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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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nach seiner Mutter«, bemerkte Walburga und fügte hastig hinzu: »Aber der Vater ist ein strammer Bursche.«
    Benedicta genoss diesen friedlichen Augenblick von ganzem Herzen. Wer weiß, wann ich so etwas wieder erlebe?, fragte sie sich bang. Sie hatte den Gedanken noch nicht zu Ende geführt, als sich draußen ein lautes Geschrei erhob. Walburgas Miene verfinsterte sich.
    »Lasst mich durch! Ich will sie mit eigenen Augen sehen!«, keifte eine Frauenstimme, die Benedicta auch nach so vielen Jahren unter Hunderten wiedererkannt hätte. Ihre Stiefmutter Adelheit.
    Benedicta warf Walburga einen fragenden Blick zu. Die stand auf und raunte: »Ich werde dafür sorgen, dass sie das Kind nicht beim Trinken stört.« Mit entschlossenen Schritten verließ Walburga die Klosterzelle.
    Benedicta versuchte, ihre aufkeimende Angst zu unterdrücken, und beobachtete das Kind. Das lenkte sie von dem Toben vor der Tür ab. Leon trank immer noch an der anderen Brust der jungen Frau.
    »Er ist fast noch gieriger als mein Kleiner«, lachte die Amme.
    Nun war der Streit allerdings nicht mehr zu überhören. Die Stimmen draußen vor der Tür waren so laut, dass Benedicta in ihrer Zelle jedes Wort verstehen konnte. Dagegen half auch nicht, das Kind beim Trinken zu betrachten.
    »Lass mich durch, du dummes Weib! Ich will zu meiner Tochter.«
    »Tu nicht so scheinheilig! Sie ist nicht deine Tochter, und du wünschst sie immer noch zur Hölle, stimmt’s?«
    »Wie redest du mit mir? Weißt du eigentlich nicht, wen du vor dir hast? Wer bist du, dass du das wagst?«
    »Deine Schwester Walburga, die deine Bösartigkeiten lange genug unterstützt hat.«
    »Walburga? Warst du nicht einst eine unförmige Tonne? Weshalb sie dich ins Kloster schickten und nicht mich? Aber du bist immer noch so hässlich wie eh und je. Und dumm obendrein, wenn du nicht mehr weißt, welcher Seite du zu dienen hast.«
    »Dir jedenfalls nicht. Du hast kein gutes Wort für mich eingelegt, als man mich nach Sankt Katharinen brachte. Ich habe dir Briefe geschrieben und dich um Hilfe gebeten, aber seit Benedicta fort war, hast du dich nie wieder gemeldet. Ich sollte dir nur als Handlangerin dienen. Am liebsten hättest du es doch gesehen, wenn das Mädchen seinem Leben aus lauter Verzweiflung ein Ende gesetzt hätte.«
    »Du bist ja verrückt. So, und nun lass mich durch! Da du zu blöd warst, das Mädchen um den Verstand zu bringen, will ich ihr einen Vorgeschmack darauf geben, wo sie landen wird. In der Hölle nämlich. Ich werde ihr schildern, welche Qualen es sind, lebendig hinter einer Mauer zu leben und nur durch eine Öffnung das Nötigste …«
    »Halt ein!«, schrie Walburga. »Sie wird morgen dem Provinzial vorgeführt. Da kannst du sie in seiner Anwesenheit mit deinem Hass überschütten, aber in ihre Zelle lasse ich dich nicht. Ich habe strikte Anweisung, dass sie keinen Besuch bekommen darf.«
    »Gütiger Himmel, ich will mich doch nur vergewissern, ob sie wirklich eingesperrt ist!« Adelheits Stimme klang plötzlich weinerlich. »Sie hat das Gelübde gebrochen, sie hat sich versündigt. Sie hat den guten Ruf unserer Familie aufs Spiel gesetzt.«
    »Pah!«, stieß Walburga verächtlich aus. »Du befürchtest doch nur eines: dass sie ihres Vaters Erbe beanspruchen könnte.«
    Den Rest verstand Benedicta nicht mehr, weil die beiden offenbar dazu übergegangen waren, leiser zu sprechen. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Ihre Stiefmutter hasste sie offenbar noch heftiger, als sie befürchtet hatte.
    Die junge Gärtnersfrau hob den satten Leon hoch und wartete, bis er einen Rülpser getan hatte. Dann legte sie Benedicta das Kind in die Arme. Der Kleine schien hochzufrieden. Jetzt sieht er wirklich aus wie Agnes, dachte Benedicta gerührt und streichelte ihm zart über den dunklen Flaum auf dem Köpfchen.
    Die junge Frau versprach, am nächsten Tag wiederzukommen. Benedicta nickte. Dabei wusste sie nicht einmal, ob sie morgen überhaupt noch in Sankt Katharinen weilen würde.
    Walburga betrat die Zelle mit einer Schüssel in den Händen, aus der es lecker dampfte. Jetzt erst nahm Benedicta wahr, dass sie völlig ausgehungert war.
    »Walburga, ich weiß gar nicht, wie ich Euch danken soll«, sagte Benedicta mit belegter Stimme. »Dafür, dass Ihr mich nicht verraten, mir die Amme besorgt und Adelheit den Zutritt zu meiner Zelle verwehrt habt. Das hätte ich Euch niemals zugetraut. Wie oft habe ich damals in Engelthal darüber nachgedacht, wie ich mich für Eure

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