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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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Oberkörper frei und gab dem Kind die Brust. Wenn sie dem Säugling schon keine Nahrung geben konnte, so hoffte sie ihn zumindest zu beruhigen. Wie gut, dass ich Anselms Geld genommen habe, dachte sie, so werde ich als Erstes eine Amme für ihn suchen. Doch erst einmal musste sie unbemerkt die Stadt verlassen.
    Das Kind wurde ganz ruhig an ihrer Brust, bis es sanft einschlief. Vorsichtig wickelte Benedicta es in ein Tuch und kehrte noch einmal in ihre Kammer zurück. Dort legte sie das Kind auf ihrem Lager ab und schlüpfte in das schönste Kleid, das sie besaß. Man sollte sie unterwegs auf keinen Fall für eine Hure oder ein Bettelweib halten, sondern für eine junge Mutter auf dem Weg zu ihrem Ehemann.
    Unauffällig bahnte sich Benedicta mit Agnes’ Gebände auf dem Kopf einen Weg durch die Menge der Schaulustigen, die sich vor dem Bäckerhaus versammelt hatten. Sie konnte nur beten, dass sich ihre Stiefmutter nicht darunter befand und plötzlich ihren Namen kreischte.
    Sie hatte Glück. Unbehelligt gelang ihr der Weg zum nahe gelegenen Stadttor, doch die Schlange derer, die an diesem Tag die Stadt verlassen wollten, war derart groß, dass sie kehrtmachte und den Weg zu jenem Tor einschlug, durch das sie mit Agnes gekommen war. Ihr schien es eine halbe Ewigkeit her zu sein. Dabei war seitdem noch nicht einmal ein Jahr vergangen.
    Inzwischen kannte sie sich in der Stadt aus und fand den Weg mit Leichtigkeit. Den Langen Steg überquerte sie dieses Mal, ohne zu zögern, wenngleich ihr nicht wohl dabei war, doch sie war getrieben von dem Wunsch, die Stadt so schnell wie möglich hinter sich zu lassen. Nun, da sie auch für das Wohl des Kindes zu sorgen hatte.
    Ein einziges Mal fragte sie sich, ob sie in dieser für sie neuen Lage nicht doch auf Julian bauen sollte, aber sie verwarf den Gedanken sofort wieder. Lieber, als mit ihm, den sie nicht liebte, auf der Burg zu leben, schlug sie sich in einer der fernen Städte durch, in denen ihre Stiefmutter bestimmt nicht nach ihr suchen würde. Sie hatte einmal gehört, dass es sich in Würzburg leben lasse. Und so beschloss sie, während sie auf das Stadttor zueilte, sich auf den Weg dorthin zu begeben. Vielleicht fand sie unterwegs einen Händler, der sie und das Kind ein Stück des Weges mitnahm.
    Erleichtert stellte sie fest, dass am Frauentor niemand darauf wartete, aus der Stadt zu kommen. Sie zuckte allerdings ein wenig zusammen, als der schlaksige junge Wächter sie merkwürdig von Kopf bis Fuß musterte. Auch Benedicta hatte ihn sofort wiedererkannt. Es war Jasper, der sie einst in die Stadt eingelassen hatte. Sie tat allerdings so, als wäre sie ihm noch nie zuvor begegnet.
    »Ich kenn dich doch«, sagte er. »Bist du nicht mit einem Hund in die Stadt gekommen?«
    Benedicta wollte leugnen, aber dann bemerkte sie betont locker: »Ja, ja, der schöne Hund. Den hat es dahingerafft.«
    »Und du bist wohlauf? Hattest du nicht die Bleichsucht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das war ein Irrtum. Meine Schwester befürchtete es, weil ich so bleich war. In Wahrheit …« Vertraulich hob sie die Hand an sein Ohr und flüsterte. »In Wahrheit war ich bereits in anderen Umständen.« Sie deutete auf das schlafende Bündel in ihrem Arm und fügte hastig hinzu: »Und nun gehe ich nach Feucht zu meinem Mann. Er ist Zeidler, musst du wissen.«
    Jasper grinste verschmitzt. »Dann habt ihr also vor der Hochzeit an den verbotenen Früchten genascht. Ich verstehe. Dann wünsch ich dir eine gute Reise.«
    Benedicta lächelte den Wächter dankbar an und eilte in den Innenhof, um das Tor nach außen ungehindert zu verlassen, doch da stellte sich ihr das bullige Narbengesicht in den Weg.
    »Jasper, komm mal her!«, schnauzte dieser und hielt Benedicta am Arm fest. »Schau dir das Vögelchen genau an! Was siehst du?«
    Jasper fand den Ton, den der bullige Wächter Benedicta gegenüber anschlug, offensichtlich unangenehm. »Ich sehe eine junge Mutter mit einem schlafenden Kind«, knurrte er.
    »Dann bist du blind, mein Lieber. Sie ist groß, stimmt’s?«
    Jasper nickte unwirsch.
    »Sie ist dürr. Hab ich recht?«
    »Hör auf damit!«, schnaubte Jasper.
    »Sie hat große braune Augen, und ob sie auch schwarze Locken besitzt, wird sich erweisen.« Mit einem Ruck zog er an ihrem Gebände und deutete grinsend auf eine dunkle Strähne, die darunter hervorlugte.
    »Was soll das?«, fauchte Jasper. »Lass sie endlich ziehen! Sie will zu ihrem Mann.«
    »Der muss warten«, raunte das

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