Die Lazarus-Vendetta
Patrouille eines feindlichen Elitekommandos, das unbekanntes Terrain erkundet. In gewisser Weise fand MacNamara die Herausforderung anregend. Es war ein gewagtes Spiel mit hohem Einsatz, das Intelligenz, Raffinesse und Können erforderte, wie er es schon oft an vielen verschiedenen Orten dieser Welt gespielt hatte. Zugleich war er sich jetzt eines latenten Müdigkeitsgefühls bewusst, eines leichten Abstumpfens seiner Wahrnehmung und Reflexe. Vielleicht hatten die Anstrengungen der vergangenen Monate einen höheren Tribut von seinen Nerven und seiner Ausdauer gefordert, als er zunächst gedacht hatte.
Der kahl rasierte Mann, den er beobachtete, richtete sich plötzlich auf und straffte die Schultern. Der Mann flüsterte ein paar Worte in ein winziges Funkmikrophon am Kragen seiner Jacke, lauschte konzentriert der Antwort, beugte sich dann vor und spähte um die Ecke des Eingangs.
Hastig richtete MacNamara das Fernrohr auf die anderen drei Beobachter und konnte bei ihnen dieselben unmissverständlichen Anzeichen erhöhter Bereitschaft ausmachen. Er verlagerte sein Gewicht auf den anderen Fuß und atmete langsam aus, um die erste Welle des Adrenalins abzuschwächen, als sich sein Körper darauf vorbereitete, aktiv zu werden. Das vage Müdigkeitsgefühl verflog. Ah, dachte er, jetzt geht es los. Das lange reglose Warten in der Kälte und Dunkelheit war bald vorbei.
Er schwenkte das Objektiv des Nachtsichtfernrohrs über die Plaza Mercado und die Front des Cafés. Ein Mann und eine Frau waren soeben aus der Tür gekommen. Sie standen auf dem Gehweg und unterhielten sich angeregt. Er erkannte die schlanke, attraktive Frau auf den ersten Blick. Er hatte sie draußen im Lazarus-Camp geschäftig umhereilen gesehen. Sie hieß Heather Donovan. Sie war die einheimische Aktivistin, die für die Pressemitteilungen der Bewegung zuständig war.
Aber wer war der dunkelhaarige Mann, mit dem sie sich unterhielt? Seine Kleidung, die Stiefel und der Cowboyhut deuteten darauf hin, dass er von hier stammte, doch irgendwie bezweifelte MacNamara, dass dies wirklich der Fall war.
Etwas an der Art, wie sich der große, breitschultrige Mann bewegte und hielt, kam ihm seltsam bekannt vor.
Der dunkelhaarige Mann drehte sich um und deutete in Richtung der Parkgarage, die ein Stück die Straße hinab nach Westen lag. Für diesen kurzen Augenblick war sein Gesicht deutlich zu sehen. Dann wandte er sich wieder um.
Malachi MacNamara ließ das Fernrohr langsam sinken. Seine blassblauen Augen glitzerten amüsiert und überrascht zugleich. »Zum Teufel auch«, knurrte er leise. »Der gute Colonel hat wirklich ein Talent, immer dann und dort aufzutauchen, wo man ihn am wenigsten erwartet.«
Kapitel einundzwanzig
Ziegelsteinwege schlängelten sich über die zentrale Plaza Santa Fes, umrundeten die verschiedenen Denkmäler und wanden sich unter den ausladenden Kronen der Bäume – mächtige Ulmen und Pappeln, Fichten, Ahorne und Gleditschien – hindurch. Weiß gestrichene, schmiedeeiserne Parkbänke standen in regellosen Abständen entlang der Gehwege. Auf dem Rasen und den Flächen festgebackener Erde lag bereits herabgefallenes Laub.
Ein von einem niedrigen Eisenzaun umgebener Obelisk, der an die Schlachten des Bürgerkriegs in New Mexico erinnerte, stand direkt in der Mitte des Platzes. Nur wenige Menschen hatten nicht vergessen, dass der blutige Krieg zwischen dem Norden und dem Süden so weit nach Westen geschwappt war. Hier und dort sickerten schwache, bleiche Lichtstrahlen von den Straßenlaternen, die die Plaza umstanden, durch die Baumkronen, doch davon abgesehen herrschte an diesem jahrhundertealten Platz Dunkelheit und eine würdevolle Stille.
Jon Smith betrachtete die schlanke, hübsche Frau, die neben ihm ging, von der Seite. Fröstelnd zog Heather Donovan ihren schwarzen Stoffmantel fester um sich. Immer wenn sie durch eine bleiche Lichtinsel zwischen den tiefen Schatten der Bäume gingen, sah er in der kalten Nachtluft ihren Atem dampfen. Nachdem die Sonne längst untergegangen war, fiel die Temperatur rasch. Es war nicht ungewöhnlich für Santa Fe, dass es nachts bis zu dreißig oder vierzig Grad kälter war als während des Tages.
Nachdem sie im Longevity Café ihren Tee ausgetrunken hatten, hatte er ihr angeboten, sie zu ihrem Wagen zu begleiten, den sie in einer Seitenstraße nicht weit vom Palast der Gouverneure geparkt hatte. Obwohl sie ganz offensichtlich überrascht war von seiner altmodischen Ritterlichkeit, hatte sie sein
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