Die Lazarus-Vendetta
wird sich allein von den letzten Worten eines unbekannten sterbenden Mannes überzeugen lassen. Ohne konkrete Beweise, und zwar solche Beweise, die wir unseren schwankenden Verbündeten und Freunden zeigen können, sehe ich keine Möglichkeit, wie der Präsident einen offenen Angriff auf Nomuras Einrichtungen auf den Azoren genehmigen kann.«
»Die Lage hier ist schlimmer, als Sie sich vorstellen können, Jon«, fuhr der Leiter des Covert-One fort. »Unsere militärischen und politischen Allianzen zerreißen wie nasses Toilettenpapier. Die NATO ist in hellem Aufruhr. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen plant, uns zu einer terroristischen Nation zu erklären. Und ein ziemlich großer Block im Kongress will allen Ernstes ein öffentliches Anklageverfahren gegen den Präsidenten anstrengen. Unter diesen Umständen wäre ein nicht provozierter Luftangriff mit Bombern oder Cruise Missiles auf eine weltweit bekannte und geachtete Katastrophenhilfsorganisation der letzte Strohhalm, auf den wir zurückgreifen würden.«
Smith wusste, dass Klein Recht hatte. Aber das Wissen darum machte die Situation, mit der sie sich konfrontiert sahen, nicht hinnehmbarer. »Wir werden möglicherweise verdammt, wenn wir’s tun. Aber wir sterben alle, wenn wir’s nicht tun«, argumentierte er.
»Das weiß ich, Jon«, sagte Klein. »Aber wir brauchen Beweise, die unsere Behauptungen stützen, bevor wir die Bomber und Raketen losschicken können.«
»Es gibt nur eine Möglichkeit, diese Beweise zu kriegen«, knurrte Smith grimmig. »Jemand muss auf die Azoren fliegen und sich direkt vor Ort umsehen. Und zwar aus nächster Nähe.«
»Ja«, stimmte Klein ihm mit einem Seufzen zu. »Wann können Sie sich auf den Weg zum Flughafen machen?«
Smith sah zu Randi und Peter hinüber. Sie blickten genauso grimmig drein – und ebenso entschlossen. Er hatte laut gesprochen, und sie hatten von dem Gespräch genug mitbekommen, um zu wissen, worum es ging. »Jetzt«, sagte er.
»Wir brechen sofort auf.«
Kapitel fünfundvierzig
Lazarus-Zentrum, Insel Santa María, Azoren
Draußen vor den fensterlosen Räumen des Nervenzentrums der Lazarus-Bewegung ging gerade die Sonne auf und löste sich, langsam emporsteigend, aus der Umarmung des Atlantiks. Ihre ersten blendenden Strahlen übergossen die Klippen der Bucht von São Laurenço mit Feuer und tauchten die steilen Steinterrassen der Weinberge von Maia in warmes Licht. Von dort tastete sich das Sonnenlicht westwärts über grüne Wälder und Weiden, ließ den weißen Sandstrand von Praia Formosa gleißend aufschimmern und vertrieb schließlich die letzten saumseligen Schatten der Nacht von der baumlosen, zerklüfteten Kalksteinebene, die den Flugplatz der Nomura PharmaTech umgab.
Im Innern des Zentrums, abgeschottet und sicher in der von Neonlicht erhellten Stille, las Hideo Nomura die neuesten Nachrichten von seinen noch lebenden Agenten in Paris. Aufgrund der detaillierten Berichte seiner bezahlten Informanten in der Pariser Polizei war ihm klar, dass Nones und seine Männer tot waren – umgekommen zusammen mit all den anderen in dem von Bomben zerstörten Haus Nummer 18 in der Rue de Vigny.
Er runzelte, irritiert und beunruhigt von dieser Nachricht, die Augenbrauen. Nones und sein Team hätten längst weg sein sollen, bevor ihre Sprengladungen detonierten. Irgendetwas war gründlich schief gegangen, aber was?
Mehrere Zeugen berichteten, »Männer in Schwarz« gesehen zu haben, die nach den ersten Explosionen von dem Gebäude wegliefen. Die französische Polizei, die die Glaubwürdigkeit dieser Augenzeugenberichte zunächst angezweifelt hatte, nahm sie inzwischen ernst und gab »im Dunkeln operierenden, der Lazarus-Bewegung feindlich gesonnenen Mächten« die Schuld an diesem terroristischen Anschlag auf ihre Pariser Zentrale.
Nomura schüttelte den Kopf. Das war natürlich völlig unmöglich. Die einzigen Terroristen, die Aktionen gegen die Bewegung unternommen hatten, waren Männer, die unter seinem Kommando standen. Doch dann hielt er in seinem Gedankengang inne und überdachte die Angelegenheit noch einmal genauer.
Was, wenn jemand anderer in der Rue de Vigny Nummer 18 herumgeschnüffelt hatte? Seine perfekt inszenierten Pläne hatten zwar die CIA, das FBI und den MI6 in höchste Verwirrung gestürzt, aber es gab noch andere Nachrichtendienste auf der Welt, und jeder von ihnen konnte versucht haben, in den Aktivitäten der Lazarus-Bewegung herumzuschnüffeln. War es möglich, dass sie
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