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Die Lebensfreude

Die Lebensfreude

Titel: Die Lebensfreude Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola
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zu sehen. In ihren Klagen, in der Art, wie sie ihn anflehten, den Ort nicht von den Wogen begraben zu lassen, lag der verbissene Spott von Matrosen, die stolz auf ihr Meer mit den todbringenden Krallen sind. Er erregte sich nach und nach so darüber, daß er das Dorf zu durchschreiten vermied. Der Anblick der Trümmer des Bollwerks und der Stakete wurde ihm schon aus der Ferne unerträglich.
    Prouane hielt ihn eines Tages fest, als er gerade beim Pfarrer eintreten wollte.
    »Herr Lazare,« sagte er bescheiden mit einem boshaften Lächeln in den Augenwinkeln, »wissen Sie, daß die Stücke Holz da unten verfaulen?«
    »Ja, weiter?«
    »Wenn Sie nichts damit anfangen, könnten Sie sie uns geben... Wenigstens wärmen wir uns damit.«
    Ein zurückgehaltener Zorn riß den jungen Mann fort. Er antwortete lebhaft, ohne selbst einmal daran gedacht zu haben:
    »Unmöglich, in der nächsten Woche lasse ich die Zimmerleute wieder anfangen.«
    Von da an lärmte der ganze Ort. Man sollte also den; Tanz noch einmal zu sehen bekommen; der junge Chanteau hatte es sich in den Kopf gesetzt. So vergingen vierzehn Tage; wenn die Fischer ihn nur sahen, fragten sie ihn, ob er nicht anfange, weil er keine Arbeiter gefunden habe. So fing er endlich an, sich wirklich mit den Pfählen zu beschäftigen; er gab damit auch seiner Base nach, die ihn in ihrer Nähe beschäftigt sehen wollte. Aber er machte sich ohne Eifer daran; nur sein Groll gegen das Meer hielt ihn aufrecht, denn er war dessen Zähmung sicher, es werde schon kommen und wie ein gehorsames Tier die Uferkiesel von Bonneville lecken.
    Noch einmal zeichnete Lazare einige Entwürfe. Er hatte neue Widerstandswinkel berechnet und die Grundstützen verdoppelt. Trotzdem würden die Kosten nicht sehr hoch sein, da man das alte Holz zum größten Teile verwenden konnte. Der Zimmermann überreichte einen Voranschlag, der sich auf viertausend Franken belief. Angesichts der geringen Bedeutung dieser Summe war Lazare einverstanden, daß Pauline sie vorschoß; er war überzeugt, wie er sagte, von dem Generalrat ohne Mühe die Unterstützung zu erhalten; dies war überhaupt die einzige Möglichkeit, die erste Ausgabe vergütet zu sehen; denn der Rat werde sicher nicht einen Sou bewilligen, solange die Verpfählungen nur Trümmer blieben. Dieser Gesichtspunkt der Frage erwärmte ihn ein wenig, die Arbeiten wurden in flotten Gang gebracht. Überdies war er sehr beschäftigt; er begab sich Woche für Woche nach Caen, um den Präfekten und die einflußreichen Räte zu sprechen. Man hatte gerade die Balken gelegt, als er endlich durchsetzte, daß ein Ingenieur zur Berichterstattung abgesandt werden solle, worauf dann der Rat sofort über den Beitrag abstimmen werde. Der Ingenieur blieb einen ganzen Tag in Bonneville, ein reizender Mann, der nach seinem Spaziergange am Strande bereitwillig bei den Chanteaus frühstückte; diese vermieden aus Bescheidenheit, ihn über seine Meinung zu befragen, da sie ihn nicht beeinflussen wollten; aber er war bei Tische so galant zu Pauline, daß diese von da an selbst an den Erfolg der Sache glaubte. Als vierzehn Tage später Lazare von einer Reise nach Caen heimkehrte, war das Haus nicht wenig überrascht und bestürzt über die Nachricht, die er mitbrachte. Er erstickte vor Zorn: hatte dieser Schönling von einem Ingenieur nicht einen schauderhaften Bericht erstattet! Er war höflich geblieben, aber er hatte über jedes Stück Holz mit einer außerordentlichen Fülle technischer Worte seinen Spott getrieben. Im übrigen hätte man darauf gefaßt sein können; diese Art Herren wollen glauben machen, daß man ohne sie nichts machen könne, und wenn auch nur eine Kaninchenbude zu bauen sei. Das Schlimmste war, daß der Generalrat die Eingabe um Zuschuß zurückgewiesen hatte.
    Das wurde für den jungen Mann zu einem neuen Anfall der Entmutigung. Die Balken standen, versicherte er, daß sie dem stärksten Seegange Trotz leisten und alle vereinigten Ingenieure vor eifersüchtiger Wut platzen lassen würden; aber alles das konnte das Geld nicht in die Hände seiner Base zurückbringen; er geriet in bittere Verzweiflung, sie in diese Niederlage hineingezogen zu haben. Sie aber hatte ihre Sparsamkeitsgedanken überwunden, nahm die ganze Verantwortlichkeit auf sich und berief sich darauf, ihn zur Annahme dieser Vorschüsse gezwungen zu haben; das war auch eine Barmherzigkeit, sie bedauerte nichts, hätte selbst noch mehr gegeben, um das unglückliche Dorf zu retten. Als

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