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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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er: »Bleib, wo du bist! Sonst ersteche ich dich!«
    Noch kann der Hund der tödlichen Waffe ausweichen, aber wie lange noch?, fragte sich Benedicta und wusste, dass sie den Augenblick nutzen musste, als er sich zornig ihrer Freundin zuwandte.
    Blitzschnell rappelte sie sich auf, griff wieder nach dem Stock, näherte sich von hinten dem Knecht, der nicht größer war als sie selbst, und zog ihm mit voller Wucht den Knüppel über den Schädel. Und dann gleich noch einmal und noch einmal. Sie spürte ihre ganze Wut gegen den Kerl und schlug abermals zu. Mit lautem Stöhnen sank der Knecht zu Boden und gab keinen Laut mehr von sich.
    Benedicta stürzte zu ihrer Freundin, die schluchzend vor dem Baum am Boden hockte, die Hände vor das Gesicht geschlagen. Benedicta legte den Arm um sie.
    »Du lebst, Agnes!«, tröstete sie die Freundin. »Dieser Mordbube konnte dir nichts anhaben. Wollte er dich erwürgen, oder warum hatte er dich an den Baum gepresst?«
    »Erwürgen?«, gab Agnes stirnrunzelnd zurück. »Danach vielleicht«, ergänzte sie bitter, während sie auf ihr zerrissenes Kleid deutete. Benedicta erschrak, als sie dessen gewahr wurde. Das Kleid sowie das Hemd ihrer Freundin klafften an der Vorderseite weit auf, und zwei feste weiße Brüste mit großen rosigen Höfen waren zu sehen. Als Agnes Benedictas entsetzten Blick bemerkte, bedeckte sie die Blöße mit beiden Händen.
    »Der Kerl wollte mich mit Gewalt nehmen«, erklärte sie trocken.
    »Mit Gewalt nehmen?« Benedicta verstand den Sinn der Worte nicht ganz.
    »Daran erkenne ich wieder einmal, dass du nie über die Klostermauern hinweggesehen hast. Er wollte mein Fleisch besitzen.«
    »Dein Fleisch?« Benedicta begriff immer noch nicht, doch allmählich schwante ihr etwas.
    Angesichts dieser offenkundigen Unwissenheit seufzte Agnes und deutete auf den Knecht, der reglos am Boden lag.
    »Dreh ihn auf den Rücken! Dann erzähle ich dir, was es heißt, das Fleisch einer Frau zu besitzen.«
    »Ich soll ihn auf den Rücken drehen? Dann wacht er womöglich auf.«
    »Der wacht nicht mehr auf. Ich hoffe, du hast ihm den Schädel gespalten«, entgegnete Agnes ungerührt und erhob sich unter heftigem Stöhnen.
    Mit einem Satz war sie bei dem Knecht, trat gegen den leblosen Körper und schaffte es schließlich, ihn mit dem Fuß umzudrehen. Zögernd kam Benedicta näher und erkannte, dass die Freundin recht hatte. Der Knecht war tot. Er blickte ihnen aus weit aufgerissenen, leblosen Augen entgegen.
    »Sieh nur hin! Mehr als dieses schlaffe Ding ist von seiner Männlichkeit nicht übrig geblieben.«
    Benedicta aber hatte sich bereits erschrocken abgewandt und fragte sich, womit der Herr sie wohl für diese Sünde bestrafen würde.
    »Ich habe einen Menschen getötet«, jammerte sie und klammerte sich an die Freundin. »Ich habe einen Menschen getötet!«
    »Nein, du hast ein Schwein erschlagen«, erwiderte Agnes. »Oder soll ich dir erklären, was der Unhold von mir wollte?«, fragte sie, als sie Benedictas betroffenen Gesichtsausdruck sah.
    »Nein, das brauchst du nicht. Ich habe zwar lange im Kloster gelebt, aber deshalb bin ich nicht so unwissend, wie du immer denkst. Als kleines Mädchen wurde ich unfreiwillig Zeugin, wie der Vater sich mit der Stiefmutter im Schlafgemach …«
    Lautes Gebell erinnerte Benedicta daran, dass sie den armen Hund völlig vergessen hatten. »Komm her!«, lockte sie ihn, woraufhin er sofort angehechelt kam.
    Agnes aber würdigte ihn keines Blickes. »Erzähl weiter. Was hast du gesehen?«
    Benedicta aber schüttelte unwirsch den Kopf. Etwas anderes bewegte sie viel mehr. Was sollte mit dem Hund geschehen, der gerade laut bellend die beiden jungen Frauen und den toten Knecht umkreiste?
    »Du unnützes Tier, du!«, schimpfte Agnes und trat nach ihm.
    »Unnützes Tier?«, fauchte Benedicta zurück. »Er hat dich vor dem Kerl da gerettet. Dankbar solltest du ihm sein!«
    Agnes stöhnte auf.
    »Wir nehmen ihn mit«, entschied Benedicta.
    »Mitnehmen? Wohin?«
    »Nach Nürnberg.«
    »Niemals. Was wird mein Verlobter sagen, wenn ich ihm solch einen unnützen Esser ins Haus bringe? Soll er doch zu seinem Herrn laufen.«
    »Er gehört dem unheimlichen Kerl mit der Kapuze, und der ist über alle Berge«, erwiderte Benedicta und betrachtete den Hund, der sich ganz dicht neben sie gesetzt hatte.
    »Er sieht aus wie der Lieblingshund, den mein Vater bei der Jagd stets vorausschickte, um das Wild aufzustöbern. Er hieß Artemis.«
    »Genau, er gehört

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