Die Lazarus-Vendetta
wiedersehen – zumindest nicht in einem Stück.«
»Es ist anscheinend dein Glückstag, Max«, erwiderte Randi. Sie ließ sich auf den Beifahrersitz fallen. Jon und Peter sprangen auf den Rücksitz.
»Wohin?«, fragte der CIA-Agent zu Randi gewandt.
»Irgendwohin erstmal«, stieß Randi hervor. »Bloß weg von hier!« Sie deutete mit dem Daumen über die Schulter auf die wabernde Flammensäule, die hoch in den Nachthimmel loderte.
»Klar, Boss«, brummte Max. Er lenkte den Wagen wieder auf die Straße zurück und fuhr dann, immer wieder prüfende Blicke in den Rückspiegel werfend, in moderatem, doch zügigem Tempo vom Schauplatz des Infernos weg.
Als die ersten Streifenwagen der Polizei und Löschzüge der Feuerwehr vor dem Haus Nummer 18 in der Rue de Vigny eintrafen, waren sie bereits mehr als zwei Kilometer davon entfernt und hatten fast die Außenbezirke von Paris erreicht.
Der Wald von Rambouillet lag ungefähr fünfzig Kilometer südwestlich der Stadt – ein liebliches, wunderschönes Waldgebiet mit Seen und alten, ehrwürdigen Klöstern unter mächtigen Bäumen. Das elegante Bauwerk und der prachtvolle Park des Châteaus von Rambouillet lagen inmitten dieses weitläufigen Waldgebiets. Das Château selbst, mehr als sechshundert Jahre alt, war früher einmal ein Lustschloss mehrerer französischer Könige gewesen. Jetzt erfüllte es als Sommersitz der französischen Präsidenten einen ähnlichen Zweck.
Der nördliche Rand des Waldgebiets jedoch war viele Kilometer von der feudalen Pracht des Châteaus entfernt und größtenteils verlassen und menschenleer – ein Zufluchtsort für Herden scheuer Rehe, Hirsche und sogar einiger Wildschweine. Hier und dort schlängelten sich unter den Bäumen schmale Wege hindurch, auf denen Wanderer und die Förster der Regierung die tieferen Regionen des Waldgebiets durchstreifen konnten.
Auf einer kleinen Lichtung, nicht weit von einem dieser lehmigen Waldwege entfernt, saß Colonel Jon Smith auf einem Baumstumpf und verband die wieder aufgeplatzte Messerwunde an seinem linken Unterarm. Als er damit fertig war, legte er das Tape und die nicht gebrauchten Gazetupfer zur Seite und testete den frischen Notverband, indem er den Arm vor und zurück rotieren ließ, um sich zu vergewissern, dass er sich bei einer plötzlichen, heftigen Bewegung nicht wieder löste.
Smith war klar, dass die Wunde irgendwann neu genäht werden musste, doch der Verband würde zumindest die ärgste Blutung stoppen. Nachdem er das Verbandszeug weggepackt hatte, zog er ein frisches Hemd an und zuckte zusammen, als der raue Baumwollstoff über frische Schnitte, Schrammen und seine verkrampften Muskeln rieb.
Er stand auf, streckte und dehnte sich, um etwas von der Müdigkeit zu vertreiben, die sein erschöpftes Gehirn umfangen hielt. Ein halber Mond hing tief am westlichen Himmel, kaum mehr auszumachen über den dunklen Kronen der Bäume. Doch ein matter Schimmer fahlgrauen Lichts am Horizont im Osten verkündete bereits die nahende Morgendämmerung. In ein paar Stunden würde die Sonne aufgehen.
Er warf einen Blick zu seinen Gefährten hinüber. Peter schlief auf dem Vordersitz des Volvo und holte sich mit der geübten Gelassenheit eines erfahrenen Soldaten so viel Schlaf, wie er kriegen konnte. Randi stand neben einem kleinen schwarzen Peugeot auf der anderen Seite der Lichtung und sprach leise mit Max und einem anderen CIA-Agenten – einem jungen CIAOfficer aus der Nachwuchsriege namens Lewis, der soeben aus Paris gekommen war und ihnen die dringend benötigten frischen Klamotten gebracht hatte. Sie arrangierte zweifellos das sofortige Entsorgen ihrer Kletterausrüstung, Waffen und alten Kleider – alles, was sie irgendwie mit dem Blutbad in Nummer 18 der Rue de Vigny in Verbindung bringen konnte.
Niemand war in Hörweite.
Smith zog sein verschlüsseltes Handy hervor, holte tief Luft und wählte die Codenummer für das Hauptquartier von CovertOne.
Fred Klein lauschte schweigend Smiths Bericht über die Ereignisse der Nacht. Als er geendet hatte, seufzte Klein besorgt.
»Sie bewegen sich auf einem schmalen Pfad zwischen Katastrophe und völligem Desaster, Colonel, aber ich schätze, es ändert jetzt auch nichts mehr daran, wenn ich im Nachhinein meine ernsten Bedenken zum Ausdruck bringe.«
»Schwerlich«, erwiderte Smith trocken. »Außerdem würde es den faden Beigeschmack von Undankbarkeit haben.«
»Sind Sie überzeugt, dass dieser Abrantes die Wahrheit gesagt hat?«, fragte Klein.
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