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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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nicht möglich! Das ist wirklich nicht möglich«, presste Agnes gequält heraus, bevor sie sich endgültig von Benedicta abwandte und losrannte.
    Wie betäubt blieb Benedicta stehen. Wohin sollte sie sich wenden? Wenn sie zur Burg Ehrenreit ging, war es doch nur eine Frage der Zeit, wann der Provinzial Knechte schickte, um sie zu holen. Wenn sie dort nicht bereits auf sie warteten, denn Walburga hatte den Namen des Fechtmeisters schließlich laut genug in die Nacht hinausgeschrien. Nein, auf die Burg konnte sie auf keinen Fall. Jetzt habe ich keinen Menschen mehr auf der ganzen Welt, dachte sie voller Selbstmitleid und sah nur noch einen einzigen Ausweg: reumütig ins Kloster zurückzukehren. Wenn sie großes Glück hatte, ließ man ihr die Lebkuchenbäckerei. Benedicta nahm sich vor, Priorin Leonore in Zukunft zur noch Freude zu bereiten. Mit einer gewissen Zärtlichkeit dachte sie an die Frau, die ihr zur Flucht verholfen hatte. Und mit dem Gedanken an Leonore kam auch die Angst. Was, wenn jemand Wind davon bekommen hatte, dass die Priorin ihnen diese Flucht überhaupt erst ermöglicht hatte? Würde man sie nicht hart dafür bestrafen?
    Ich werde leugnen, dass die Priorin etwas von unserer Flucht wusste, und aus mir soll die demütigste Schwester von ganz Engelthal werden. Ich werde so lange beten, bis ich aus Wundmalen blute und hohe Herren mir ihre Aufwartung machen. Das jedenfalls nahm sich Benedicta in diesem Augenblick ganz fest vor.

22
    Benedicta verließ die Lichtung und schlug entschlossen die Richtung ein, aus der sie gekommen war. Vor ihr lag nun die stockfinstere Nacht. Zögernd blieb sie stehen. Noch war sie nicht weit entfernt von der sicheren Lichtung. Doch wenn sie bei Nacht in den Wald ginge, wäre sie gewiss verloren. Sie wusste auch gar nicht genau, auf welchem Weg das Pferd sie bis hierher getragen hatte. Ich muss warten, bis der Morgen graut, sagte sie sich. Und so kehrte sie zielstrebig zurück an jenen Platz unter der alten Eiche, um sich dort schlafen zu legen. Doch als sie dort ankam, stutzte sie, denn es saß schon jemand dort.
    »Ich habe Angst so allein«, erklärte Agnes kleinlaut. »Ich nehme dich mit nach Nürnberg«, ergänzte sie entschuldigend. »Aber dann musst du eine der Meinen sein. Stell dir vor, ich bringe meinem Bäcker eine entflohene Schwester von adligem Stand ins Haus. Nein, wenn du bei mir bleibst, dann musst du eine Köchin sein wie ich. Ohne den Schleier der Schwestern …«
    Agnes hatte ihren Satz noch nicht vollendet, als sich Benedicta schon mit einem einzigen Griff von ihrer verräterischen Kopfbedeckung befreite. Verflogen war der Gedanke an eine freiwillige Rückkehr ins Kloster.
    »Darum habe ich dich schon immer beneidet, dass du keinen Schleier tragen musst«, lachte sie, doch dann wurde sie gleich wieder ernst. »Ich tue alles, was du mir aufträgst, wenn ich dich nur begleiten darf. Wohin soll ich denn sonst? Was habe ich auf einer fremden Burg verloren, wenn Julian womöglich nicht mehr am Leben ist? Was, wenn sein Vater erfährt, dass er sich meinetwegen in diese Gefahr gebracht hat? Und wenn er lebt, dann wird er mich in Nürnberg finden. Auch kann ich nicht zum Haus meines Vaters zurückkehren, denn meine Stiefmutter wird nicht zögern, mich an den Haaren ins Kloster zurückzuschleifen. Wie oft habe ich geträumt, die Mauern des Klosters hinter mir zu lassen, so wie du es jederzeit tun konntest. Jetzt lass mich doch endlich eine von den Deinen sein!«
    In Agnes’ Augen schimmerte es verdächtig feucht. Sie griff nach Benedictas Hand. »Es tut mir leid, dass ich so garstig war«, murmelte sie. »Aber es kränkt mich nun einmal so sehr, dass du mich belogen hast.« Seufzend hielt sie inne.
    »Ich verstehe dich doch, aber nun lass es uns vergessen. Sag mir lieber, wie ich als Köchin aussehen muss – und vor allem, wie ich heißen soll!«
    »Wie du heißen sollst?«, gab Agnes verwundert zurück.
    »Benedicta, das klingt nach Schwester Benedicta. Stell dir vor, sie suchen nach uns in der Stadt, und jedermann weiß, dass ich Benedicta heiße. Als ich ein Kind war, da wollte ich immer Brunhild heißen wie meine selige Mutter.«
    »Brunhild?«, gab Agnes zweifelnd zu bedenken, doch dann fügte sie aufmunternd hinzu. »Dann lass uns gleich morgen nach Nürnberg gehen, Brunhild.«
    Mit diesen Worten zog Agnes ihr wollenes Überkleid aus und reichte es dem frisch gebackenen Küchenmädchen.
    »Der edle Stoff deines Gewandes könnte dich verraten. Wir müssen

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