracht gezogen hatte, zeigte ihr, wie angeschlagen und verwirrt sie war.
    Sie rappelte sich auf, die Schmerzen unterdrückend, und untersuchte das Schloss der Gittertür.
    »Schwer zu knacken, doch nicht unmöglich«, diagnostizierte Margaret. »Aber was dann? Das hier ist nur die erste Tür von vielen. Sämtliche Gänge von hier weg sind mit massiven Eisentüren versperrt. Sicher, wenn es keine Wachen

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