Die Lazarus-Vendetta
entlang der Absperrung patrouillierten. Die Nationalgarde hatte eine ganze Kompanie zur Abriegelung des Geländes im Umkreis des Teller Instituts abkommandiert. Die Männer hatten Schießbefehl erhalten, für den Fall, dass jemand versuchte, ihre Absperrung zu durchbrechen.
Soweit Smith gehört hatte, waren in Santa Fe noch weitere Einheiten der Nationalgarde zusammengezogen worden, die die dortigen Staats- und Bundesbehörden schützten und versuchten, die Highways für die Fahrzeuge der Rettungsdienste freizuhalten. Einer der County-Sheriffs hatte ihm erzählt, dass tausende von Menschen aus der Stadt in Richtung Albuquerque oder in die Berge um Taos flüchteten.
Die Polizei hatte zudem alle Hände voll damit zu tun, Überlebende der Demonstration unter Kontrolle zu halten. Viele waren bereits aus der Gegend geflohen, doch ein paar hundert versprengte Aktivisten liefen ziellos durch die Straßen von Santa Fe. Niemand wusste mit Sicherheit zu sagen, ob sie wirklich unter Schock standen oder nur auf eine Gelegenheit warteten, einen neuerlichen Aufruhr anzuzetteln.
Fred Klein war wieder am Apparat. »Es ist alles geregelt, Colonel«, sagte er ruhig. »Sie haben die Genehmigung, die Sicherheitszone zu verlassen und in Ihr Hotel zurückzukehren.«
Smith war ihm verdammt dankbar. Er verstand ja, warum das FBI das Gebiet sichern und seine einzigen verlässlichen Zeugen der Ereignisse nicht gehen lassen wollte, ehe sie erfasst und befragt waren. Aber er war nicht gerade begeistert gewesen von der Aussicht, eine lange, kalte Nacht auf einem Feldbett des Roten Kreuzes oder auf dem Rücksitz von irgendeinem Streifenwagen verbringen zu müssen. Wie schon oft zuvor fragte er sich, wie Klein – ein Mann, der nur im Verborgenen operierte – so viele Hebel in Bewegung setzen konnte, ohne dabei seine Tarnung aufzudecken. Doch dann schob er diese Fragen wie immer beiseite, um sie in einen entlegenen Winkel seines Gehirns zu speichern. Für Smith war allein wichtig, dass es funktionierte.
Zwanzig Minuten später fuhr Smith auf dem Rücksitz eines Streifenwagens der State Police auf dem Highway 84 nach Norden ins Zentrum von Santa Fe. Endlose Schlangen von Personenwagen, Pick-ups, Kleinbussen und Geländewagen kamen ihnen entgegen, die sich langsam nach Süden in Richtung der Interstate 25, der wichtigsten Straßenverbindung nach Albuquerque, schoben. Die Botschaft war klar: Viele Einwohner der Stadt schenkten den offiziellen Verlautbarungen, dass die Gefahr auf ein relativ kleines Gebiet im Umkreis des Instituts beschränkt sei, keinen Glauben.
Smith runzelte besorgt die Stirn, doch er konnte den Leuten keinen Vorwurf daraus machen, dass sie Angst hatten. Seit Jahren war ihnen versichert worden, dass Nanotechnologie vollkommen ungefährlich und absolut sicher sei – und dann machten sie ihren Fernseher an und bekamen vor Entsetzen schreiende Demonstranten der Lazarus-Bewegung zu sehen, die von so winzigen Maschinen, dass man sie weder sehen noch hören konnte, zu einem glibberigen Brei zerfressen wurden.
Der Streifenwagen bog vom Highway 84 nach Osten auf den Paseo de Peralta, einem relativ breiten Boulevard, der um das historische Zentrum von Santa Fe herum verlief. Smith sah einen Einsatzwagen der Nationalgarde, der eine nach rechts abzweigende Straße absperrte. Auch an den anderen ins Zentrum führenden Straßen hatten Einheiten der Nationalgarde oder der Polizei Stellung bezogen.
Er nickte zufrieden. Die Verantwortlichen für die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung machten das Beste aus den begrenzten Mitteln, die sie zur Verfügung hatten. Wenn man sich für ein Gebiet in der Stadt zu entscheiden hatte, das gegen Gesetzlosigkeit und Plünderer verteidigt werden musste, dann war es die Innenstadt. Es gab auch in der übrigen Stadt viele schöne Museen, Galerien und Geschäfte, aber das Herz und die Seele Santa Fes war die historische Altstadt – ein Gewirr von engen Einbahnstraßen, das die hübsche, von Bäumen gesäumte Plaza und den vierhundert Jahre alten Palast der Gouverneure umgab.
Die Straßen der Altstadt folgten den alten Wagentrails der Siedler wie dem Santa Fe Trail oder dem Pecos Trail und nicht dem ultramodernen Schachbrettmuster vom Reißbrett. Viele der Häuser in den gewundenen Straßen waren eine Mischung aus Altem und Neuem, das sich zu einem neokolonialen Stil aus spanischen und pueblo-indianischen Elementen vereinte, mit erdfarbenen Adobemauern, flachen Dächern, kleinen, tief in die Wand
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