Die Lazarus-Vendetta
geschichteter Stapel von Fallakten. Durch die offene Tür zum Bereitschaftsraum drang der gedämpfte Lärm klingelnder Telefone, durcheinander sprechender Stimmen und klappernder Computertastaturen.
Lieutenant Carl Zarate sah auf Smiths Dienstausweis der U.S. Army hinab und hob dann den Blick mit einem verständnislosen Stirnrunzeln. »Und was genau kann ich für Sie tun, Colonel?«
Smith bemühte sich, seinen gleichgültigen Tonfall beizubehalten. Er war von einem heftig schwitzenden diensthabenden Sergeant, den seine Fragen sehr beunruhigt hatten, zu Zarate weitergereicht worden. »Ich bin auf der Suche nach einigen Informationen, Lieutenant«, sagte er. »Ein paar Fakten über die Schießerei, die es gestern Nacht auf der Plaza gegeben hat.«
Zarates schmales, knochiges Gesicht wurde ausdruckslos.
»Von welcher Schießerei sprechen Sie?«, erkundigte er sich vorsichtig. Seine dunkelbraunen Augen blickten wachsam.
Smith neigte den Kopf zur Seite. »Wissen Sie«, sagte er schließlich, »ich war schon ein wenig überrascht, dass sich die Presse nicht in wilden Spekulationen wegen dieser Schießerei mitten in der Stadt ergangen hat. Dann kam mir der Gedanke, dass vielleicht jemand Druck auf die hiesigen Zeitungen, Fernsehstationen und Radiosender ausgeübt hat, die Sache nicht an die große Glocke zu hängen – vorläufig zumindest, solange die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind. Jetzt, wo nach der Katastrophe am Teller Institut die Lage ohnehin sehr angespannt ist, wäre das nur natürlich, würde ich sagen. Aber ich wäre sehr überrascht zu erfahren, dass Sie hier im Santa Fe Police Department dasselbe Spiel spielen.«
Der Polizei-Lieutenant sah Smith einige Sekunden lang unverwandt an. Dann zuckte er mit den Schultern. »Wenn es tatsächlich eine solche Nachrichtensperre gäbe, Colonel Smith, wüsste ich nicht, warum ich, nur um Ihnen einen Gefallen zu tun, einer solchen dienstlichen Verfügung zuwiderhandeln sollte.«
»Vielleicht weil diese Verfügung nicht für mich gilt, Lieutenant Zarate?«, schlug Jon vor. Er reichte dem Lieutenant das Bündel Ermittlungsvollmachten und Genehmigungen, die Fred Klein für ihn besorgt hatte. Er nickte auf die Papiere hinab. »Diese Befehle verlangen von mir, jeden Aspekt der Ermittlungen am Teller Institut unter die Lupe zu nehmen und darüber zu berichten. Jeden Aspekt. Und wenn Sie einen Blick auf die letzte Seite hier werfen, sehen Sie die Unterschrift des Präsidenten der Joint Chief of Staffs. Ich frage Sie, wollen Sie wirklich in ein Kompetenzgerangel zwischen dem Pentagon und dem FBI darüber verwickelt werden, wer von den beiden höher pissen kann, obwohl wir in diesem Schlamassel eigentlich alle auf derselben Seite stehen sollten?«
Während Zarate die Dokumente rasch durchblätterte, wurden die Furchen auf seiner Stirn immer tiefer. Mit einem angewiderten Schnauben schob er sie über den Schreibtisch zurück. »Es gibt Zeiten, Colonel, in denen ich mir wünsche, die Bundesregierung würde ihre großen, tölpelhaften Pfoten aus den Angelegenheiten lassen, die in meine Zuständigkeit fallen.«
Smith nickte mitfühlend. »In D.C. gibt es Leute, die haben den Charme und das Taktgefühl von einem Fünf-Zentner-Gorilla und den Verstand von einem Zweijährigen.«
Zarate grinste unvermittelt. »Starke Worte, Colonel. Vielleicht sollten Sie besser vorsichtig sein mit dem, was Sie in Gegenwart dieser Haarspalter aus Washington sagen. Soviel ich gehört habe, mögen sie Soldaten, die aus der Reihe tanzen, nicht besonders.«
»Ich bin zuallererst Arzt und Wissenschaftler und dann erst Armeeoffizier«, sagte Smith. Er zuckte mit den Schultern. »Außerdem glaube ich kaum, dass irgendjemand mit dem Gedanken spielt, mich zum General zu befördern.«
»Tja, wenn Sie es sagen«, erwiderte der Lieutenant skeptisch. »Deshalb rennen Sie mit persönlichen, vom Präsidenten des Joint Chief of Staffs unterzeichneten Befehlen herum.« Er spreizte die Hände. »Leider gibt es nicht viel, das ich Ihnen erzählen kann. Ja, es hat gestern Abend eine Schießerei auf der Plaza gegeben. Einer der Typen wurde erschossen. Möglicherweise haben noch mehr von ihnen was abgekriegt. Wir waren noch mit der Verfolgung der Blutspuren beschäftigt, als mein Spurensicherungsteam zurückgepfiffen wurde.«
Smith hob interessiert den Kopf. »Ihr Team wurde weggeschickt?«
»Ja«, knurrte Zarate. »Das FBI erschien plötzlich auf der Bildfläche und übernahm. Sagten, es sei eine Sache der
Weitere Kostenlose Bücher