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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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Narbengesicht mit drohendem Unterton.
    Benedicta wurde abwechselnd heiß und kalt. Sie fragte sich, ob sie einfach loslaufen sollte, aber aus dem Innenhof gab es kein Entkommen. Sie atmete tief durch.
    »Ich bring sie ins Katharinenkloster und kassier die Belohnung«, hörte sie den bulligen Kerl frohlocken.
    »Du glaubst doch nicht, dass sie die junge Frau ist, die von den hohen Herrschaften aus Regensburg gesucht wird.«
    »O doch, und ob ich das glaube!«, erwiderte der Wächter scharf. »Sieh sie dir doch an! Eine ungewöhnliche Erscheinung, und genauso hat sie uns die Frau beschrieben.« Nun wandte er sich an Benedicta. »Gib zu, dass du Benedicta von Altmühl bist!«
    Benedicta aber presste die Lippen fest aufeinander und warf Jasper einen flehentlichen Blick zu.
    »Aber schau doch, sie hat ein Kind bei sich! Davon hat man uns nichts gesagt.«
    »Und wenn schon. Wen stört’s, wenn sie das falsche Weib ist? Dann lässt man sie wieder laufen. Aber wenn sie die Richtige ist, und ich lass mir die Belohnung entgehen, dann wär ich ein Narr.«
    Er packte Benedicta grob am Oberarm. Sie leistete keinen Widerstand. Jasper beobachtete das Ganze mit Widerwillen.
    »Gut, dann bringe ich sie zum Kloster«, bot er schließlich an. »Du bist doch hier unabkömmlich.«
    Der große Kerl lachte höhnisch. »Du bist wohl von Sinnen! Mir gebührt die Belohnung! Du hättest sie doch einfach durchgelassen. Und nun komm schon, Weib!«
    Als Benedicta sich nicht von der Stelle rührte, packte er sie so hart am Oberarm, dass sie vor Schmerz aufschrie.
    »Ich komme schon, aber wag es nicht, mich noch einmal anzufassen! Sonst kann ich das Kind nicht halten. Und wenn ihm etwas geschieht, wird man dich schwer bestrafen.«
    »Hörst du nicht, was sie sagt?«, schrie Jasper, und das Narbengesicht ließ Benedicta fluchend los.
    »Wenn du abzuhauen versuchst, wird das dir und deinem Balg schlecht bekommen«, brummt er und scheuchte Benedicta durch stinkende dunkle Gassen, in denen sie noch nie zuvor gewesen war.

52
    Benedicta sah weder nach links noch rechts, als sie in Begleitung des Wächters das Tor von Sankt Katharinen passierte. Dort wurde sie zwei Klosterwächtern übergeben, die sie zu einer Klosterzelle brachten.
    Sie hatte nur eine Sorge: Was würde mit dem Kind geschehen, wenn man sie bestrafte? Alles andere war ihr auf einmal gleichgültig.
    Als die Klosterknechte die Tür von außen abschlossen, löste dies beinahe ein Gefühl von Geborgenheit in ihr aus. Endlich konnte sie ungestört Anselms Schicksal beweinen.
    Wäre sie allein gewesen, sie hätte sich klaglos in ihr Schicksal ergeben, aber so? Was, wenn das Kind aufwachte und immer noch nichts zu essen bekam? Sie konnte sich jedenfalls nicht daran erinnern, in Engelthal jemals einen Säugling oder gar eine Amme gesehen zu haben.
    Lange würde es nicht mehr dauern, bis Leon wach wurde. Seine Augenlider zuckten bereits verdächtig, und dann verzog sich sein Mündchen zu einem Schmollen. Er kommt nach Agnes, dachte Benedicta noch, als das kleine Wesen in ihren Armen ein fürchterliches Gebrüll ausstieß.
    Benedicta sprach tröstend auf Leon ein, wiegte ihn hin und her, doch es half alles nichts. Selbst ihre leere Brust schien der Kleine als Verhöhnung zu empfinden, denn nun schrie er nur noch lauter. Benedicta war den Tränen nahe. Sie hatte Angst, man werde ihr das Kind einfach wegnehmen und es in ein Waisenhaus bringen, es sei denn … Plötzlich wusste Benedicta, was sie zu tun hatte, um dem Kind dies zu ersparen.
    Jemand drehte von außen den Schlüssel herum und riss die Tür auf. »Was hat das Kind hier zu suchen?«, keifte eine zornige Frauenstimme.
    Benedicta blickte schuldbewusst auf und erstarrte. Eine deutlich ältere und wesentlich schmalere Schwester Walburga trat drohend auf sie zu. O weh, ging es Benedicta durch den Kopf. Nun bin ich verloren.
    »Was sucht Ihr denn in Sankt Katharinen?«, fragte Walburga sichtlich überrascht.
    »Eure Schwester hat mich in der Stadt aufgespürt. Da wollte ich fliehen, aber sie hat anscheinend alle Torwächter der Stadt mit hohen Belohnungen gelockt, mich einzufangen und herzubringen.«
    Merkwürdigerweise war das Kind in Benedictas Arm in dem Augenblick verstummt, als Schwester Walburga die Zelle betreten hatte.
    »Und was ist das?«, fragte Walburga dümmlich.
    »Mein Sohn«, erwiderte Benedicta mit fester Stimme.
    »Und wo ist Julian von Ehrenreit, der stolze Vater?«
    »Tot! Aber warum seid Ihr nicht mehr in

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