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Die Lazarus-Formel

Die Lazarus-Formel

Titel: Die Lazarus-Formel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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Einer stürzte sich auf Eve, der andere auf Margaret. In ihrer Verzweiflung hieb ihm Eve die Pistole auf die Schnauze, ehe der Aufprall sie nach hinten riss. Sie ließ mit einem Schrei die Pistole fallen und verkrallte beide Hände in den Hals des Tieres, in dem verzweifelten Versuch, sein riesiges Gebiss auf Abstand zu halten.
    Sein Atem war heiß, Speichel troff daraus in Eves Gesicht. Er knurrte wild, schnappte nach ihrer Kehle und war um einiges kräftiger, als Eve gedacht hatte. Er warf den Kopf hin und her und versuchte, seinen muskulösen Hals aus ihren verkrampften Fingern zu befreien. Sie grub ihre Nägel tiefer in sein Fell und die Haut darunter, während die riesigen Vorderpfoten ihr die Schultern zerkratzten.
    Lange würde sie ihn nicht mehr halten können.
    »Ben!«, schrie sie gerade, als sie sah, wie sich eine kleine Hand zwischen sie und den Hundekopf schob. Sie hielt einen Dolch, führte die Spitze der Klinge zwischen Kehle und Unterkiefer des Tiers – und stach zu, schnell und kraftvoll.
    Der Hund versuchte noch nach der Hand zu schnappen, doch Margarets Unterarm wich seinen mit lautem Klackern aufeinanderschlagenden Zähnen aus, dann trieb sie die zweischneidige Klinge noch weiter nach oben in den Schädel hinein.
    Das Tier sackte schlaff in sich zusammen, und Margaret zerrte es von Eve hinunter.
    »Nie wieder!«, keuchte Margaret und stach noch einmal zu. Ihre hellblauen Augen funkelten wild. Eve sah den zweiten Hund ebenfalls tot am Boden liegen. Aus der Folterkammer, aus der sie geflohen waren, drangen die Stimmen von Männern.
    »Ich bin fertig!«, rief Ben und riss die Tür auf. »Los!«
    Eve und Margaret beeilten sich, an ihm vorbei durch den Spalt zu schlüpfen.
    »Weiter!«, drängte Ben. »Ich komme gleich nach.«
    Er nahm die Handgranate und zog den Splint, hielt den Bügel aber in der geballten Faust weiterhin gespannt. Er wartete, bis am Ende des Ganges die ersten Verfolger auftauchten, und warf ihnen die Granate dann entgegen. Im nächsten Moment schlüpfte er durch den Türspalt, während bereits die ersten Kugeln in das dicke Holz nagelten, und folgte Eve und Margaret.
    Hinter ihm krachte die Detonation der Granate.

63
    Eine Stunde später, nach unzähligen Abzweigungen und der Überquerung eines unterirdischen Flusslaufes über einen schmalen steinernen Steg, verließen Eve, Ben und Margaret das Labyrinth an einer steilen Böschung am Ostufer des Tibers, beim Mausoleum des Augustus, nicht weit von der Engelsburg gelegen. Die Sonne war inzwischen untergegangen, und Sterne glitzerten am Firmament.
    Eve atmete die frische Luft in vollen Zügen. Margaret aber …
    Die kleine Königin fiel auf die Knie, fing an zu weinen und reckte die schlanken Arme zum Himmel empor. Mit tränennassen Augen sah sie hinauf zu den Sternen. Dann mischte sich ein Lachen in ihr Weinen, und Eve sah, wie ihr kleiner Körper vom Schluchzen und Lachen förmlich geschüttelt wurde.
    Margaret strich sich das Haar aus dem Gesicht, um mehr von der frischen Luft an ihre Haut zu lassen und die Sterne über Rom besser sehen zu können. Ihre Lippen zitterten, und dicke Tränen der Freude und Erleichterung flossen in Bächen über ihre Wangen.
    Sie ließ sich nach vorn fallen und krabbelte auf allen vieren auf Ben zu, und ehe der begriff, was sie vorhatte, umklammerte sie seine Wade mit beiden Händen und küsste seinen Fuß.
    »Danke«, schluchzte sie. »Danke! Danke! Danke!«
    Dann tat sie das Gleiche bei Eve, die sich beeilte, sich zu bücken und Margaret nach oben zu ziehen.
    »Schon gut.« Sie nahm Margaret in die Arme und streichelte ihr schmutziges Haar. »Schon gut.« Sie ahnte, was in Margaret vorging, musste sich aber eingestehen, sich den gesamten Umfang ihrer Gefühle nicht im Entferntesten vorstellen zu können. Niemand konnte ermessen, wie es war, hundertsechzig Jahre lang in ein und demselben unterirdischen Verlies gefangen zu sein und während all der Zeit nicht ein einziges Mal frische Luft zu atmen oder den Himmel zu sehen – und dann, wenn alle Hoffnung bereits gestorben ist, doch noch die Freiheit zu erlangen.
    »Danke«, flüsterte Margaret noch einmal und löste sich dann von Eve. Sie drehte sich herum und schaute auf den Fluss hinab.
    Eve wandte sich Ben zu – und sah, dass er sie ansah. Ehe sie es sich anders überlegen konnte, machte sie zwei schnelle Schritte auf ihn zu, schlang die Arme um seinen Nacken und küsste ihn.
    Kurz war er irritiert, dann aber erwiderte er ihren Kuss und packte

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